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Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt
Autoren: Juergen Kehrer
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Kollegen.
    »Da kommt nix bei rum«, fasste er unsere Bemühungen zusammen.
    »Und was schlagen Sie vor?«, erkundigte ich mich.
    »Sie müssen dat irgendwie anders anpacken.«
    »Ach.«
    Ein deutscher Rasta mit Zottelbart und einer übergroßen Wollmütze, unter der er seine Locken versteckte, schlenderte heran. Mit breitem Grinsen hielt er uns seine hanfblattbedruckte Leinentasche unter die Nasen.
    »Würden Sie bitte Ihre Mütze abnehmen!«, sagte ich.
    »Wozu, Mann?«
    »Ich möchte sehen, was drunter ist.«
    »Haare, Mann. Was glaubst du?« Er wollte an mir vorbei.
    Der schwarze Sheriff nestelte bereits an seinem Pistolenhalfter.
    »Lassen Sie die Pistole stecken!«, sagte ich scharf und riss dem Rasta die Mütze vom Kopf. Außer dicken, fetten Zöpfen rieselten auch zwei Platinen zu Boden.
    »Scheiße, Mann«, sagte der Rasta.
    Der Tempel von Kyoto war eins von zwei japanischen Restaurants in Münster. Ich war erst einmal dort gewesen, nicht, weil das Essen so schlecht geschmeckt hatte, sondern weil ein Menü im Tempel preislich ungefähr fünfzehn Hauptgerichten bei Ali Baba’s Grill , meiner bevorzugten Imbissbude, entsprach.
    Wir hatten kein Erkennungszeichen ausgemacht, allerdings war der Gastraum des Tempels nur so groß wie ein gutbürgerliches Wohnzimmer, und ich traute mir zu, eine Stadtkämmerin ohne Begleitung auf Anhieb zu identifizieren. Ich schaute mich suchend um.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte eine lächelnde japanische Kellnerin.
    »Ich bin verabredet – mit einer Dame.«
    »Frau Rausch?« Sie betonte das »R«. So wie Niederrheiner manchmal beweisen wollen, dass sie ein »ch« aussprechen können.
    Ich nickte.
    »Hier, bitte!« Sie geleitete mich zu einem Tischchen in der Ecke. »Frau Rausch hat angerufen. Sie möchten sie entschuldigen. Sie wird durch einen dringenden Termin aufgehalten.«
    Das fing ja gut an. Erst tat sie geheimnisvoll, dann ließ sie mich sitzen. Das hatte ich davon, dass ich mich mit einer Politikerin einließ. Ich bestellte einen grünen Tee und schaute dem Koch zu, der mit einem riesigen Messer Kunststückchen vollbrachte. Er arbeitete an zwei großen Herdplatten in der Mitte des Raumes. Links und rechts davon erhob sich jeweils eine Art Podest. Die Gäste, die dort oben saßen, konnten ihrem Essen beim Garen zusehen.
    Zehn Minuten später betrat Frau Rausch den Tempel . Sie trug ein schwarzes, flatterhaftes Kleid. Trotz ihrer hell- bis dunkelgrau changierenden Haare, die mit Ausnahme von zwei Schläfensträhnen am Hinterkopf hochgesteckt waren, schätzte ich sie auf Anfang vierzig. Zielstrebig steuerte sie auf meinen Tisch zu.
    »Herr Wilsberg, nehme ich an.«
    »Richtig.« Ich erhob mich. Ihr längliches, eher schmales Gesicht wurde dominiert von einer kräftigen, leicht nach unten gebogenen Nase. Rund um die grauen Augen und den breiten Mund zeigten sich scharfe Falten, die von dem dezenten Make-up nicht verdeckt wurden. Auf den Lippen schimmerte es dunkelrot bis violett. Sie sah aus wie eine Frau, die sich gut hinter einer spöttischen Souveränität verbergen konnte.
    »Tut mir leid, dass Sie warten mussten. Die Sitzung des Finanzausschusses hat sich unerwartet in die Länge gezogen. Sie glauben gar nicht, was diesen Rathauspolitikern alles einfällt, um sich zu profilieren.«
    »Ich kann’s mir vorstellen«, sagte ich, stellte es mir aber lieber nicht vor.
    Schon hatte uns die lächelnde Kellnerin zwei Speisekarten untergeschoben.
    Die Auswahl fiel nicht besonders schwer. Es gab nur drei verschiedene Menüs, und die wiederum waren größtenteils identisch. Die günstige Gelegenheit beim Schopfe ergreifend, bestellte ich das teuerste. Meine Einladerin schloss sich kommentarlos an und gönnte sich zusätzlich eine Steingutkaraffe Reiswein.
    »Sie trinken keinen Alkohol?«, fragte sie mit Blick auf meine Teekanne.
    »Nein, nicht mehr.«
    »Schlechte Erfahrungen?«
    »Man könnte es so nennen.«
    Genauso wie man unsere Unterhaltung ohne Umschweife als zäh bezeichnen konnte, aber schließlich war das ihre Party, und ich fand, dass sie mich lang genug hatte zappeln lassen.
    Die Kellnerin stellte zwei wunderschön geformte Tellerchen mit frischem Meerrettich und anderen Leckereien ab.
    »Sushimi«, kommentierte Frau Rausch. Menschen ihrer Gehaltsklasse gingen sicher einmal in der Woche zum Japaner.
    Sie drehte sich um. »Am liebsten sitze ich ja auf dem Tatami.«
    »Tatami?«
    »Die Sitzfläche neben dem Herd. Allerdings nicht so geeignet für ein Gespräch unter
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