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Wiedersehen mit Vamperl

Wiedersehen mit Vamperl

Titel: Wiedersehen mit Vamperl
Autoren: Renate Welsh
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Erlebnisse mit Vamperl gingen ihr durch den Kopf. Es
     gab so viele Kirchtürme, so viele Schlösser, so viele alte Klöster in diesem Land, so viele Plätze, wo eine junge Vampirfamilie
     sich höchst gemütlich einrichten könnte. Sie war überzeugt, dass Vamperl und Vamperlina inzwischen Kinder hatten oder mindestens
     ein Kind. Sobald sie nach Hause kam, musste sie sich erkundigen, wie lange die Tragzeit bei Fledermäusendauerte. Obwohl natürlich das, was für Fledermäuse galt, nicht für Vampire gelten musste, und schon gar nicht für Vamperl
     und seine Gefährtin. Der Bus blieb stehen, die Gesellschaft folgte artig dem Reiseleiter zu den Resten einer alten Burganlage.
     Denise und Dennis kletterten sofort auf die brüchige Mauer und baten Frau Lizzi sie da oben zu fotografieren. Im Sucher sahen
     die beiden noch jünger und noch strubbeliger aus als sonst.
    Eusebius erzählte Leonora irgendetwas, sie lachten vergnügt und achteten nicht darauf, dass sowohl Frau Pfeiffer als auch
     Herr Stanzer sie mit höchst missbilligenden Blicken beobachteten. Lucinda hatte in der Wiese ein Kräutlein entdeckt, das sie
     schon lange suchte, und sich jubelnd darauf gestürzt. Herr Schmied betrachtete die Berge mit seinem üblichen sorgenvollen
     Blick, während seine Frau mit hoch erhobenen Armen dastand und feierlichverkündete, dies sei ein ganz besonderer Platz, sie fühle deutlich die Gegenwart der alten Götter. Sie begann zu summen, eine
     sehr getragene Melodie, die auf- und abschwoll.
    »Wenn Sie Lust haben«, meinte der Reiseleiter, »können wir ins Dorf hinuntergehen. Viele Häuser sind verlassen, in manchen
     hat man den Eindruck, die Leute könnten jederzeit zurückkommen.«
    Frau Lizzi stimmte so eifrig zu, dass niemand das Herz hatte, etwas Gegenteiliges zu sagen.
    Die Dorfstraße war leer, vor einem Haus döste ein dicker Hund in der Sonne und ließ sich nicht von den Fliegen stören, die
     um seine Schnauze surrten. Wenn nicht hin und wieder seine Ohren leicht gezuckt hätten, hätte man glauben können, er sei tot.
     Vor einem der Häuser blühten zwischen Brennnesseln und Disteln rote Rosen und sonnengelbe Ringelblumen.Frau Lizzi öffnete das schiefe Gatter und marschierte entschlossen zum Haus. Die Tür knarzte laut beim Aufgehen. Frau Lizzi
     spazierte durch die Küche mit dem riesigen gemauerten Herd in die Stube, wo Spinnen kunstvolle Netze vor die Fenster gehängt
     hatten. Dann kletterte sie über die steile Holztreppe hinauf. Goldene Staubkörnchen tanzten in den Lichtkegeln, die durch
     die kleinen Fenster in den stickigen Raum fielen.

    Plötzlich hörte sie Schritte und drehte sich um. »Ach, Sie sind es, Herr Stanzer!«
    Auch in dem düsteren Raum sah sie, wie weiß sein Gesicht war.
    »Sie haben es längst gewusst«, stieß er hervor.
    »Was?«, fragte sie um Zeit zu gewinnen.
    Er hob gebieterisch die Hand. »Meine Forschungen sind an einem Punkt angelangt, wo ich nicht mehr allein weiterarbeiten kann.
     Ich brauche Mitarbeiter.«
    »Aber Sie haben doch Eusebius. Er ist ein so netter Kerl.«
    »Leider nur das. Ich brauche
fähige
Mitarbeiter, nicht
nette,
ich brauche einen Computer mit Spezialprogrammen. Und ich brauche Geld. Nicht für mich! Ich stehe vor Erkenntnissen, die das
     gesamte Weltbild revolutionieren werden. Sagen Sie selbst, was wichtiger ist: Ob eine alte Tratschtante Perlen um den faltigen
     Hals trägt und eine eitle Ziege sich mit einem goldenen Armband beschwert oder ob das Sinnliche und das Übersinnliche endlich
     versöhnt ein neues Zeitalter höherer Erkenntnisbegründen können. Für all das brauche ich Geld, Geld und nochmals Geld. Die Zeiten sind vorüber, wo ein Forscher alleine Entdeckungen
     machen konnte, die die Welt verändern. Und darum, nur darum musste ich den Schmuck an mich nehmen!«

    Seine Stimme war fast umgeschlagen, er stand hochaufgerichtet vor ihr mit ausgestreckter Hand.
    »Also ich weiß nicht«, stotterte Frau Lizzi, »das ist alles viel zu kompliziert für mich, ich bin eine dumme alte Frau   ...«
    Er trat einen Schritt näher. »Es hat keinen Sinn, wenn Sie versuchen sich zu verstellen. Ich weiß, wer Sie sind, und ich dulde
     nicht, dass die Mächte der Finsternis den Siegeszug des Lichtes behindern!«, schrie er, packte ihre Schultern und schüttelte
     sie mit einer Kraft, die ihm niemand zugetraut hätte. »Wenn es nötig ist, so bringe ich auch Sie auf dem Altar der Wissenschaft
     als Opfer dar!«
    Frau Lizzi wurde schwarz vor Augen, ihre
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