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Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt
Autoren: Juergen Kehrer
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Polizeischutz? Der ist längst abgezogen worden. Stürzenbecher hat mich angerufen und gesagt, dass sie den Mörder verhaftet hätten.«
    »Unsinn. Merten ist der Mörder.«
    »Merten? Wie kommst du darauf?«
    »Bitte, Jutta! Wir haben keine Zeit. Verbarrikadier dich. Ruf die Polizei an! Sie sollen sofort …«
    Durch das Telefon hörte ich einen Knall. Jutta stieß einen erstickten Schrei aus. Dann war die Verbindung unterbrochen.
    Stürzenbecher anrufen, dachte ich. Das Portemonnaie glitt mir aus den Fingern und fiel auf den Boden der Zelle. Kniend rutschte ich herum, bis mir einfiel, dass ich das letzte Kleingeld vertelefoniert hatte. Das Aufstehen klappte von Mal zu Mal besser. Taumelnd lief ich zurück auf die Straße. »Kleingeld«, schrie ich. »Ich brauche dringend Kleingeld. Ich muss die Polizei anrufen.«
    Die wenigen Spaziergänger machten einen großen Bogen um mich.
    »Geh zum Krankenhaus!« Ein älterer Mann legte schützend den Arm um die ondulierte Frau an seiner Seite. »Lass dich erst mal verarzten!«
    Ich begriff, dass es zwecklos war. Halb trabend, halb stolpernd machte ich mich auf den Weg zu Juttas Wohnung.
    Anstelle des Schlosses klaffte ein Loch in der Tür. Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und versuchte, Luft zu bekommen. Als mein Atem leiser war als ein vorbeifahrender Güterzug, schob ich mich vorsichtig in den Flur. Aus dem Wohnzimmer kam ein Geräusch. Ein Schleifen, dann ein Klacken. Keine Stimmen. War sie tot?
    Ich hielt den Atem an und schaute hinein. Jutta lag bewegungslos am Boden, Merten beugte sich über sie. Er hatte ihre rechte Hand ergriffen, in der anderen hielt er ein kleines Döschen. Die Goldfarbe. Und noch etwas sah ich: Auf dem Tisch, zwei Schritte von ihm entfernt, lag meine Pistole.
    Ich nahm die restliche Energie zusammen und stürzte zum Tisch. Im gesunden Zustand hätte ich es geschafft. Aber so, wie er mich zugerichtet hatte, blieb ich erheblich unter meiner Bestzeit. Und er reagierte schnell. Sobald er mich bemerkte, ließ er Hand und Dose fallen und hechtete zum Tisch.
    Im Rennen um die Pistole war ich der Verlierer. Als ich ankam, schlossen sich seine Finger um den Griff. Doch ich hatte von ihm gelernt. Mit aller Kraft hämmerte ich meine Faust auf seine Hand. Er jaulte auf. Ein zweiter Schlag, und die Pistole segelte unter das Sofa. Soweit zum Thema Waffengleichheit.
    Was danach kam, war weniger erfreulich. Er erholte sich schnell von dem Punktverlust und krallte sich in meinem Hals fest. Ich verlor das Gleichgewicht, kippte nach hinten. Natürlich war er fitter als ich, beweglicher als ich, sehr wahrscheinlich auch brutaler als ich. Ich versuchte ihn abzuschütteln, strampelte, schlug. Allmählich wurden meine Arme lahmer. Ich bekam keine Luft mehr. Seine Finger drückten wie eine Klammer auf meinen Hals. Nicht schon wieder, dachte ich, als es schwarz wurde.
    Da knallte es über mir. Die Klammer lockerte sich. Ich schnappte nach Sauerstoff. Eine Flüssigkeit, die merkwürdigerweise nach Rotwein roch, tropfte auf mein Gesicht. Ächzend schob ich Merten, der jetzt schlapp auf mir lag, zur Seite.
    »Das ist ein 89er Chianti«, sagte Jutta. »Ich hoffe, du weißt das zu schätzen.«
    Ich blieb eine Weile liegen und genoss das Gefühl, am Leben zu sein. In der Zwischenzeit füllte sich der Raum mit Menschen. Ich erkannte Stürzenbecher, der von einigen uniformierten Polizisten begleitet wurde.
    »Du hast schon mal besser ausgesehen«, begrüßte er mich freundlich.
    »Danke«, gurgelte ich. Beim Sprechen tat mir der Hals weh.
    Stürzenbecher sammelte die Pistole ein. »Du kannst ja doch nicht damit umgehen. Ich werde sie Kommissar Knellbusch zurückgeben.«
    Ich lehnte meinen Kopf gegen das Sofa. »Das ist eine Masche von dir, immer ein paar Minuten zu spät zu kommen.«
    Der Hauptkommissar runzelte die Stirn. »Was willst du? Als der Anruf kam, war ich gerade in der Kantine.«
    »Welcher Anruf?«
    »Frau Rausch hat es noch geschafft, uns zu verständigen. Selbstverständlich habe ich keine Sekunde gezögert, den Einsatzbefehl zu geben.«
    »Wahnsinnig beruhigend«, murmelte ich.
    Er hockte sich neben mich. »Zum Glück hattet ihr die Lage einigermaßen im Griff.«
    »Im Griff«, echote ich empört. »Um ein Haar hätte er mich umgebracht.«
    »Du bist eben kein Profi. Das wirkt sich in solchen Situationen negativ aus.«
    »Lassen Sie ihn in Ruhe!«, mischte sich Jutta ein. »Er hat versucht, mir das Leben zu retten.«
    Stürzenbecher tätschelte mein verklebtes
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