Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
Autoren: Juergen Kehrer
Vom Netzwerk:
die Sie in Kaisers offenes Grab geworfen haben?«
    »Seit wann interessieren Sie sich für Wissenschaft? Ich dachte, Sie stehen in dunklen Ecken und machen Fotos von kopulierenden Paaren.«
    »So wie Sie?«
    Er begann mit den Fingern rhythmisch zu trommeln. »Sie stehlen meine Zeit, Wilsberg. Kommen Sie zu Potte oder gehen Sie vor die Hütte! Um es mal umgangssprachlich ausdrücken.«
    »Ich nehme an, es waren Bücher über das Tourette-Syndrom.«
    Er erstarrte.
    »Genauer gesagt die Bücher, die Sie aus Kaisers Arbeitszimmer gestohlen haben. Die schwarz gekleidete Gestalt, die Marie niedergestoßen hat und vor mir geflüchtet ist – das waren Sie. Da ich zu früh auftauchte, konnten Sie das Material nicht mitnehmen, das Sie gesucht haben. Als Ihnen klar wurde, dass weder Marie noch die Polizei die Brisanz der Bücher und Kassetten erkannt hatten, sind Sie ein zweites Mal, diesmal in Maries Abwesenheit, in das Haus eingedrungen und haben alles herausgeholt.«
    »Sie fantasieren, Wilsberg.« Er war eiskalt. »Bücher über das Tourette-Syndrom besitze ich selbst. Die muss ich nicht stehlen.«
    »Die Bücher und Kassetten hätten bewiesen, dass Kaiser ein Buch über Sie und die Tourette-Sprache schreiben wollte.«
    Er lachte laut auf. »Das saugen Sie sich aus Ihren vergilbten Fingern, Meisterdetektiv ... feister Indikativ ... Sie haben wohl zu lange Klebstoff geschnüffelt? Kaiser hätte niemals ...«
    »Als was soll ich auftreten? Als Monster? Wie der Elefantenmensch oder die Frau ohne Unterleib ...«, zitierte ich.
    Er starrte mich ungläubig an.
    »Außerdem kann man Kaisers Grab wieder ausheben«, sagte ich lässig. »Dann wird man die Bücher und Kaisers Notizen darin finden.«
    Er trommelte wieder. »Und selbst wenn? Na schön, vielleicht wollte Kaiser wirklich ein Buch über Tourette schreiben. Was beweist das?«
    »Dass Sie einen Grund hatten, ihn zu töten, weil Sie sich von ihm ausgenutzt fühlten.«
    »Das ist lächerlich.«
    »Warum haben Sie mir dann die SMS geschickt und dafür Viola Kohlmanns Handy benutzt?«
    »Welche SMS?«
    »Verpiss dich, Schnüffler!«
    Er feixte. »Der Text klingt gut. Aber wieso soll ich das gewesen sein?«
    »Viola hatte ihr Handy im Institut vergessen.«
    »Und das glauben Sie ihr?«
    »Sie haben auch das Foto von Marie und mir im Bett gemacht und es der Polizei zugespielt«, fuhr ich fort. »Damit wollten Sie den Verdacht auf uns lenken, was Ihnen ja auch beinahe gelungen wäre.«
    Er zuckte.
    »Vielleicht wollten Sie sich auch an Marie rächen. Sie sind doch scharf auf Marie, oder?«
    »Ahaahaah ... Arschloch!«
    »Sie haben geglaubt, Sie könnten ihr Liebhaber werden, nachdem Sie Marie von ihrem Studentinnen vernaschenden Gatten befreit hätten – und schon liegt sie in den Armen eines anderen.«
    Er sprang auf, der Stuhl knallte gegen die Wand.
    Ich blieb sitzen. »Geben Sie doch zu, dass Sie Kaiser erschossen haben!«
    Ich hätte einkalkulieren müssen, dass er zu sehr schnellen Bewegungen fähig war. Mit einem Satz stand er auf dem Schreibtisch, im nächsten Moment flog er mir bereits entgegen. Seine Füße trafen meine Brust, mein Stuhl kippte nach hinten und ich knallte mit dem Hinterkopf auf den Fußboden. Damit war der Kampf auch schon zu Ende. Eigentlich war es gar kein Kampf gewesen, denn ich war nicht einmal dazu gekommen, die Hände zu heben.

    Als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, beschimpfte ich mich wegen meiner Dummheit. Weichert war entkommen und ich konnte mich glücklich schätzen, dass er mich am Leben gelassen hatte. Hätte ich zuerst Stürzenbecher informiert, wäre das nicht passiert. Der Hauptkommissar würde nicht zögern, mich einen Trottel zu nennen, und es gab kein gutes Argument, das ich ihm entgegenhalten konnte.
    Dann kam mir ein noch unerfreulicherer Gedanke. Ich hatte Weichert mit der halb gelogenen Beziehung zwischen Marie und mir provozieren wollen. Das war mir zwar gelungen, aber ein unbeabsichtigter Nebeneffekt konnte sein, dass ich damit den Hass auf das Objekt seiner unglücklichen Liebe gesteigert hatte.
    Ich wählte Maries Handynummer. Sie meldete sich.
    »Wo bist du?«
    »Auf dem Friedhof. Warum?«
    »Hat Weichert dich angerufen?«
    »Nein. Was ist denn los, Georg?«
    »Weichert hat deinen Mann getötet. Er ist geflohen. Mehr kann ich dir im Moment nicht erzählen, weil ich die Polizei anrufen muss. Pass auf: Du bleibst auf dem Friedhof, bis ich bei dir bin. Falls Weichert dich anruft, sag ihm auf keinen Fall, wo er dich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher