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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Frayn
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über rudimentäre Kenntnisse der englischen Sprache verfügten, große Schwierigkeiten zu verstehen, wer weswegen verhaftet werden sollte – ob es jemand namens Wilfred war, der sich als jemand namens Fox ausgegeben hatte, oder umgekehrt; und ob der Mann, den die Frau so vehement zu ihnen zerrte und dem sie eine Art Manuskript entriss, um ihnen damit zum Beweis vor dem Gesicht herumzufuchteln, Fox oder Wilfred war; und wo Fox war, wenn es Wilfred war, oder Wilfred, wenn es Fox war.
    Um den Job erledigen zu können, dessentwegen sie gekommen waren, verhafteten sie schließlich den Mann, der zur Hand war, wer immer er war. Später, unter den ruhigeren Bedingungen des Polizeireviers, wurde er angeklagt, er habe versucht, einen Tatort zu verlassen, öffentlichen Aufruhr angezettelt, die Zeit der Polizei verschwendet, Beihilfe zum Tod einer noch unbestimmten Anzahl von Menschen geleistet und die Republik Hellas in Verruf gebracht. Annuka Vos, seine Anklägerin oder Verteidigerin, die versucht hatte zu verhindern, dass sie ihn in die grüne Minna warfen, indem sie mit ihrer Handtasche auf den Kopf des Polizeichefs eindrosch, und daraufhin ebenfalls in der grünen Minna landete, wurde nur des versuchten Mords angeklagt.
    Unter den letzten Verwundeten, die eingesammelt wurden, war Cedric Chailey, der Alibi-Brite. »Ich wusste, dass es Ärger geben würde«, sagte er zu Rosamund Chailey, während er noch auf einem Tisch auf der jetzt nahezu leeren Agora lag, sein verletztes Bein ausgestreckt und so gut wie möglich von ihr mit einem Tischtuch verbunden. »Sobald es geheißen hat, dass er Norman Wilfred ist. Ich war mit Norman Wilfred auf dem College. Der Kerl war nicht Norman Wilfred. Und wenn mir irgend etwas zustoßen sollte, sieh zu, dass Control das kriegt.«
    Er gab ihr das Handy, das er Mr. Skorbatow aus der Hemdtasche genommen hatte und das alle Kontakte, Codes und Passwörter des großen Oligarchen enthielt.
    Als Oliver seinen Koffer – oder jedenfalls Dr. Wilfreds Koffer – gepackt hatte und beim Eingang anlangte, war das vielstimmige Heulen der Sirenen von Polizei- und Krankenwagen, die über die Berge zurückfuhren, leiser geworden. Niemand war zu sehen, keine Limousine, kein Taxi. Er klopfte ans Fenster des Pförtnerhäuschens. Klopfte und klopfte – hämmerte mit der Faust dagegen –, denn Elli hatte ihr Headset auf und die Welt um sich herum vergessen.
    »Entschuldigung!« sagte sie, als sie endlich die Scheibe aufschob. »Ich rede mit Tantchen Soussana in Patras. Was für Tricks die Leute in Patras dranhaben! Kann man nicht vorstellen! Wie kann ich helfen?«
    »Ein Taxi, bitte.«
    »Oh, Sie waren bei Vortrag? Ist er vorbei? Wie war es? Kein Regen? Ich habe gedacht, ich höre Donner.«

51
    Auf der Agora erloschen die letzten Kerzen. Der Mond stieg immer höher am Himmel und erfüllte die Ruinen bis in den letzten Winkel mit einem sanften klassischen Frieden. Die warme mediterrane Nacht duftete süß nach Blüten. Von der Anhöhe, auf die sie aus der Kiste ihrer Entführer getreten war, blickte die weiße Göttin gelassen auf ihr kleines Protektorat hinunter und hielt wieder ihre schützende Hand darüber, wie sie es dreitausend Jahre zuvor schon getan hatte. Sie hatte ihrer Insel Frieden und Zivilisation zurückgegeben.
    Ein paar der erschöpften Köche und Kellner, die sich im Schlaf unruhig gerührt hatten, als geschossen und geschrien wurde, schlugen im Mondschein die Augen auf und knabberten vielleicht ein Stückchen herumliegendes Baklava oder tranken einen erholsamen Schluck aus einer vergessenen Flasche Brandy. Giorgios, der sich hingesetzt hatte, um endlich die heißersehnte und wohlverdiente Zigarette zu rauchen, und feststellen musste, dass sie ihm bei all den Strapazen aus der Tasche gefallen war, fand eine Schachtel Zigarren und begnügte sich mit einer davon.
    An einem mondbeschienenen Tisch in einer abgelegenen Ecke schnitt Georgie Nikki noch eine Handvoll Trauben ab, und Nikki schenkte Georgie noch ein Glas Wein ein.
    »Ich habe es gewusst«, sagte Nikki. »Vom ersten Augenblick an, als ich ihn gesehen habe. Tief in meinem Herzen.«
    »Ich auch«, sagte Georgie. »Ich weiß immer, wenn sie Nieten sind. Das ist im Grund nicht schwer, weil sie es immer sind.«
    »Wie hieß der in der Schule?«
    »Meinst du Mr. Wossop?«
    »Nein, der Junge, den du im Umkleideraum versteckt hast … Mr. Wossop ? Der schreckliche kleine Mann, bei dem wir komparative Religion hatten? Mit dem auch?«
    »Nicht
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