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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Autoren: Dorothy L. Sayers
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das nicht nur Peters Staunen erweckt … unter dem spitz zulaufenden Dach verharrte sein Blick in staunendem Entzücken. Da schwebten in unvorstellbarer Höhe, mit schim merndem Haar und vergoldeten Flügeln, die sanft das dämm rige Licht widerspiegelten, Engel über Engel, Cherubim und Seraphim in himmlischen Chören, an allen Längs- und Quer balken, die erhobenen Gesichter einander zugewandt. Noch ahnt der Leser nicht, daß der gewaltige Kirchenraum in engem Zusammenhang mit Diebstahl und Tod stehen wird und daß sich hinter den himmlischen Figuren sehr Irdisches versteckt; er bemerkt auch nicht sogleich, wieviel an produktiver Kenntnis und Tradition den anschaulichen Zeilen zugrunde liegt. Ihre für die Handlung bedeutende Realität ist gegründet auf Vertrautheit mit Architektur, lebhafter Vorstellungskraft und überdies mannigfacher biblischer wie poetischer Überlieferung – wer will, kann darin Propheten und Psalmisten, Milton und Keats aufsuchen, Dorothy L. Sayers wird ihm in The Mind of the Maker d abei behilflich sein.
    Sie verfügt überdies über eine andere Gabe, die man am be
    sten mit dem der deutschen Sprache verlorengegangenen Wort ›Erfahrungsseelenkunde‹ bezeichnet, das menschlicher ist als das Wort Psychologie, mit dem es ersetzt wurde. Wenn Mrs. Venables um die Gesundheit des Pfarrers besorgt ist; wenn die Haushälterin im Herrenhaus gegenüber Superintendent Blundell ihre Zugehörigkeit zu den besseren Ständen hervorkehrt ( sie haben mich immer als eine von ihnen angesehen … ); wenn eben dieser Superintendent seine Unsicherheit im Französischen kaschiert; wenn Hilary Thorpe die ganze ungelenke Anmut einer gescheiten Halbwüchsigen an den Tag legt und ihr Onkel die ganze phantasielose Borniertheit des Beamten: dann entsteht ein Bild der Alltagswelt, die durch den Einbruch des mörderischen Rätsels gestört wird. Es ist die Alltagswelt eines Dorfes in East Anglia, dessen Bewohner reden, wie die Leute reden, und reagieren, wie die Leute reagieren. Der greise und bibelfeste Hezekiah Lavender verhält sich gegenüber dem unglückseligen Walter Pratt so, wie es das Alter zu tun pflegt, das von der Untauglichkeit der Jugend überzeugt ist; der Dorfgendarm spricht und agiert wie der Prophet, der nichts gilt im Vaterlande, überall agieren muß; der Schleusenwärter sieht nicht hinaus über seine Schleuse, William und James Thoday machen sich unglücklich durch blinde bäuerliche Familienloyalität – man könnte eine Musterkarte dörflicher Verhaltensweisen und Hierarchien aufstellen und dabei auf die Frage zurückkommen, ob dies England der Dorothy L. Sayers jemals so existiert hat.
    Wohl kaum in der Reinkultur, die erst durch die Folgerichtigkeit und Übersehbarkeit des Romans möglich wird. Wohl aber in der menschlichen Bestimmtheit der einzelnen Figuren, die ein Ganzes entstehen lassen, das eben mehr ist als die Summe der Teile, in denen das Ganze sich darstellt. Nur als Ganzes erscheint es idealisiert, in seiner Einzelheit ist es geschichtlich, human und wirklich. Wenn die Imagination fol gerecht (consistent) ist, so hat die Autorin einmal in einem Vortrag gesagt, wird das Werk Wirkungen zeitigen, ALS OB es wahr wäre. Aus dem Mosaik seiner Wirklichkeiten tritt der Märchenheld hervor.
    So sitzt Lord Peter mit Gastwirt, Pfarrer, Küster und Bauer, übt das Glockenschlagen mit der Handglocke und weiß, wie man mit Menschen redet, was Junker und Gentry, wenn sie geraten waren, von jeher besser als andere konnten. Natürlich hat er change ringing schon als Kind gelernt und vermag es als das zu begreifen, als das es in diesem Buch erscheint: eine dem gewöhnlichen Zeitgenossen nicht durchschaubare Ordnung, die für den Eingeweihten sinnvoll und befriedigend ist. Für den gewöhnlichen Sterblichen indessen ist das Wechselläuten nur Lärm und eine Belästigung obendrein, erträglich höchstens bei großer Entfernung oder im milden Glanz sentimentaler Erinne rung. Der Geübte hingegen findet … Befriedigung in der ma thematischen Vollendung und mechanischen Vollkommenheit, … für die Mitspielenden war alles ernst und wichtig wie ein Cricketturnier gegen Australien. Der letzte Vergleich nimmt dem Ernst wieder den ganzen Ernst, indem er Spiel mit (Crikket-)Spiel gleichsetzt. Genauso ist die Kunst des change rin ging auch eine Metapher für jenes Mosaik, das die Detektivgeschichte herstellt und das der Detektiv an der Stelle des Lesers sichtbar macht. Der Kunstgriff besteht darin, daß die
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