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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer
Autoren: Shirley Waters
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stirbt, stirbst auch du, also lass ihm Luft zum Atmen, du Irrsinniger!«
    »Maul halten, Mönch. Der Mann ist zäher als du mir weismachen willst. Rúna, warum so langsam? Durchs Tor mit dir, mach schon!«
    Statt seinem Befehl zu folgen, blieb sie stehen und sah zu, wie er den Burgherrn mit sich zum Tor zerrte.
    Wo niemand anderer als Haakon Steinriese stand.
    Der gewaltige Mann war wie ein Baum: genauso starr und schweigsam. Die Hand lag an seiner Streitaxt. Noch hatte er sie nicht aus dem Gürtel gezogen, doch allein seine schiere Größe schien die Männer in seiner Nähe vor Schreck zu bannen.
    Er machte einen langen, schweren Schritt ins Innere. Yngvarr zerrte die Schlinge vom Kopf Wulfhers, so heftig, dass er ihm Haare mit ausriss, und stieß ihn auf Haakon zu. »Pack ihn und halt ihn fest«, befahl er. Haakon gehorchte und fing den armen Mann auf, indem er ihn im Nacken an seinem Waffenrock packte.
    Yngvarr wendete das Pferd in einem kleinen Bogen und hielt auf Rúna zu.
    Wollte er sie befreien? Oder entführen? Ihre Hände waren schneller als ihre Gedanken. Sie ließ den kurzen Jagdbogen, den man ihr gegeben hatte, von der Schulter gleiten, zog einen Pfeil aus dem Köcher auf ihrem Rücken, zielte auf Yngvarrs Schenkel und schoss. All das dauerte nicht länger als drei Herzschläge. Im gleichen Augenblick sah sie Rouwen wie einen dunklen Schemen von der Seite nahen. Rúna erkannte zu spät, dass er, nun da der Burgherr fort war, Yngvarr angriff. Das lange Schwert hatte er wieder in die Scheide zurückgestoßen, da es bei dem, was er vorhatte, offenbar hinderlich wäre. Mit der Rechten sein Kampfmesser erhoben, reckte er den linken Arm, um nach Yngvarr zu greifen.
    Zuzusehen, wie der Pfeil in seinen Oberarm flog, war, als träfe sie sich selbst. Seine Hand glitt an Yngvarrs Gürtel ab, den er hatte packen wollen. Yngvarr preschte auf Rúna zu, beugte sich vor und griff nach ihr. Der Schreck hatte sie gelähmt, und ehe sie sichs versah, lag sie bäuchlings vor ihm auf dem Pferderücken.
    Sie schrie zornig auf und begann sofort zu strampeln. »Verdammt, lass mich los!« Merkte er nicht, dass er ihren Arm aus dem Gelenk zu reißen drohte, weil er ihr Handgelenk hinter ihrem Rücken gepackt hielt? Oder tat er es absichtlich, damit sie nicht an ihr Schwert kam? »Du hirnloser Ochse«, fauchte sie. »Lass mich herunter! Ich befehle es dir als Tochter Baldvins!«
    »Baldvin hat nichts mehr zu befehlen, und seine Tochter auch nicht. Sie ist närrisch und gehört eine Zeit lang eingesperrt, damit sie wieder zur Vernunft …«
    Plötzlich war ihre Hand frei. Kopfüber stürzte sie vom Pferd, und nur ihren guten Reflexen verdankte sie, sich nicht wehzutun. Geschmeidig ließ sie sich auf den sandigen Boden fallen, rollte herum und sprang wieder auf die Füße.
    Rouwen hatte es geschafft, Yngvarr von seinem Reittier herunterzuziehen, und sie gleich mit. Die beiden hatten sich am Boden ineinanderverkeilt und rangen. Sie fluchten und keuchten und waren wie entfesselte Berserker. Schwerter waren in einem Kampf wie diesem viel zu unhandlich, sie traktierten sich mit Fäusten und versuchten ihre Messerklingen anzusetzen.
    Der Schecke war auch ohne seinen Reiter noch ein Stück weiter gelaufen, doch die Gefahr ließ ihn immer unruhiger werden. Er änderte ständig die Richtung, lief vor und zurück und kam dabei auch Rouwen und Yngvarr mit seinen Hufen gefährlich nahe. Rúna schüttelte ihren Schrecken ab und wollte zu dem riesenhaften Pferd. Einer der Burgknechte war jedoch schneller und zog es am Zügel beiseite. Sie legte eine Hand auf das Schwert in ihrem Gürtel und näherte sich den Kämpfenden, ohne recht zu wissen, was sie tun sollte. Ihr Fuß trat auf einen Pfeil, der ihr, wie alle anderen auch, aus dem Köcher gerutscht war, als sie kopfüber vom Pferd hing. Aber wo war ihr Bogen?
    In die Schotten war Leben geraten; einige spannten Bogen oder hoben Spieße, doch ihnen allen war klar, dass sie nichts tun konnten, ohne Wulfhers Leben zu gefährden.
    Auf der Suche nach ihrem Bogen fuhren Rúnas Augen über den Boden, doch der Anblick der beiden kämpfenden Männer nahm sie gefangen. Rouwen teilte mächtige Fausthiebe aus – aus Yngvarrs Nase floss schon das Blut. Er selbst hatte einen langen Schnitt an der Schläfe, den ihm Yngvarr mit seinem Messer zugefügt haben musste. Vergeblich versuchte Rouwen, ihm sein Kampfmesser an die Kehle zu legen. Die Wunde in seinem Arm schwächte ihn. Er stöhnte auf, als sie sich
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