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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten
Autoren: Jeanine Krock
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wundern, den wir eingeschlagen hatten.
    Vielleicht spürten sie, dass es ein Abschied für sehr lange Zeit sein würde. Hier war Alans Heimat, und er verließ sie zum zweiten Mal, ohne zu wissen, was die Zukunft für ihn bereithielt. Niemand konnte ja voraussagen, inwieweit die Ereignisse
der vergangenen Wochen Einfluss auf die Zukunft des Tals, seiner Bewohner und auch auf unser weiteres Schicksal haben würde.
    Gegen Mittag erreichten wir den Feenkreis. Während ich ein Plaid auf dem Felsen ausbreitete, von dem man diesen herrlichen Blick über das Tal bis hinüber zum Herrenhaus hatte, führte Alan die Pferde zum Bach, um sie zu tränken. Grinsend beobachtete ich, wie er auf einem der Steine ausglitt und beinahe ins Wasser gefallen wäre, ganz genau wie ich damals. Auf einmal ließ mich ein Rascheln erstarren, und auch Alan griff zu seinem Schwert. Doch ehe wir noch etwas unternehmen konnten, kam ein kugelrunder Rotschopf aus dem Unterholz gestürzt.
    »Mòrag!« Ich fiel meiner heftig schnaufenden Freundin um den Hals. Hinter ihr erschien nun auch Duncan mit verlegenem Gesichtsausdruck.
    »Als ich heute Morgen bei Sonnenaufgang aufwachte, war sie gerade dabei, sich mit dem hier«, er zeigte auf einen großen Korb, den er in der Hand trug, »aus dem Haus zu schleichen. «
    Alan kam nun ebenfalls heran und schaute wie ich staunend auf die zahllosen Töpfe und Pakete, die sich in dem Korb stapelten.
    Sie hatte die halbe Speisekammer ausgeräumt. Kaum hatte Duncan das Monstrum abgestellt, begann Mòrag, die Leckereien auszupacken und neben unserem Plaid auszubreiten.
    »Ich warne dich, Chief, schwangere Frauen werden immer wunderlicher, je näher ihre Zeit heranrückt. Und starrsinnig.« Die liebevolle Geste, mit der er sein Plaid ausbreitete, damit Mòrag bequem sitzen konnte, widersprach seinen Worten allerdings deutlich. »Nichts in der Welt konnte meine verrückte
Frau von ihrem Plan abbringen, euch hier am Feenkreis zu verabschieden. Also bin ich eben mitgekommen«, sagte Duncan mit einem beredten Blick auf mich.
    Unwillkürlich strich ich über meinen Bauch. »Woher …? Ach, natürlich.« Ich stupste Mòrag an. »Konntest du wieder einmal den Mund nicht halten?«
    »Ich habe es nur Duncan erzählt. Ehrenwort!«
    Das stimmte wahrscheinlich, denn die Clansleute hätten uns nie auf unsere Reise gehen lassen, hätten sie gewusst, dass ich Zwillinge von ihrem Chief erwartete.
    Alan ließ einen schweren Seufzer hören, als läge das Schicksal der Welt auf seinen Schultern. »Ja, ich habe doppeltes Glück zu erwarten.«
    Wir lachten und erzählten uns beim Essen gegenseitig, wie wir die vergangenen Wochen erlebt hatten, was wir gedacht, gesagt, empfunden hatten.
    Dabei klärte sich für mich auch endlich die Rolle Ewan Iversons auf. Er hatte nicht gelogen, als er damals von seiner Vergangenheit erzählte, nur dass er jetzt als Spion für den Herzog arbeitete, das hatte er uns klugerweise in seinen eigenen vier Wänden verschwiegen. Wir schmausten, und ich erlaubte mir sogar einen winzigen Schluck vom Whisky, den Mòrag mit den Worten auspackte: »Damit deine Leute in der Zukunft wissen, wie ein ordentlicher Wee Dram zu schmecken hat.«
    Duncan versprach, am nächsten Tag wiederzukommen und eventuelle Spuren unseres Verschwindens zu beseitigen. Wir waren uns einig, dass schon genügend Mythen um diesen geheimnisvollen Ort existierten. Zwischendurch beobachtete ich Alan ein paarmal dabei, wie er sehnsüchtig zum Herrenhaus hinübersah, das auf der anderen Seite des Tals in der
Mittagssonne leuchtete und mir wie ein verwunschenes Märchenschloss vorkam. Ich selbst hielt Ausschau nach der blonden Fee aus meinem Traum.
    Schließlich kam der Moment des Abschieds. Wir umarmten und küssten uns, Mòrag drückte mir ein kleines Päckchen in die Hand und weinte so sehr, dass Duncan sie schließlich fortführen musste. Er legte seine Hand auf ihre Schulter, in der anderen trug er den Korb, und raunte ihr beruhigende Worte in rauem Gälisch zu. Am Rand der Lichtung sahen sie sich ein letztes Mal nach uns um, dann waren sie im Wald verschwunden.
    »Und nun?«
    »Es wird so sein wie beim letzten Mal«, entgegnete Alan.
    »Was, ich soll dir eins über den Schädel ziehen?«
    »Ich wusste doch, dass du etwas mit der riesigen Beule zu tun hattest.« Er fuhr sich vielsagend mit der Hand über den Hinterkopf. »Nein, das meine ich nicht. Was hast du gemacht, bevor ich angekommen bin?«
    »Ich habe nach den Steinen gesucht.«
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