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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Autoren: Dorothy L. Sayers
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damals noch schlimmer gewesen sein als neulich – bedenken Sie, wie da die Schallöcher zugeschneit waren und den ganzen Schall im Turm festgehalten haben. Geoffrey Deacon war ein schlechter Mensch, aber wenn ich mir sein hilfloses Entsetzen, seinen einsamen, qualvollen Todeskampf vorstelle –«
    Er brach den Satz ab und nahm den Kopf zwischen die Hände, als suche er instinktiv das Brausen der Glockenstimmen von seinen Ohren fernzuhalten.
    In die Stille hinein sprach der Pfarrer sanft:
    »Es haben sich schon immer Legenden um Batty Thomas gerankt. Sie hat in der Vergangenheit schon zwei Menschen erschlagen, und Hezekiah wird Ihnen sicher sagen, daß die Glocken kein Böses in ihrer Nähe dulden. Vielleicht spricht Gott durch diese Münder aus sprachlosem Metall. Er ist ein gerechter Richter, streng und geduldig, und täglich wird Er aufs neue herausgefordert.«
    »Nun ja«, meinte der Polizeidirektor, sichtlich bemüht, das Gespräch wieder in normalere Bahnen zu lenken, »es scheint also, daß wir in dieser Angelegenheit nichts mehr zu unternehmen brauchen. Der Mann ist tot, und der ihn da hinaufgebracht hat, ist auch tot, der arme Kerl, und damit ist der Fall abgeschlossen. Das mit den Glocken verstehe ich wohl nicht ganz, Mylord, aber ich will es Ihnen glauben. Hat wahrscheinlich was mit den Schwingungsfrequenzen zu tun oder so was Ähnliches. Ihre Lösung scheint mir jedenfalls die plausibelste zu sein, und ich werde sie dem Polizeipräsidenten vortragen. Das wär's also.«
    Er erhob sich.
    »Ich wünsche den Herrschaften einen guten Morgen«, sagte er und ging hinaus.
    ----
    So rufen die Glocken von Fenchurch St. Paul: Gaudy, gaude, Domini in laude. Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus Sa baoth. John Cole hat mich gemacht, John Presbyter hat mich bezahlt, o Sankt Johannes steh mir bei. Von Jericho bis John Agroat hat keine Glocke besseren Laut. Jubilate Deo. Nunc Dimittis, Domine. Abbat Thomas tat mich hier hinein und hieß mich klingen laut und rein. Mein Name ist Paul, achtet ihn wohl.
    Gaude, Sabaoth, John, Jericho, Jubilee, Dimity, Batty Thomas und Tailor Paul.

    Neun Schlag von mir beklagen einen Mann.

Nachwort (!)
    Der Roman, so hat Goethe gesagt, soll das wahre Leben sein, nur folgerecht, was dem Leben abgeht. Hätte es damals schon die angelsächsische Detektivgeschichte gegeben (ihre Anfänge waren soeben im Werden), so hätte er die folgerechteste aller Roman-Formen kennen lernen, konsequent nicht nur im Hinblick auf Ursache und Wirkung. Denn das Leben, in das wir verstrickt sind, verdeckt uns den Zusammenhang der Geschehnisse, den der Autor des Romans sichtbar macht, zwischen zwei Buchdeckeln eine ganze Welt, übersehbar, was dem Leben abgeht: nicht nur das Schicksal eines Helden, sondern eine Zeit, eine Landschaft und eine Gesellschaft, wie sie gewesen sind oder hätten gewesen sein können.
    Nun ist es höchst zweifelhaft, ob das England der Dorothy L. Sayers so, wie sie es in ihren Romanen darstellt, jemals existiert hat – eine gelegentlich gestörte heile Welt, in der jeder seinen Platz hat und die Untat nicht ungestraft bleibt, dem aristokratischen Detektiv nie der natürliche Respekt und dem gemeinen Mann nicht die Biederkeit abgeht. Und dennoch haben ihre Bücher eine Folgerichtigkeit, die den Leser auf die Wirklichkeit des Lebens verweist, so, daß sie ihm anschaulich wird, und überdies so, daß er Vergnügen und Befriedigung empfindet. Von ihnen gilt, was die noch junge Dorothy L. Sayers vom Leser der Unterhaltungsliteratur insgesamt gedacht hat: Diese Rätsel, nur veranstaltet, um gelöst zu werden, diese Schrecken, die er doch als bloße Erfindungen einer schöpferischen Intelli genz kennt, trösten ihn, indem sie ihn sachte überzeugen, daß das Leben ein Rätsel sei, welches der Tod lösen wird, und des sen Schrecken vorübergehen wie eine Geschichte, die erzählt wird. Diese Sätze gewinnen ihre ganze Anwendbarkeit erst, wenn man sich erinnert, daß hier das englische Wort für Rätsel, mystery, zugleich der Terminus für »Detektivgeschichte« ist: in keiner aber wird das Lebens- und Todesrätsel mit gleicher Folgerichtigkeit vorgeführt wie in The Nine Tailors und zugleich so, wie es nur der Romanautor von Rang vermag: indem nämlich der Fortgang der Handlung, das Rätsel, als das sie sich darstellt und das sie löst, mit Notwendigkeit aus ihrem Anlaß hervorgeht. Der Anlaß aber, die Kunst des Wechsel- oder Va riationsläutens, ist eine englische Besonderheit und, wie alle
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