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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Informationen zum Autor
    Lion Feuchtwanger wurde 1884 in München geboren.
    Nach vielseitigen Studien gab er die Kulturzeitschrift »Der Spiegel« heraus, schrieb Theaterkritiken und arbeitete an Siegfried Jacobsohns »Schaubühne« mit. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde Feuchtwanger in Tunis interniert, konnte jedoch fliehen. In München vom Wehrdienst suspendiert, nahm er die Übersetzung und Bearbeitung indischer, griechischer und spanischer Dramen wieder auf, zudem entstanden eigene Stücke und Antikriegsdichtung. Die bayrische Räterepublik erlebte er »in großer Nähe führender Männer«.
    Die historischen Romane »Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch« und »Jud Süß« brachten Feuchtwanger Weltruhm. 1925 siedelte er nach Berlin über. Als die Nazis die Macht übernahmen, befand er sich auf einer Vortragsreise in den USA. Seine Bücher wurden verboten, Haus und Vermögen konfisziert. Sanary-sur-mer, Feuchtwangers neuer Lebensort, war zeitweilig ein Zentrum deutscher Emigranten. Hier vollendete er u.a. die »Wartesaal«- und die Josephus-Trilogie. Ende 1936 fuhr er in die UdSSR (»Moskau 1937. Ein Reisebericht für meine Freunde«). 1940 internierten ihn die Franzosen. Ab 1941 lebte er in Kalifornien, wo weitere große historische Romane, Erzählungen, Stücke und Essays entstanden. Feuchtwanger starb 1958 in Pacific Palisades.
    Margarete ist zwölf, als sie Hochzeit feiert mit dem zwei Jahre jüngeren Prinzen Johann von Böhmen. Sie ist klug, sie beobachtet scharf und weiß ihren Verstand zu gebrauchen. Doch all ihr Bemühen ist vergeblich: Was man dem Kind noch mitleidig nachsieht, der erwachsenen Frau verzeiht man ihre Häßlichkeit nicht.
    Resigniert und vereinsamt, ist ihr am Ende auch das Schicksal Tirols gleichgültig.
    Das ausgehende Mittelalter mit seinen dynastischen Machtkämpfen, seinen Intrigen und Leidenschaften wird in diesem Roman lebendig. 1923 geschrieben, eröffnet die »Häßliche Herzogin« die Reihe der großen historischen Romane Feuchtwangers. Seitdem steht sie in der Gunst des Publikums ganz oben.

Erstes Buch

    Zwischen der Stadt Innsbruck und dem Kloster Wilten auf weitem, freiem Blachfeld hoben sich Gezelte, Fahnenstangen; Tribünen waren aufgerichtet, eine Art Rennbahn abgesteckt für Turniere und andere sportliche Spiele des Adels. Für viele tausend Menschen war Raum geschaffen, Bequemlichkeit, Vorbereitung zur Kurzweil. Schon das zweite Jahr bedeckten diese Zelte die Felder von Wilten, wartend auf die große, prächtige Hochzeit, die Heinrich, Herzog von Kärnten, Graf von Tirol, König von Böhmen, ausrichten wollte. Die Klosterbrüder sorgten dafür, daß der Wind die Zelte nicht schädige, daß die Arena für die sportlichen Spiele nicht zuwachse, daß die Tribünen nicht zusammenmorschten. Aber das Fest zögerte sich hinaus, der zweite Hochzeitsplan schien sich ebenso zerschlagen zu haben wie der erste. Die Bürger von Innsbruck, die Mönche von Wilten schmunzelten, die Berge schauten gleichmütig herunter. Die Frauen der Innsbrucker spazierten zwischen den feinen, bunten Leinwänden, die Kinder spielten Haschen über die Tribünen hin, Liebespaare benutzten die Zelte zu willkommenem Versteck.
    Der alternde König Heinrich – ganz Europa ließ ihm gutmütig und ohne Spott den Königstitel, trotzdem er sein Königreich Böhmen längst verloren hatte und nur mehr die Grafschaft Tirol und das Herzogtum Kärnten besaß – ritt mißmutig zwischen den Zelten. Er hatte in der Abtei Wilten ein kleines Frühstück genommen, gebackene Forellen in Ingwer gesotten, Hühner in Mandelmilch, zum Nachtisch Gratias und Konfekt.
    Aber sie verstanden sich in Wilten nicht auf wirklich erlesene Küche: die Nuancen fehlten. Der Abt war ein wackerer, beflissener, gescheiter Herr und ein guter, verwendbarer Diplomat, aber von den Nuancen der Küche verstand er nichts. Ihm jedenfalls, dem König, hatte es nicht geschmeckt, und während sonst nach dem Essen seine Laune sich zu heben pflegte, war sie jetzt noch trüber als zuvor. Er ritt das kleine Stück Weges nach Innsbruck ohne Rüstung. Die knappe, modische Kleidung beengte ihn; es war nicht zu leugnen, er wurde jetzt von Monat zu Monat fetter. Aber er war ein weltmännischer, ritterlicher Herr; er saß prächtig auf seinem edlen, geschmückten Pferd und ließ sich von den unmäßig langen, weiten Ärmeln nicht behindern.
    Leichter Wind ging, flockte den Schnee auf, bauschte die Zeltwände, ließ sie flattern, klatschen. Das
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