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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer
Autoren: Shirley Waters
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doch er war flink und kräftig. Beobachte seine Augen … Und tatsächlich: Sie sah seine nächste Bewegung voraus: Er riss den Haken über die Schulter, und sie reckte sich und traf mit der Klingenspitze seinen Unterarm.
    Mit einem ärgerlichen Zischen zuckte er zurück und ließ den Schürhaken fallen. Doch er überraschte sie erneut. Er duckte sich unter ihrem nächsten Schlag hinweg und riss sie von den Beinen. Ihr Kopf schlug gegen die Tischkante, auf jene Stelle, die sie sich schon im Kampf mit dem Burgknecht Fergus angestoßen hatte. Der schier unerträgliche Schmerz ließ Blitze vor ihren Lidern aufzucken. Den Aufprall auf dem Boden nahm sie nur noch dumpf wahr.
    Oxnac warf sich auf sie und drückte seinen Mund auf ihren. Sein abgestandener Atem drang in ihre Nase. Sie würgte. Und fragte sich, ob all das wahrhaftig gerade geschah. Rang sie wirklich mit diesem Mann hier in der Schmiedehütte, während draußen Rouwen um sein Leben kämpfte? Sie versuchte den Mönch fortzustoßen, ihm das Knie ins Gemächt zu rammen, doch das schmerzhafte Pochen in ihrem Schädel machte sie schwach.
    »Halt still, Weib.« Er packte ihren Zopf und schlug ihren Kopf zu Boden. Seine andere Hand knetete ihre Brust. Rúna glaubte zu sterben vor Scham und Zorn. Sie tastete nach dem Schwert, das ihr aus der Hand gefallen war, doch ihre suchenden Finger fanden nichts als Staub und Erde auf dem Boden. War denn nichts in Griffweite, das sie dem Mönch an den Hinterkopf schlagen konnte? Verzweifelt versuchte sie irgendetwas zu fassen zu bekommen.
    »So lag deine dreckige Mutter auch unter mir«, keuchte er in ihr Ohr. »Diese Höllenheidin, die sich mir verweigerte, obwohl ich ihr Geld anbot. Mein Samen hätte sie geheiligt.«
    Er riss an ihren Kleidern und fluchte, als die lederne Hose sich nicht unaufgeschnürt über ihre Hüften schieben ließ. Panik drohte Rúna zu überwältigen. Würde sie jetzt wirklich enden wie ihre Mutter? Oh ihr Götter, das darf nicht sein.
    Draußen schrie Yngvarr.
    Kein Schrei der Furcht, des Schmerzes. Sondern des Triumphes. Hatte er Rouwen getroffen? Starb ihr Geliebter in diesem Moment dort draußen? Würden sie beide sterben? Wie sollte sie ihn mit nach Walhall nehmen, wenn sie ihn nicht einmal sehen konnte?
    Rúnas Fingerspitzen tasteten verzweifelt über den Boden, berührten etwas. Was war das? Ein dünnes Holz … vielleicht ein Pfeilschaft? Hatte sie hier drinnen einen Pfeil verloren? Nein, das konnte nicht sein. Hatte der Schmied hier Pfeile gefertigt? Sie machte den Arm so lang wie möglich, berührte eine Spitze – und stieß sie blindlings in Oxnacs Gesicht.
    Sein Körper bäumte sich auf. Er schrie nicht, was auf schaurige Weise zu ihm passte. Zitternd brach er auf ihr zusammen. Nur mit Mühe gelang es Rúna, unter ihm hervorzukommen. Noch immer benommen und mit schmerzendem Kopf kam sie auf die Füße. Sie entdeckte das Schwert, raffte es auf und wankte zur Tür. Nur einen einzigen Blick warf sie zurück – er hatte sich herumgewälzt, seine Fersen trommelten auf dem Boden, der Pfeilschaft ragte aus einem Auge.
    Rúna stürzte hinaus. Entsetzt sah sie Yngvarr auf Rouwen hocken. In der Faust hielt er sein Messer stoßbereit. Die Klingenspitze schwebte dicht vor Rouwens Augen. Der Glaube, gesiegt zu haben, ließ ihn triumphal lächeln.
    »Wie fühlt es sich an, zu wissen, dass du gleich sterben wirst, Engländer?« Yngvarr kostete seinen Sieg genüsslich aus.
    Rúna bemerkte er erst, als sie ihm die Schwertspitze an die Wange hielt.
    »Lass das Messer fallen, Yngvarr.«
    »Rúna!«, stieß er überrascht aus, verharrte aber ganz still. Er schielte nach ihr, nach ihrer Schwertspitze, die warnend gegen seine Haut drückte.
    »Wenn es dir tatsächlich um mich geht, dann kämpfe mit mir«, sagte sie kalt.
    Auf seinem ansehnlichen Gesicht breitete sich Geringschätzung aus. Sie begriff, dass er sie nie als Kriegerin geachtet hatte. Etwas lag auf seinen Lippen, ein hässliches Wort, und sie war entschlossen, ihm die Zunge herauszuschneiden, sollte er es aussprechen. Doch da schnellte Rouwens linke Faust gegen sein Kinn; sein Kopf schrammte an der Klingenspitze entlang, die eine blutige Spur über sein Gesicht zog. Er brüllte vor Schmerz und Zorn, während Rouwen ihn von sich hinunterstieß. Im Aufspringen verpasste er ihm einen weiteren mächtigen Hieb.
    Noch war Yngvarr jedoch nicht besiegt. Er schüttelte seine Benommenheit ab, sprang hoch und zog zugleich sein Schwert.
    Nicht auf Rouwen
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