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Damon Knight's Collection 06 (FO 12)

Damon Knight's Collection 06 (FO 12)

Titel: Damon Knight's Collection 06 (FO 12)
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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Wenn Sie denken, Sie haben Sorgen …
 
(Carol Carr)
     
     
    Um die Wahrheit zu sagen, früher waren wir sehr demütig und fromm. Meine sogenannte Tochter, mein eigen Fleisch und Blut, heiratete einen Mann, der nicht nur nicht jüdisch, sondern nicht einmal menschlich aussah.
    »Papa«, sagte sie zu mir – zwei Sekunden, bevor ich beschloß, niemals wieder in meinem ganzen Leben mit ihr zu sprechen –, »wenn du ihn kennst, wirst du ihn auch mögen, das verspreche ich dir.« Was konnte ich schon erwidern – die Wahrheit, wie ich es stets tat: »Wenn ich ihn kennenlernen würde, müßte ich mich übergeben, so wirkt er auf mich. Kann ich das ändern? Ich kann nicht anders, als mich auf ihn zu stürzen.«
    Man mußte das Mädchen mit Seidenhandschuhen behandeln, genau wie ihre Mutter. Ich sagte ihr, was ich fühlte, unmittelbar aus meinem Herzen heraus, und schon fing sie an zu heulen, als wollte der ganze Atlantik aus ihr herausströmen. So erinnere ich mich an sie nach sechs Monaten – wie sie vor mir steht, heulend, so daß ich mich wie ein Monstrum fühle – ich – obwohl die ganze Zeit ihr, verzeihen Sie den Ausdruck, Ehemann das Monstrum ist.
    Seitdem sie mit ihm weggezogen ist (New Horizon Village, Crag City, Mars), versuche ich mir zu sagen, daß nicht ich – wie soll ich es sagen – ihm näherzukommen habe; wenn sie es aushalten kann, warum sollte ich mich beklagen? Ich brauche niemanden, der sich um meine Geschäfte kümmern muß; mein Geschäft besteht allein darin, mich in meiner Zurückgezogenheit zu freuen. Doch wie kann ich mich freuen.
    Sadie läßt mich keine Minute allein. Sie nennt mich einen Verbrecher, einen wertlosen Taugenichts, der Gallensteine anstelle eines Herzens hat.
    »Hektor, wo ist dein Verstand geblieben?« fragt sie, nachdem sie es schließlich aufgegeben hat, an mein Gefühl zu appellieren. Was soll ich ihr antworten? Ich habe meine Tochter verloren, soll ich mich da auch noch um meinen Verstand kümmern? Ich bin still wie ein Grab. Ich mag nichts essen.
    Ich bin leer – ausgetrocknet. Es ist, als wartete ich auf etwas, doch ich weiß nicht auf was. Ich verkrieche mich in meinen Sessel und versuche mich mit elektronischen Rhythmen in den Schlaf zu schaukeln, doch wie kann ich schlafen? Ich sehe zu meiner Frau und sehe Lady Macbeth. Einmal erwischte ich sie, wie sie pfeifend ins Bad stieg. Mein Blick war eisig und giftig.
    »Worüber freust du dich so sehr? Denkst du an deine Enkelkinder mit zwölf Zehen?«
    Sie zuckte nicht. Eine Frau aus Stahl.
    Wenn ich meine Augen schließe, was selten geschieht, sehe ich meine Tochter vor mir, vierzehnjährig, ihre Haut fängt an, picklig zu werden, und ihr Gesicht ist noch ausdruckslos. Ich sehe, wie sie zu Sadie geht und fragt, was sie mit ihrem Leben anfangen solle, nun da sie erwachsen wird, und mein Liebling Sadie, meine Lebensgefährtin, hat nichts besseres zu tun, als ihr zu sagen, warum nicht ein Monstrum heiraten; um hier einen Mann zu finden, mußt du eine Schönheit sein, aber auf dem Mars kannst du dich vor den Kerlen nicht retten. »Ich weiß, daß ich mit dir rechnen kann, Mama«, sagt sie und geht und heiratet ein Gewächs mit Beinen.
    Und so geht es nun schon seit Monaten. Ich habe zwanzig Pfund an Gewicht, meine Nerven und drei Zähne verloren, und ich bin dabei, Sadie zu verlieren, seit eines Tages ein Brief von meiner ehemaligen Tochter im Briefkasten lag. Ich nahm ihn mit den Fingerspitzen und brachte ihn dorthin, wo meine Frau die Zutaten für die Soße mixte, die ich heute abend nicht essen werde.
    »Ohohoh.« Meine Frau greift danach, während sie weiter ihre Soße aus Catchup und Bratenfett rührt. Kein Wunder, daß ich keinen Appetit habe.
    »Ich werde ihn dir nur unter einer Bedingung geben«, sage ich ihr, während ich ihn ihr unter die Nase halte. »Nimm ihn mit ins Schlafzimmer und lies ihn allein. Und erwähne nie eine Silbe davon, ich will nichts davon wissen. Wenn sie, verdammt noch mal, tot ist, werde ich ihm eine Beileidskarte schicken.«
    Sadies Gesichtszüge wechseln beständig, doch ist es unverkennbar, daß sie mir für mein jetziges und künftiges Leben alles nur erdenkliche Schlechte wünscht.
    Während sie den Brief liest, stelle ich plötzlich fest, daß ich nichts zu tun habe. Die Zeitungen habe ich bereits gelesen. Das Frühstück habe ich gegessen (ich aß wie ein Spatz). Ich bin fix und fertig angezogen, um ‘rauszugehen, doch gibt es draußen nichts, was ich nicht auch hier drinnen habe.
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