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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor
Autoren: Juergen Kehrer
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Spezialisten eines Sondereinsatzkommandos gingen in Stellung.
    »Seien Sie doch vernünftig, Weichert!«, befahl Stürzenbecher. »Ich fordere Sie zum letzten Mal auf, Ihr Gewehr wegzuwerfen und mit erhobenen Händen aufzustehen. Ansonsten sind wir gezwungen, Gewalt anzuwenden.«
    Weichert lachte und schoss.
    Die SEKler hatten ihre Gewehrläufe auf Grabsteine gelegt und das Dach der Gedenkstätte ins Visier genommen. Kurz hintereinander fielen mehrere Schüsse.
    Weichert sackte zusammen und blieb regungslos liegen. Ein paar Minuten später wurde er herunter gezogen und zu einem Krankenwagen geschleppt.
    »Es ist vorbei«, sagte ich zu Marie.
    Ich half ihr auf die Beine. Sie hatte sich hervorragend gehalten, aber als sie stand, kippte sie um. Polizisten halfen mir, sie zu einem zweiten Krankenwagen zu bringen. Ich wollte sie in die Klinik begleiten, doch Stürzenbecher hielt mich auf.
    »Du kommst mit mir ins Präsidium«, sagte er. »Ich habe eine Menge Fragen. Wenn du sie zu meiner Zufriedenheit beantwortest, können wir darüber reden, ob du heute Abend nach Hause darfst.«

XVI

    Dass sich Oliver Kahn seinen gröbsten Patzer für das Endspiel und einen eher harmlosen Schuss von Rivaldo aufgespart hatte, war natürlich bitter. In allen anderen Spielen der Weltmeisterschaft hatte Kahn den Ball mit der Mütze gefangen, ausgerechnet jetzt ließ er ihn vor die Füße des hasenzahnigen Ronaldo abklatschen. Damit war der deutsche Vizeweltmeistertitel besiegelt, bei so vielen Leverkusenern im Team eigentlich ein logisches Ergebnis. Und trotzdem mehr, als bei gesundem Fußballverstand vier Wochen zuvor zu erwarten gewesen war. Frankreich, Spanien, Portugal, Argentinien und Italien waren über die eigene Unfähigkeit und blinde oder korrupte Schiedsrichter gestolpert – unsere Jungs hatten mit Glück und Kampfeswillen das Optimale herausgeholt. Das sah ich genauso wie die vagabundierenden Fans, die schon wieder ihre »Es gibt nur einen Rudi Völler«-Gesänge anstimmten. Ein paar brasilianische Fahnen wurden auch geschwenkt, wie ich durch mein Bürofenster sah. Deutsche und Brasilianer feierten gemeinsam – manchmal konnte Fußball tatsächlich ein friedlicher Sport sein.
    Es klingelte an der Tür und ich ließ Franka herein.
    Sie schaute sich überrascht um. »He, du hast ja geputzt.«
    »Ja, ich konnte den Dreck nicht mehr sehen.«
    Am Samstag hatte ich mich aus meiner Lethargie gerissen und eine Großreinemach-Aktion gestartet. Da waren drei Tage seit der Schießerei auf dem Zentralfriedhof vergangen. Sven Weichert hatte bis dahin überlebt und die Ärzte redeten von steigenden Aussichten, dass er es auch in nächster Zukunft tun würde. Er hatte schwere innere Verletzungen, lag auf der Intensivstation und war noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, aber sein kräftiger und ansonsten gesunder Körper sträubte sich gegen das Ableben.
    Inzwischen, nachdem ich mehrere Tage darüber nachgedacht hatte, nahm ich an, dass das nicht seinem eigentlichen Wunsch entsprach. Ich war davon überzeugt, dass er es darauf angelegt hatte, auf dem Friedhof erschossen zu werden. Er hätte rechtzeitig fliehen können, wenn er gewollt hätte, und vermutlich hätte er auch Marie und mich oder zumindest einen von uns beiden treffen können, wenn er es wirklich beabsichtigt hätte. Mit der Show auf dem Friedhof hatte Weichert bewusst oder unbewusst seinen Selbstmord inszenieren wollen.
    Aber ich behielt diesen Gedanken für mich. Marie sollte ruhig weiterhin glauben, dass ich ihr Leben gerettet hatte. Nahm man die Ereignisse des besagten Tages zusammen, war mein Heldenimage ohnehin angekratzt.
    Hauptkommissar Stürzenbecher war an solchen Überlegungen sowieso nicht interessiert. Er war damit beschäftigt, Weichert den Mord an Professor Kaiser nachzuweisen. Die Indizien, die dafür sprachen, waren erdrückend. So stammte die Kugel, die Kaiser getötet hatte, aus dem Gewehr, mit dem Weichert auf dem Zentralfriedhof herumgeballert hatte. Ebenso hatte sich herausgestellt, dass Weichert während eines neun Monate zurückliegenden USA-Aufenthalts an einem Schießtraining teilgenommen hatte. Dort, in den USA, hatte er auch das Gewehr erworben. Auf welchem Weg die Waffe nach Deutschland gekommen war, konnte zwar noch nicht geklärt werden, doch vermutlich hatte Weichert sie auf dem Wasser transportieren lassen, da Schiffe weitaus weniger kontrolliert wurden als Flugzeuge.
    Und zur Frage des Mordmotivs konnte ich Erhellendes beitragen. Nicht
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