Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Frayn
Vom Netzwerk:
wirklich. Nur einmal, auf diesem Retreat im Nonnenkloster.«
    »Georgie!«
    »Du warst viel zu sehr mit dem Retreat beschäftigt, um es zu merken. Du warst so schrecklich, als du Schulsprecherin warst, Nikki!«
    »Wirklich? Wie, ein bisschen … zickig?«
    »Fürchterlich zickig. Ich hab dich nicht ausstehen können.«
    »Stimmt nicht. Irgendwas hast du an mir gefunden. Du hast dich immer angeschlichen und mich angestarrt.«
    »Damals hatte ich noch keine Linsen. O Nikki, du warst so schrecklich, und was hat es dir letztlich gebracht? Jetzt wird sie dich nie zur Direktorin machen!«
    »Nein. Es ist auch nicht mehr viel übrig, wovon man Direktorin sein könnte.«
    »Nikki, es hat keinen Sinn, oder? Zu versuchen, nicht mehr schrecklich zu sein, wenn man einfach schrecklich ist.«
    Sie nippten am Wein. Nikki schenkte nach.
    »Wie auch immer«, sagte Georgie, »er scheint verschwunden zu sein.«
    »Norman?«
    »Oliver.«
    »Ich kann ihn immer noch nicht Oliver nennen.«
    »Ist eigentlich auch egal. Falls sie ihn erschossen haben.«
    »Vielleicht hat ihn sich die Putzfrau geschnappt.«
    Sie lachten. Sie hörten auf zu lachen. Sie dachten ein paar Augenblicke schweigend über das Leben und seine Wechselfälle nach.
    »Mir gefällt es hier«, sagte Georgie. »Wir könnten hier irgendwo leben. In einer griechischen Fischerhütte. Mit griechischen Fischern oder ohne.«
    »Du meinst – wir beide? Du und ich?«
    »Warum nicht? Wenn Patrick anruft, kein Problem. Du müsstest nichts erfinden, weil ich da bin.«
    »Und wo wäre Patrick?«
    »Irgendwo anders. Wo immer er jetzt ist. Wieder auf dem Boot mit seinen Kumpels. Schippert herum.«
    Sie gossen sich noch ein Glas Wein ein.
    »Ich bin so froh, dass du nicht in der Schweiz lebst«, sagte Georgie. »Ich würde nicht gern in der Schweiz leben.«
    »Schweiz! Schweiz! Georgie, wie kommst du bloß auf die Schweiz?«
    »Damals, als ich dich angerufen hab, um dir zu sagen, dass ich bei dir bin. Da hast du immer was von Skiern erzählt.«
    »Skier? Auf Skios?«
    Georgie dachte darüber nach. »Oh, ich verstehe«, sagte sie.
    »Georgie«, sagte Nikki, »du bist so doof!«
    »Fürchterlich doof«, sagte Georgie.
    Nikki blickte in ihr Glas mondbeschienenen Weins, Georgie zu der mondbeschienenen Göttin, die auf sie herunterschaute.
    »Hier ist es so friedlich«, sagte Georgie. »Irgendwie so wie immerwährend. Die ganzen Statuen und so.«
    Nikki wandte den Kopf, um zu sehen, was Georgie sah.
    »Die habe ich noch nie gesehen«, sagte sie.
    » Phoksoliva? « sagte Spiros, als er und Oliver gemeinsam den schweren Koffer in den Kofferraum des Taxis hievten. »Zweiunddreißig Euro. Im voraus.«
    Oliver nahm eine Handvoll der Geldscheine, die er in einem Geheimfach in Dr. Wilfreds Koffer gefunden hatte. »Flughafen«, sagte er. Kaum wäre er in London, würde er sofort das Studium der Neurologie aufnehmen. Oder irgendeiner anderen wissenschaftlichen Disziplin. Es wäre interessant zu erfahren, was eine Wexler-was-immer war.
    Als Spiros die Kupplung kommen ließ und losfuhr, tauchte im Scheinwerferlicht eine bekannte und erstaunliche Gestalt auf – eine Frau in einem tiefausgeschnittenen Abendkleid, mit kräftigen nackten Schultern und einer Konstruktion messingfarbenem Haar auf dem Kopf wie die Kuppel einer russischen Kirche. Sie stand mitten auf der Straße und fuchtelte mit den Armen.
    »Nein!« sagte sie. »Nein! Nein! Bitte! Taxi! Ja! Danke!«
    »Hallo«, sagte Oliver. »Sollen wir Sie mitnehmen?«
    »Nein, nein, nein!« sagte Mrs. Skorbatowa, stieg ein und setzte sich neben ihn.
    »Ich dachte, Sie wären weg. Sie sind also nicht mit Ihrem Mann abgereist?«
    »Ja!« sagte Mrs. Skorbatowa.
    »Nein, sind Sie nicht. Sie wurden dagelassen, denn Sie sind hier.«
    »Nein, nein, nein!«
    »Okay?« sagte Spiros. »Flughafen?«
    »Flughafen!« sagte Mrs. Skorbatowa. »Ja, ja!«
    »Moment!« sagte Oliver. Er bedachte sie mit seinem sanftmütigen, melancholischen Lächeln, als hätte er das Ganze vorausgesehen und all die Schönheit und Traurigkeit, die unweigerlich folgen würden.
    Spiros wartete und betrachtete die Vorstellung im Rückspiegel. »Oder Phoksoliva ?« sagte er.
    »Genau«, sagte Oliver. » Phoksoliva. « Wenn er den geplanten Beginn des Studiums ein paar Tage hinausschieben würde, könnte er es später immer noch nachholen. Und er hatte sich gewiss eine kleine Pause verdient.
    » Phoksoliva? « sagte Mrs. Skorbatowa. Sie lachte, fasste ihn wieder an der Nasenspitze und zog sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher