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Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Titel: Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin
Autoren: Juergen Kehrer
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Wagens.
    Van Haaksbergen schlug sich auf den Oberschenkel. »Zwei kleine Aufschneider, die sich vor Angst fast in die Hose gemacht hätten. Warum haben Sie nicht einfach Ihre Pistole gezogen und das Bild mitgenommen?«
    »Weil ich keine Pistole habe.«
    Er schaute mich überrascht an. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie völlig unbewaffnet sind?«
    »Ja.«
    »Und wenn uns die beiden angegriffen hätten?«
    »Haben sie doch nicht, oder?«
    »Trotzdem wären wir leicht mit ihnen fertig geworden«, sonnte er sich in seinem frisch gewonnenen Mut. »Ich hätte die Kleine in Schach gehalten, während Sie den Typen ausgeschaltet hätten.«
    »Warum sollte ich? Von Prügelei steht nichts in meinem Vertrag. Im Übrigen: Falls Gessner gewollt hätte, dass die beiden verhaftet werden, wäre er zur Polizei gegangen.«
    »Sie meinen, er hat die Absicht, die Diebe entkommen zu lassen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, wofür ich bezahlt werde.«
    Der Kunsthistoriker schüttelte den Kopf. »Wenn ich das erzähle ...«
    »Das werden Sie nicht.«
    »Bitte?«
    »Sie haben sich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das heißt: Kein Wort über das, was Sie erlebt haben!«
    »Nicht mal zu meiner Freundin?«
    »Nein. Nicht mal Ihrer Freundin dürfen Sie davon erzählen.«
    Er schluckte. Da war er zum Held geworden und niemand würde davon erfahren.
    Ich setzte Tedel van Haaksbergen in der Innenstadt ab und fuhr zu meinem Büro, das den vorderen Teil meiner im Kreuzviertel gelegenen Vierzimmeraltbauwohnung einnahm.
    Da ich Dr. Walter Egli keine Nacht auf der Straße zumuten wollte, schleppte ich ihn die zwei Stockwerke hoch und lehnte ihn hinter meinem Schreibtisch an die Wand. Freundlicher sah er deshalb immer noch nicht aus. Dann rief ich Jean Gessner in Zürich an und meldete den erfolgreichen Abschluss der Aktion. Er gratulierte mir pflichtschuldig, ohne überschwängliche Begeisterung zu äußern. Anscheinend hatte er nichts anderes erwartet oder nur seiner Frau zuliebe das Bild zurückgekauft, schließlich war Egli ihr Großvater. Ich sagte, ich würde voraussichtlich am späten Nachmittag des folgenden Tages in Zürich eintreffen, und legte auf.
    Kurz darauf kam Franka vorbei. Ich kannte Franka schon seit ihren wilden Teenagerzeiten, als sie in Schapdetten Versuchstiere befreit hatte. Später, während ihres Jurastudiums, hatte sie in meinem Detektivbüro gejobbt. Inzwischen war sie Rechtsanwältin und betrieb zusammen mit einem jungen Kollegen eine gemeinsame Praxis. Wann immer sich die Gelegenheit bot, engagierte sie mich als Privatdetektiv für ihre Fälle. Als ich noch ihr Chef gewesen war, hatte mir die Rollenverteilung besser gefallen, aber angesichts meiner chronisch angespannten Finanzsituation konnte ich mir übertriebene Empfindlichkeit nicht leisten.
    »Wer ist das denn?«, fragte sie.
    »Dr. Walter Egli, Direktor der Privatbank Egli & Schaaf. Zumindest war er es 1937.«
    »Seit wann sammelst du Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts?«
    Ich erzählte ihr von meinem Auftrag. Bei Franka hatte ich keine Befürchtung, dass sie sich verplappern würde.
    »Und wann kommst du wieder?«, erkundigte sie sich.
    »Ich werde in Zürich übernachten und am Freitag zurückfahren.«
    »Gut. Ich habe nämlich einen Auftrag für dich.«
    »Lass mich raten: Es geht um den Verdacht der vorgetäuschten Krankmeldung oder die Überwachung von Angestellten, die des Diebstahls in der eigenen Firma verdächtigt werden.«
    »Vorgetäuschte Krankmeldung«, grinste Franka. »Wie bist du nur so schnell darauf gekommen?«
    »Scharfsinn«, sagte ich. »Fünfundneunzig Prozent aller Aufträge, die du mir anbietest, haben mit einem von beiden zu tun.«
    »Bist du etwa wählerisch geworden?«
    »Nein, überhaupt nicht«, wehrte ich ab. »Sobald ich wieder da bin, melde ich mich bei dir. Hast du heute Abend schon was vor?«
    »Soll das eine Einladung werden?«
    »Ja. Was hältst du von dem italienischen Restaurant an der Kreuzkirche?«
    Franka schaute zu Walter Egli. »Er ist wohl einiges wert?«
    »Eigentlich nicht. Aber sein Besitzer muss nicht auf jeden Franken achten.«

II

    Jean Gessner erwartete mich in seinem Privathaus, das sich nicht direkt in Zürich, sondern in Küsnacht, einem Vorort auf der nördlichen Seite des Zürichsees, befand. An der Goldküste, hatte Gessner am Telefon gesagt, und als ich die Behausungen sah, die bergaufwärts inmitten parkähnlicher Gärten standen, wurde mir klar, dass mit der Bezeichnung nichts Landschaftliches
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