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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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tagelang in aller Munde – aber heute richten wir im Dorf ein Tanzvergnügen aus und wissen kaum von der Hälfte der Anwesenden die Namen. Wir könnten hier sonst wen unter uns haben, und wahrscheinlich ist das auch der Fall.»
    Harriet sah sich um. Der schäbige kleine Saal mit seinem staubigen Podium am einen Ende beherbergte um die fünfzig Menschen. Etwa die Hälfte davon waren junge Männer in Uniform, die die in Zivil ge kleideten jugendlichen Landarbeiter und Ladengehilfen ziemlich in den Schatten stellten. Die Uniform verschleierte, was sie zu Friedenszeiten gewesen sein mochten – auch nichts Besseres vermutlich als der Rest der Gesellschaft, im Gegenteil womöglich, aber Khaki und das Blau der Royal Air Force verliehen ihnen nun den Status von Helden.

    It's Tommy this, an' Tommy that, an'
‹Chuck Mm out the brute›!
But it's ‹Saviour of 'is country›
when the gun begins to shoot.

    kam ihr in den Sinn. Die berüchtigten landwirtschaftlichen Helferinnen mit ihrem städtischen Händchen für Make-up und Kleider stachen ebenfalls heraus. Nein, Harriet kannte in der Tat auch nicht jeden hier, bei weitem nicht. Hätte die Veranstaltung die älteren Dorfbewohner angezogen, wäre ihr die Aufgabe vielleicht leichter gefallen: Sie hatte lange genug hier gelebt, um die meisten von ihnen zu kennen. Aber anders als die echten Dörfler rechnete sie gar nicht damit, jeden Einzelnen zu kennen; sie war die anonymen Menschenmassen Londons gewohnt. «Man sollte von Neulingen nicht gleich das Schlimmste annehmen», sagte sie milde. «Sie wollen doch sicher nicht mit Mrs. Ruddle mithalten.» Bei der Erinnerung musste sie schmunzeln. «Als Lord Peter und ich an unserem ersten Abend als Mann und Frau hierher kamen, hat sie uns nur kurz gemustert und erklärt, man kenne unsereinen schließlich.» «Da hatten Sie sicher diesen wundervollen Pelzman tel an», sagte Mrs. Goodacre. «Ein Pelz wird heutzutage sehr leicht mit losen Sitten in Verbindung gebracht, das macht das Kino.»
    «Ja, den Mantel trug ich damals», bestätigte Harriet. «Aber jetzt freue ich mich, Ihnen einen Namen nennen zu können, Miss Twitterton. Das da drüben ist Flight Lieutenant Brinklow.»
    «Nun gut», erwiderte Miss Twitterton. «Aber gerade darum geht es ja! Wir wissen seinen Namen und sonst gar nichts über ihn. Er könnte der allergrößte Verbrecher sein, das wäre doch denkbar – oder sogar ein deutscher Spion!»
    «Soweit ich weiß, dürfte er eher ein Kriegsheld sein», sagte Harriet. «Er ist als Rekonvaleszent hier. Sein Jagdflugzeug wurde abgeschossen, und Aussteigen war seine einzige Rettung, wobei er sich nur leicht verletzt hat. In den aktiven Dienst kann er nicht zurückkehren, solange sein Knöchel nicht geheilt ist, drum hat er sich im Cottage von Susan Hodge eingemietet – das am Eingang zum Friedhof –, um auf dem Land einen Monat Ruhe zu haben.»
    «Ein gut aussehender Mann», sagte Miss Twitterton in ungläubigem Ton, als gäbe das Äußere des Offiziers Anlass zu Zweifeln an der Geschichte. Mit ihrem Urteil lag sie richtig. Flight Lieutenant Brinklow war groß und blond, hatte braune Augen und ein entschieden männliches Auftreten. Er tanzte nicht – sein Knöchel ließ es wohl nicht zu –, sondern stand, von einer Schar hübscher junger Frauen und seinen Kameraden umringt, lässig am Rand der Tanzfläche. «Sie sind ja sehr gut unterrichtet, Lady Peter», sagte Mrs. Goodacre. «Was den neuesten Klatsch angeht, kann man mir als der Frau des Pfarrers eigentlich so leicht nichts vormachen. Sie werden langsam eine richtige Einheimische!»
    «Sie vergessen, dass ich hier geboren bin», gab Lady Peter nachsichtig zurück. «Aber an der Geschichte ist auch gar nichts Geheimnisvolles. Der Ärmste geht an Krücken, weswegen man ihm ein Bett die Treppe runtertragen und ins Esszimmer stellen musste. Und da hat Susan Hodge ein paar der Helferinnen auf Batesons Hof gefragt, ob sie mit anfassen könnten. Dann ist das Bett auf halber Strecke nach unten stecken geblieben, und sie mussten es wieder hinaufwuchten und erst auseinander nehmen. Eine der jungen Frauen hat Mrs. Ruddle alles erzählt, und was Mrs. Ruddle einmal weiß, wird schnell Gemeingut.» «Unter diesem Fliegervolk gibt es einen», bemerkte Mrs. Lugg, «der sogar noch besser aussieht.» «Das», sagte Harriet mit einem Anflug von Triumph, «ist Peters Neffe, Gerald Wimsey, für drei Tage auf Heimaturlaub. Er wohnt bei uns.»
    «Sprechen Sie von Lord Saint-George?»,
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