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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
Autoren: Juergen Kehrer
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finden kann. Klar?«
    »Was bedeutet das, Georg?«
    »Später, Marie, später! Ich bin in etwa fünfzehn Minuten da.«
    Ich drückte sie weg und ließ mich von der Polizeizentrale mit Stürzenbecher verbinden. In dürren Worten berichtete ich ihm das Nötigste. Als er anfing, mich anzuschreien, beendete ich die Verbindung.
    Mein Kopf tat höllisch weh und ich musste ein paarmal tief durchatmen, bevor ich mich hinter das Lenkrad setzen konnte. In fünf Minuten schaffte ich es bis zu einem Behindertenparkplatz vor dem Zentralfriedhof. Weitere drei Minuten brauchte ich, um das Grab von Kaiser zu erreichen.
    Marie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Willst du mir endlich erklären, was das soll?«
    »Ich habe einen Fehler gemacht«, sagte ich atemlos. Sprints gehörten schon lange nicht mehr zu meinem Trainingsprogramm. »Eigentlich sogar zwei oder drei. Ich habe Weichert von uns erzählt.«
    »Was?«
    »Ich wollte ihn aus der Reserve locken. Das ist mir auch geglückt. Aber ...«, ich holte Luft, »... er hat mich zu Boden geschickt und ist abgehauen. Ich fürchte jetzt, er könnte sich an dir rächen wollen.«
    »Na toll«, maulte Marie. »Und was ist dein Plan? Sollen wir den Tag auf dem Friedhof verbringen?«
    »Nein. Ich bringe dich nach Hause und da bleiben wir, bis die Polizei ihn, hoffentlich bald, geschnappt hat.«
    Irgendwo hinter meinem Rücken stieß jemand gutturale Laute aus, die mir allzu bekannt vorkamen. Außerdem hörte ich ein Klacken, das verdächtig nach dem Laden eines Gewehres klang. Ohne lange zu überlegen, packte ich Marie und warf mich mit ihr auf das nebenan gelegene Grab. Im Gegensatz zu dem von Kaiser besaß es einen etwa meterhohen Granitsteinblock.
    Marie schrie auf, gleichzeitig knallte es kurz hintereinander nah und fern. Nah, weil eine Kugel gegen den Grabstein prallte, fern, weil der Schuss aus einiger Entfernung abgefeuert wurde.
    Ich verfluchte mich erneut. Entweder war mir Weichert gefolgt oder er hatte von Maries Mutter deren Aufenthaltsort erfahren. Wann fing ich endlich an, meinen Kopf zu gebrauchen?
    »Du hast mir wehgetan«, keuchte Marie. Aus ihrer Nase tropfte Blut.
    »Sei froh! Wenn du tot bist, spürst du gar nichts mehr.«
    Ich linste um die Ecke des Grabsteins. Sven Weichert lag bäuchlings auf dem Dach der Gedenkstätte für Schwester Euthymia. Ich sah, wie das Mündungsfeuer aufblitzte, und zuckte zurück. Eine Kugel entfernte sich als surrender Querschläger.
    »Scheiße!« Marie wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Nase und richtete sich auf.
    Ich drückte sie wieder auf den Boden. »Bleib liegen!«, herrschte ich sie an. Offenbar stand sie unter Schock und begriff nicht, was gerade geschah.
    Sie schaute mich mit großen Augen an.
    »Er will uns beide erledigen«, flüsterte ich. »Solange er da oben auf dem Dach liegt und wir hinter dem Stein, besteht eine Chance, am Leben zu bleiben. Also rühr dich nicht vom Fleck!«
    Sie nickte nur.
    Ich tastete meine Jacke ab. Wo war nur mein verdammtes Handy? Dann sah ich es. Es war mir aus der Tasche gefallen und lag fünfzig Zentimeter entfernt neben dem Grabstein. Ich streckte probeweise die Hand aus. Sofort bohrte sich eine Kugel ins Erdreich.
    Ich drehte mich zu Marie um. »Wo ist dein Handy?«
    »In meiner Handtasche.« Sie zeigte auf eine kleine schwarze Tasche, die auf Kaisers Grab lag.
    Es war zum Verzweifeln. Ich schaute mich nach einem Gegenstand um, den ich als Werkzeug verwenden konnte. Bei unserem Sprung hatten wir einen Kranz verschoben, der jetzt halb vom Grabstein verdeckt wurde. Das Blumengebinde war mit einem Draht befestigt. Ich riss den Draht heraus und formte aus dem oberen Ende eine Schlinge.
    Dann krabbelte ich zu Marie zurück und brachte meinen Mund in die Nähe ihres Ohres: »Du könntest mir helfen. Rede mit Sven! Versuch, ihn abzulenken! Glaubst du, du schaffst das?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Versuch's!«
    »Ich ... ich muss dir was sagen.«
    »Jetzt nicht!«
    »Ich habe einmal mit ihm geschlafen.«
    Ich schnaufte. »Darüber solltest du vielleicht nicht mit ihm reden. Frag ihn, warum er das tut! Sag ihm, dass das keinen Sinn hat, dass er alles nur noch schlimmer macht! Irgendwas in der Art. Je kitschiger, desto besser.«
    »Sven!«, rief Marie. »Warum tust du das?«
    Ein tourettescher Ausbruch, der in Flüchen endete.
    »Red ihn weiter mit seinem Namen an!«, flüsterte ich, während ich die Schlinge über den Boden schob und in Position brachte.
    »Das hat doch keinen Sinn,
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