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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer
Autoren: Shirley Waters
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kleiden dich gut. Oder willst du mit deiner Lügenzunge abstreiten, dass du deinen Schwur gebrochen hast?«
    »Ich habe nicht die Absicht«, rief Rouwen hinüber.
    »Wer bist du, und warum bist du hier?«, fragte Wulfher.
    »Ich bin Yngvarr, der Sohn des Ragnarr, der Anführer der Yoturer, der Schrecken der englischen Küste.«
    Rúna blähte die Backen. Dieser Angeber. »Ich will wissen, was mit meinem Vater ist!«, zischte sie Rouwen zu.
    »Warum bist du hier und nicht Baldvin Baldvinsson?«, fragte Rouwen.
    »Weil Baldvin ein kläglicher Zwerg ist. Zu alt, zu schwach und zu klein, um in dieser Sache irgendetwas zu sagen. Oder auch nur in meinem Gefolge das Schwert zu schwingen.«
    Rúna wollte aufspringen, doch Rouwens Hand auf der Schulter hielt sie zurück. Als sie sich ihm entwinden wollte, packte er ihre Tunika so fest, dass die Ränder in ihre Haut schnitten.
    »Und was ich hier will, du feiger Hund? Was glaubst du denn?«, schnaubte Yngvarr verächtlich. »Ich will dich töten! Ich fordere dich zum Zweikampf. Der Preis ist Rúna. Und die Seele des Verlierers möge in die tiefsten Tiefen Niflheims entschwinden.«
    »O nein! Lass mich ihm das Maul stopfen«, zischte sie, doch Rouwen ließ sie nicht los.
    »Was sagt Ihr, Herr Wulfher?«, raunte er dem Burgherrn zu, während er sie weiterhin festhielt, aber ansonsten missachtete. Am liebsten hätte sie ihren Dolch gezogen und in seine vermaledeite Hand gestochen, damit er sie endlich losließ. »Ohne Eure Einwilligung werde ich nicht kämpfen.«
    »Ich vertraue Euch, Herr Rouwen«, erwiderte dieser ohne zu zögern. »Tötet ihn.«
    »Ich bin einverstanden!«, rief Rouwen hinunter. »Ein Zweikampf um Rúna. Auf Leben und Tod.«

20.
    R úna passte es nicht, sich in der Schmiede neben dem Tor verstecken zu müssen. Aber Rouwen war der erfahrenere Kämpfer, also gehorchte sie ihm. Der Raum war nachtschwarz mit seinen rußgeschwärzten Wänden und roch unangenehm nach kalter Asche und Metall. Sie ließ unruhig den Blick schweifen, da ihr ein unangenehmes Prickeln über den Rücken lief, als beobachte sie jemand. Da war die Esse, Säcke voller Kohlen, eine riesige aufgebockte Holzplatte voll mit Werkstücken, Hämmern, Zangen und Schürhaken, und auf dem Boden lagen allerlei Zeug und Dreck herum. Nein, hier war niemand. Sie war nervös, das war alles. Sie drückte sich nah an die angelehnte Tür und beobachtete, wie Yngvarr durchs Tor ritt.
    Großartig sah er aus, das musste sie zugeben, wie ein Held der alten Sagas. Seine blonde Mähne war von geflochtenen Strähnen durchzogen, die in silbernen Hülsen endeten. Sein Bart war sauber gestutzt, und seine grauen Augen erinnerten an einen stürmischen Himmel. Das Kettenhemd glänzte, so gut war es poliert, ebenso die Sporne. Nicht weniger eindrucksvoll war das Pferd, ein schwarz-weißer Schecke. Das Zaumzeug sah kostbar und neu aus. Langsam ritt er in den äußeren Hof, mit stolzem, durchgedrücktem Rücken. Lässig ruhte seine Schwerthand auf seinem rechten Oberschenkel.
    »Das Tor bleibt offen«, rief er in die Runde. »Die Männer dort oben sollen verschwinden.« Sein Blick suchte den des Burgherrn. »Wenn Ihr mich verratet, ist Eure geliebte Athelna des Todes.«
    Wulfher gab einen Wink, und alle, die auf dem Wehrgang ausgeharrt hatten, auch Rouwen, kamen herunter und verteilten sich an den Hofmauern. Einige Diener und Mägde drückten sich am offen stehenden inneren Tor herum, um zuzusehen. Ihre Mienen waren ängstlich, aber anscheinend überwog ihre Neugier. Rúna erkannte den dicklichen Mann, den man den Burgvogt nannte, und, als ihr Blick nach oben schweifte, sogar jene Dame, die sich mit Fergus vergnügt hatte. Sie stand im Turm an einem der Fenster und hatte die Arme auf die Brüstung gelegt.
    Yngvarr genoss es sichtlich, von all diesen Leuten angestarrt zu werden, während er das Pferd in einem großen Kreis durch den Hof schreiten ließ. Es schien ihn nicht zu beunruhigen, dass die Kriegsknechte grimmig zu ihm hochsahen und der ein oder andere die Hand an den Griff seiner Waffe legte. Er konnte es sich leisten – mit der Geisel Athelna in der Hinterhand. Trotzdem war Rúna beeindruckt, und sie wusste wieder, weshalb sie ihn früher bewundert hatte.
    Und auch, weshalb sie ihn jetzt verachtete.
    Vor Rouwen hielt er an, stemmte sich in die Steigbügel und zerrte an den Zügeln, sodass das Tier unruhig tänzelte und fast stieg. »Engländer! Ich werde dir den Kopf abschlagen und ihn an den Bugsteven der
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