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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch
Autoren: Michael Wigge
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hier um Zigaretten. Doch leider lehnen die beiden die angebotene Tauschware ab. Sie habe gerade aufgehört zu rauchen, erklärt die Tochter. Doch ich bin nicht bereit, mich so schnell geschlagen zu geben:
    Ich: »Diese Zigaretten sind etwas wirklich Besonderes.«
    Mutter: »Danke, brauchen wir nicht.«
    Tochter: »Ne, hab aufgehört.«
    Ich: »Ein Kippchen am Abend kann doch nicht schaden …«
    Mutter: »Doch, kann es.«
    Nach dieser klaren Ansage stehe ich mit meinen Zigaretten wieder alleine in der Fußgängerzone. Eine Frau und ihr Mann kommen mir entgegen und schauen mich traurig lächelnd an, als hätten sie Mitleid mit diesem armen Kerl, der Werbung für Zigaretten machen muss, obwohl er damit heutzutage wohl niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken kann. Ich erkläre ihnen, dass es mir ein wichtiges Anliegen ist, in zweihundert Tagen mein Traumhaus auf Hawaii zu beziehen. Der Mann geht schnell drei Schritte weiter und macht seiner Frau hektische Zeichen, sich nicht mit Verrückten auf der Straße abzugeben.
    Die Frau wittert jedoch ihrerseits eine Chance für eine kleine Promo in eigener Sache. Sie ist Buchautorin und holt ihr frisch erschienenes Buch über das Saarland aus der Tasche. Ich blättere es durch, wobei mir auf einer Seite neben Fotos von Landschaften und lieblichen Dörfern eine Kapitelüberschrift ins Auge fällt: » ERFOLG !« steht dort in fetten Lettern. Ja, das Saarland steht für Erfolg. Spätestens seit der Karriere von Saarland-Star Oskar Lafontaine kann das wohl niemand mehr bestreiten. Vielleicht sollte ich dieses Wort aber auch als positives Zeichen für meine Mission deuten. Wie dem auch sei, die Autorin signiert ihr Buch für mich, nimmt die Zigaretten und folgt ihrem kritisch dreinblickenden Mann.
    Ich recherchiere über das Saarland, um gute Argumente für Tausch Nummer drei zu haben: Das Saarland hat genauso viele Einwohner wie ganz Köln, sechs Autobahnen, und man isst dort kulinarische Köstlichkeiten wie Dibbelabbes oder Löwenzahnsalat. Ob das überzeugen kann?
    In der Fußgängerzone lässt sich tatsächlich eine Geschäftsfrau auf mein Tauschangebot ein, weil sie so sehr von meinen Kenntnissen über den Dibbelabbes angetanist. Sie holt ein kitschiges, silbernes Metall-Häschen aus ihrer Einkaufstasche, das sie eigentlich einer Angestellten zum Geburtstag schenken wollte. Ich überzeuge sie davon, dass das Buch mit dem Dibbelabbes-Rezept ihr viel mehr Freude bereiten wird. Sie stimmt mir zu, möchte das Moosbett, in dem das kleine Häschen sitzt, aus unerklärlichen Gründen aber nicht hergeben. Wir argumentieren hin und her, bis sie es mir schließlich auch überlässt, vor allem wohl, weil sie es eilig hat.
    Jetzt steht das silberne Häschen im Moosbett hübsch in Geschenkpapier eingepackt vor mir auf der Ablage meines Transporters und fährt Richtung Siegburg in Nordrhein-Westfalen.
    Unterwegs versuche ich mein Glück auf einer Autobahnraststätte, doch scheinbar ist das nicht der richtige Ort, um kitschige, silberne Häschen im Moosbett an den Mann oder die Frau zu bringen. Der erste Autofahrer, den ich anspreche, weigert sich, überhaupt mit mir zu reden, und wirkt beinahe verängstigt, als er schnell das Weite sucht. Ein Brummifahrer macht Handbewegungen, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen, als ich versuche, ihm das Häschen durchs Fenster anzureichen. Auch er hat es eilig weiterzukommen.
    Doch ein junges Pärchen, das gerade seinen Wagen aussaugt und mich an die DSDS -Version von Marc Terenzi und Sarah Connor (natürlich vor ihrer Trennung) erinnert, zeigt sich aufgeschlossener. Sie erlauben mir einen Blick in ihren Kofferraum, er ist voller Gerümpel und wirkt, als hätten sie hier nur auf jemanden gewartet, der ihnen etwas zum Tausch anbietet. Neben diversen Sprays, einem Handfeger und vielen Zeitschriften sehe ich einen Verbandskasten, mit abgelaufenem Verfallsdatum, aber unbenutzt. Der junge Mann, alias Marc Terenzi, willigt in den Tausch ein. Ich frage ihn und seine Freundin, ob sie keine Bedenken hätten, sich so ganz ohne Verbandskasten wieder auf den Weg zu machen. Sarah Connors Ebenbild erwidert, dass das Glückshäschen ihnen in der Not bestimmt besser helfen würde als der olle Kasten. Ich sehe das anders und ertausche deshalb fröhlich den Verbandskasten. Damit fahre ich weiter zu meinem eigentlichen Ziel, nach Siegburg.
    In dieser kleinen Stadt mit ihrem historischen Kern gibt es ein ebenfalls historisches, 125 Jahre altes Gefängnis, heute
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