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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis
Autoren: Valentin Zahrnt
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stapften über feuchten Untergrund. Komisch, dass der Vermieter keine Ahnung hatte, ob der Tank voll war.
    „Shit!“ Michael, der die Führung übernommen hatte, machte einen Satz. „Hier kommen wir nicht durch.“ Er versuchte, auf dem Gras den Schlamm von seinen Schuhen abzustreifen. Sie brauchten einige weitere Anläufe, bis sie jenseits eines weißen Bandes aus Baumwollgras trockenes Gelände erreichten.
    Laura warf ihr Gepäck zu Boden und ließ sich drauffallen. Auch die Anderen setzten ab. „Ihr habt sie ja nicht mehr alle!“ Sie schaute streitlustig. „Sucht euch die drei hübschesten Mädels aus und lasst sie schleppen, als wären sie Elefanten.“
    „Du bist nur auf Platz vier gekommen.“ Dafür handelte sich Greg einen strafenden Blick von Michael ein, der sich sogleich mit einem Lächeln zu Laura wandte: „Zum Abenteuer gehört auch Anstrengung. Was meinst du, wie gemütlich wir nachher beisammensitzen, wenn wir alles in der Hütte verstaut haben.“
    „Ich weiß, und die besten Freundschaften entstehen im Zelt, wenn man sich in Patagonien einregnen lässt. Irgendwas habe ich mit meinen Kluburlauben falsch gemacht.“
    Greg ließ sich von Michael nicht das Wort verbieten. „Mehr als fünf Sätze hattest du von den Kluburlauben mit deiner Family nie zu erzählen. Wenn du aus Alaska zurückkommst, kannst du fünf Abende durchquatschen.“
    „Und du meinst immer, alle müssen dir zuhören, wenn du den letzten Mist erzählst. Erst hast du dich hingesetzt, und dann hast du‘s ordentlich krachen lassen, und dann hast du dir das Klopapier genommen – alles irrsinnig spannend, weil es um deinen Arsch geht.”
    Greg ging vor Laura in die Knie. „Hast du eine Ahnung, wie viel ich eben für den Flug geblecht habe?”
    „Nur weil Papa dem kleinen Gregor Geld zugesteckt hat, muss der nicht gleich den Dicken raushängen lassen!“
    „Wer weiß, was uns heute noch erwartet“, warf Jan ein. „Wir sollten unsere Zeit lieber nicht mit Streit vergeuden.“
    Greg ließ nicht von Laura ab. „Wenn du mir so kommst, kannst du schon mal Moos sammeln gehen und dir eine Kuhle unter einem Baum einrichten.“
    „Leute!“ Michael zog Greg zurück auf die Beine. „Habt ihr nicht gehört, was Jan gesagt hat?“
    Anna hatte sich einige Meter entfernt und hob ein Bein immer wieder zur Brust.
    „Spiel nicht den gedopten Flamingo!“, schrie Greg. „Irgendwie müssen wir den ganzen Mist zur Hütte kriegen.“
    Michael drehte ihn resolut von Anna weg. „Such nicht gleich den nächsten Streit. Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Ihr geht zurück zur Landestelle und holt eine Fuhre, ich gehe vor zum Wald und suche den Weg.“
    Alle wirkten erleichtert, sich wieder an die Arbeit machen zu können. Jan schien es, dass auch sie sich gestrandet fühlten, auf eigenen Wunsch dem Unbekannten ausgeliefert – daher wohl die Gereiztheit.
    Sie folgten ihren Spuren zum Ufer, beluden sich und liefen in einer Kolonne zurück zum Rucksackhaufen. Beim vierten Gang krallte sich Jan die letzte Tüte mit einem freien Finger, um alles mitzunehmen. Nach einigen Metern schnitten die Laschen ein. Michael hätte ordentliche Säcke kaufen sollen, wenn sie das ganze Zeug schon so weit tragen mussten. Wo lag die Hütte überhaupt? Die Vorbereitung hätte besser klappen können, Überraschung hin oder her.
    Endlich erschien Michael am Waldrand. Aus der Ferne wirkte er zerknirscht, doch als er zur Gruppe trat, lächelte er. „Es wird ein echtes Abenteuer.“
    Laura sah ihn zweifelnd an. „Du meinst, sauanstrengend?“
    „Der Weg ist zugewachsen. Ich habe eine Weile gebraucht, um ihn zu finden.“
    „Zugewachsen? Wieso das?“, fragte Jenny.
    „Weil lange keiner da war.“
    Jenny nickte. Laura fragte grob: „Und warum war lange keiner da?“
    „Weil … Das erzähle ich euch heute Abend, wenn wir beisammensitzen. Eine bizarre Geschichte. Egal, jetzt müssen wir erst mal anpacken.“
    Sie marschierten gemeinsam in den Wald. Gräser und Sträucher hatten den Weg zurückerobert. Nach einer Weile wurde der Bewuchs niedriger und sie kamen schneller voran. Zwischen den Stämmen einer Lichtung konnten sie ein Gebäude ausmachen. Sie ließen das Gepäck fallen und rannten los. Das überwältigende Panorama öffnete sich wieder ihrem Blick. Mittendrin stand ein gelbes Holzhaus mit dunkelgrünen Fensterläden.
    „Unser Märchenschloss!“, rief Jenny, und Jan musste ihr beipflichten: Dieses bunte Haus mit seiner Messingglocke unter dem
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