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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Frayn
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diesem und die Herausforderung von jenem gewesen. Es waren ein Rätsel von, ein Wohin? und ein Warum?, drei Ausblicke auf und zwei Neubewertungen von gewesen. Je exzentrischer und einsiedlerischer der Direktor der Stiftung wurde, um so idiosynkratischer fiel seine Wahl der Redner aus. Nach der postsynkretistischen Herangehensweise an was immer es letztes Jahr gewesen war, wäre sogar Mrs. Toppler, die geneigt war, nahezu jedem für nahezu alles zu danken, beinahe an der Aufgabe erstickt, was vielleicht der unbewusste Grund gewesen war, dass sie das Wort »nicht« ausließ in dem Satz über das Ereignis, dass sie so schnell nicht vergessen würden. Nikki hatte die Abwesenheit des Direktors genutzt, der nach Nepal in Klausur gegangen war, um den Redner dieses Jahr selbst auszuwählen.
    »Dr. Norman Wilfred braucht nicht vorgestellt zu werden«, würde Mrs. Fred Toppler morgen zur Einführung sagen. Nikki blickte auf die nichtgebrauchte Vorstellung, die dann folgte, paraphrasiert aus dem Lebenslauf, den ihr Dr. Wilfreds persönliche Assistentin geschickt hatte. Die Liste der Veröffentlichungen und Berufungen, der Stipendien und Auszeichnungen war todlangweilig. Lucinda Knowles, Nikkis Gegenstück im J. G.-Fledge-Institut, hatte ihr versichert, dass Dr. Wilfred sowohl ein seriöser Experte für Wissenschaftsmanagement wie auch eine echte Berühmtheit war. Ihre Freundin Jane Gee vom Cartagena-Festival behauptete, er sei der Redner, um den sich gegenwärtig alle rissen.
    Dieses Jahr also – Innovation und Governance: das Versprechen der Szientometrie . Bei dem Wort Versprechen wurde Nikki plötzlich schwer ums Herz. Ihre Entscheidung würde sich als genauso schrecklich herausstellen wie alle anderen. Und jetzt befand er sich in acht Kilometer Höhe, auf dem Flug von London, über der Schweiz oder Norditalien. Sie sah ihn deutlich vor sich – und es war ein entmutigender Anblick –, wie er in der Businessclass saß und an seinem Gratis-Champagner nippte. Alle die Komitees und internationalen Vorträge hätten ihren Tribut gefordert. Seine Wangen wären schwer, seine Taille wäre dick und sein Haar gelichtet vor lauter Bedeutung. Er hätte Innovation und Governance um die ganze Welt geschleppt, von Toronto nach Tokio, von Oslo nach Oswego, bis das Manuskript gelb von der Sonne der Alpen, fleckig vom tropischen Regen und von den Wiederholungen abgenutzt war.
    Sie druckte die unnötige Einführung und den herzlichen Dank aus, die stabilen Buchstützen, die umklammerten, was noch kommen sollte. Es war jetzt zu spät, um noch etwas daran zu ändern. Es raste mit achthundert Stundenkilometern auf sie zu.
    Sie blickte auf die Uhr. Bevor sie zum Flughafen fuhr, hatte sie gerade noch Zeit, um Mrs. Toppler den Text zu bringen und erneut ein paar Dinge auf ihrer Liste zu kontrollieren. Sie trat aus der Tür ihres Büros in die solide Mauer der spätnachmittäglichen Hitze.

2
    Warum tut man das? fragte sich Dr. Norman Wilfred, als er an seinem unentgeltlichen Businessclass-Champagner nippte und geistesabwesend auf die Welt acht Kilometer unter sich schaute. Warum nur?
    Immer die gleiche Tretmühle. Wieder eine Ansicht wie alle anderen von einem nichtidentifizierbaren Teil der Erdoberfläche acht Kilometer außerhalb der eigenen Reichweite. Dann ein weiterer Flughafen und ein weiterer wartender Wagen. Eine weitere beflissene Versicherung, dass alle Welt angesichts seines Besuchs höchst aufgeregt war. Ein weiteres Gästezimmer mit zwei Handtüchern und einem Stück Seife, ausgelegt auf dem Bett. Es stimmte, die Fred-Toppler-Stiftung stand in wissenschaftlichen Kreisen in dem Ruf, ihre Gastredner gut zu behandeln. Er sah anständigen Wein und bequeme Stühle im milden Sonnenlicht oder warmen Schatten voraus. Trotzdem verspürte er, wenn er an die Vorstellung dachte, die er geben musste, um sich diese kleinen Entschädigungen zu verdienen, bis ins Mark seiner Knochen eine vertraute Erschöpfung.
    »Dr. Norman Wilfred?« würden die Leute sagen, sobald er ihnen vorgestellt wurde, und er sah bereits vor sich, wie sich ihre Mienen veränderten. Er spürte, wie er seinerseits lächeln und den Kopf leicht neigen würde. Wieder einmal würde er die Themen auftischen, die er für das gesellige Beisammensein mit den anderen Gästen parat hatte. Wieder einmal würde er seinen kleinen Vorrat an außergewöhnlichen Kenntnissen, originellen Gedanken und interessanten Ansichten hervorholen. Er würde das bisschen Klatsch anbieten, das er
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