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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Frayn
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widerhallte.
    Vor der Küche wurden in der Dunkelheit zusammengesackte weiße Haufen sichtbar, da Yannis und seine Mannschaft aus ihrer Hölle aus rostfreiem Stahl gekommen und zu Boden gesunken waren, zu müde, um die Reste zu essen.
    Im Hafen plätscherte das Wasser zärtlich gegen die vor Anker liegenden Yachten. Der anlandig geblähte Windsack am Hubschrauberlandeplatz schrumpfte, als die leichte Brise vom Meer erstarb, und füllte sich wieder ablandig.
    Chris Binns, der Writer-in-residence, schaute aus dem Fenster von Epiktet und murmelte immer wieder die erste Strophe seines Gedichts vor sich hin – Die Göttin, weise blickend,  /  Whisky Sour in der Hand,  /  knabbert die exzellenten Cocktailoliven aus der Gegend  /  und lässt die Steine hinter der Lehne des Sofas verschwinden  /  auf die zivilisierteste Weise . Er hoffte, dass sie sich, wenn er sie nur oft genug wiederholte, als der Anlauf zu einem mühelosen Sprung in das noch nicht gefundene nächste Verb und die noch nicht verfasste zweite Strophe erwies. Bislang war ihm der Sprung nicht gelungen.
    Er wurde sich jedoch allmählich bewusst, dass die Stille nicht die übliche Stille war und die Dunkelheit nicht die übliche Dunkelheit. Zwischen den Ästen mancher Bäume sah er ein fernes silbernes Licht. Irgendwo hielt jemand eine Rede. Er verstand die Worte nicht, hörte nur hin und wieder einen amerikanischen Vokal und ein elektronisches Timbre. Ja, dort draußen war irgendwas los. Er hatte vergessen, was es war, aber jetzt war ihm zumindest eingefallen, dass er es vergessen hatte.
    »Die Göttin«, murmelte er, »weise blickend …«
    Auf der Agora war Mrs. Topplers Stimme mal zu hören, mal nicht, je nach dem, wie eng ihre Beziehung zum Mikrofon war.
    »… zu viele öffentliche Körperschaften, um sie hier aufzuzählen …« sagte sie sehr gut hörbar und ließ dann ihre Bekanntschaft wieder abkühlen. »… erwähne nur den Ausschuss der Gouverneure … das gemeinsame Ständige Komitee … den Naturschutzrat … für die Abschaffung … die Erweiterung … die Begrenzung …«
    Und während er bescheiden neben ihr saß, fielen sie Dr. Wilfred wieder ein. Die Ausschüsse, die Komitees, die Räte. Die Bücher und Aufsätze. Die Preise und Stipendien. Wie erstaunlich viel er doch in sein Leben gepackt hatte.
    »… und last but not least … sein leidenschaftliches Interesse … seine lebenslange Hingabe … hat sich nie geschont … hat irgendwie noch Zeit gefunden … ein begeisterter Anhänger …«
    Die schattenhaften Gesichter vor Mrs. Toppler blickten ehrfürchtig aus dem Halbdunkel zu ihr auf. Hier und da senkten sich Lider und Köpfe, solidarisch mit ihrer leiser werdenden Stimme, doch hoben sie sich häufig wieder, wenn die Stimme zurückkehrte. In den Köpfen wurde gedacht: Erinnerungen und Bedauern, Pläne und Hoffnungen, Begründungen und Berechnungen.
    V. J. D. Chaudhury zum Beispiel bedauerte, dass er nicht die Gelegenheit ergriffen und seine Blase entleert hatte, als noch Zeit dazu war. Davina Smokey machte sich Sorgen wegen der Tischmanieren ihrer Enkelkinder. Seine Exzellenz Scheich Abdul hilal bin-Taimour bin-Hamud bin-Ali al Said versuchte zu berechnen, wie groß der Gewinn ausfallen würde, wenn er die Lizenzgebühr für 4833 Milliarden Barrel leichtes Rohöl um 0,073 Prozent erhöhte. K. D. Clopper war vertieft in das Yankees/Orioles-Spiel auf seinem Telefon, das er unter den Tisch hielt. Der Bischof des Hesperiden-Archipels überprüfte erneut die Position der orthodoxen Kirche zur Ursünde im Licht neuer neurologischer Forschungsergebnisse. Wellesley Luft schlief fest und träumte wieder einmal von Jackie Kennedy. Mr. Papadopoulous persönlicher Leibwächter kontrollierte die Sicherung seiner Waffe. Norbert Ditmuss wartete geduldig auf die Gelegenheit, seine Frage stellen zu können.
    Und im Rücken des Publikums trafen immer noch mehr schattenhafte Gestalten ein.
    Der Mond hob den Kopf vorsichtig über die Hügel im Osten der Stiftung, war offenbar beruhigt von der friedlichen Szene und wagte sich ganz aus seinem Versteck.
    Auf dem hügeligen Gelände im Westen, hinter dem Zaun um die Baustelle des neuen Swimmingpools, erhob sich gegenüber dem Mond etwas anderes, nicht weniger vorsichtig. Es war nicht elegant gerundet, sondern widerspenstig eckig.
    Offenbar beruhigt wie der Mond, schwebte es langsam, ganz langsam unter dem schützenden Arm des Baukrans in das weiße Mondlicht. Mehr und mehr davon, größer und
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