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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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Charles hat es kürzlich etwas mitgenommen, als zwei Menschenbeine (sie gehörten nicht einmal zusammen) in Packpapier geschnürt in einem Wachhäuschen der Polizei auftauchten. Er sagte, da merke er langsam, dass Peter ihm fehlt. Aber dann stellte sich heraus, dass sie ein Mann auf dem Weg ins Krankenhaus dort hatte stehen lassen, weil er sie vor dem Regen schützen wollte, während er selbst bei Verdunklung versuchte, ein Taxi anzuhalten, und es wäre ja nicht weiter schlimm gewesen – nur als der arme Mann endlich sein Taxi ergattert hatte, konnte er sich nicht mehr erinnern, wo der Polizeiposten gewesen war, und nun fuhr er auf der Suche danach kreuz und quer durchs West End; was für ein Durcheinander, aber in Kriegszeiten muss man sich eben auf solche kleinen Unannehmlichkeiten gefasst machen. Und apropos Sandsäcke (ach, die habe ich ja noch gar nicht erwähnt, aber der Posten war aus Sandsäcken errichtet, so eine kleine Hütte, verstehst du, wie ein Nachtwächter sie hat): Du kannst dir nicht vorstellen, wie eigenartig Piccadilly Circus aussieht, der Eros ist fort, und eine Art Cheopspyramide in klein verkleidet den Springbrunnen – allerdings kann ich mir nicht denken, warum man sich die ganzen Umstände gemacht hat (höchstens dass es um die Hauptwasserleitung geht), aber die Leute hängen ja nun mal sehr daran, und wenn jemand eine Bombe darauf fallen ließe, würden sie meinen, das Herz des Empire bleibe stehen. Peter sagt, wir sollten in der umgekehrten Richtung konstruktiv werden und das Albert Memorial mit Flutlicht bestrahlen, dem Park käme sein Fehlen zugute, aber Königin Victoria, die Ärmste, müsste sich ja im Grabe umdrehen, und er, wie ich ihm ins Gedächtnis rief, hatte sie schließlich nicht mehr persönlich gekannt: ich schon.
    Ja, meine Liebe, es geht uns allen recht gut. Mein älterer Sohn Gerald, Herzog von Denver, sorgt sich aus verständlichen Gründen wegen meines Enkels Jerry, der in der R.A.F. dient, und das ist natürlich ziemlich gefährlich, aber, herrje, der Junge freut sich so, dass er endlich das Tempo an den Tag legen darf, das ihm zusagt (du weißt noch, wie er uns mit diesem großen Rennwagen früher in Angst und Schrecken versetzt hat). Sein Vater meint, er hätte besser vorher heiraten sollen, damit es für den Fall des Falles einen Erben gibt. «Also wirklich, Gerald», habe ich zu ihm gesagt, «dass du dir in diesen Zeiten um so etwas Sorgen machen kannst! Sollte es tatsächlich noch etwas zu erben geben, wenn wir den Krieg abbezahlt haben, hat immer noch Peter seine beiden Jungs – und im Hinblick auf Jerrys derzeitigen Geschmack in puncto junge Frauen können wir doch wohl von Glück reden.» Das war vielleicht ein wenig taktlos, denn Gerald ist ja wegen des Familienbesitzes ohnehin schon um den Schlaf gebracht; er sagt, wir werden im Ruin enden, wie üblich, aber das nehme er in Kauf, solange er nur seine Pflicht dem Land gegenüber erfüllen könne.
    Im Westflügel ist außerdem eine große Knabenschule untergebracht, was ihm mitunter auf die Nerven geht – zum Glück ist wenigstens Helen, seine Frau, nicht hier, das macht die Lage weniger angespannt. Du weißt, dass ich meine Schwiegertochter nur ungern kritisiere, aber sie ist eine sehr schwierige Person, und ich war von tiefer Dankbarkeit erfüllt, als sie sich ans Ministerium für Belehrung und Moral verfügte. Ich weiß zwar nicht, auf welchem Gebiet gerade sie irgendjemanden belehren könnte, aber da es dort von jedermanns Frau und Neffen nur so wimmelt und die wirklich wichtigen Aufgaben an andere Behörden übergeben worden sind, scheint dieser Ort so gut wie jeder andere, um die Unruhestifter der Nation festzusetzen; und obendrein bezahlt ein dankbarer Staat drei Sekretärinnen dafür, dass sie sie ertragen, sodass also alles zum Besten steht. Letzte Woche war ein Bild von ihr in der Zeitung, ein Blick wie der Zorn Gottes, und als Denver es sah, dachte ich schon, ihn trifft der Schlag oder er richtet ein Blutbad an, da schmetterte glücklicherweise in eben diesem Moment einer unserer kleinen Landverschickten einen Kricketball durch das hohe Fenster des Gelben Salons, und unter der Anstrengung, an zwei Fronten gleichzeitig zu schimpfen, verpuffte der ganze Furor im Nu. Es sind lauter Grundschüler (die Evakuierten) aus einer recht heruntergekommenen Gegend Londons, und wie ich dir leider sagen muss, machte das holde Engelchen mit dem Schlagholz einen Sechziger, einen Neunziger und Capot mit Denver, ehe
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