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Wieder nur ein Spiel

Wieder nur ein Spiel

Titel: Wieder nur ein Spiel
Autoren: Lynne Graham
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und zierlich und hatte ihr langes rotes Haar aus praktischen Gründen zu einem Pferdeschwanz hochgebunden. “Hier gibt es so viele begeisterte Reitschüler, dass ich Sie das ganze Jahr über beschäftigen könnte.”
    Emily wich nervös dem Blick der älteren Frau aus. Die Wahrheit über ihre Rastlosigkeit durfte Alice niemals erfahren. “Ich halte es eben nirgendwo lange aus, mich zieht es ständig weiter”, antwortete Emily schließlich ausweichend.
    “So ein Unsinn!” meinte Alice und schüttelte den Kopf. “Sie haben einen sechs Monate alten Sohn. Kleine Kinder brauchen Beständigkeit. Und ich brauche eine gute Reitlehrerin, das wissen Sie.”
    Emilys zarte Wangen röteten sich leicht. Sie hätte das Angebot nur zu gern angenommen, aber es ging einfach nicht. “Es tut mir wirklich Leid, aber ich muss … “
    “Sie sind doch keine Vagabundin, oder?” unterbrach Alice sie unwirsch.
    “Warum geben Sie nicht zu, dass Sie vor irgendetwas oder jemandem davonlaufen? Ich sehe Ihnen doch an der Nasenspitze an, dass etwas nicht stimmt.”
    Emily biss sich auf die Lippe und senkte verlegen den Blick. War sie wirklich so leicht zu durchschauen?
    “Also hatte ich doch Recht”, gab Alice sich selbst die Antwort. “Ich hatte mir schon gedacht, dass Sie in der Klemme stecken. Sie sind immer so ernst und verschlossen, obwohl das wahrscheinlich sonst gar nicht Ihre Art ist. Und jedes Mal, wenn Fremde hier aufgetaucht sind, haben Sie es mit der Angst zu tun bekommen.” Sie legte Emily sanft die Hand auf den Arm. “Wollen Sie mir nicht sagen, was Sie bedrückt?”
    “Ich … ja, ich laufe vor etwas davon, aber ich habe keine Gesetze gebrochen”, versicherte Emily schnell. “Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen.”
    Aber stimmte das wirklich? War sie tatsächlich nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen? Wie sollte sie das wissen, da sie bis jetzt noch keinerlei juristische Beratung in Anspruch genommen hatte? Acht Monate war Emily nun schon auf der Flucht, und während dieser Zeit hatte sie sich weder ihrer Familie noch irgendeinem anderen Menschen anvertraut.
    “Laufen Sie vielleicht vor einem Mann davon?” fragte Alice prompt und traf damit genau ins Schwarze. “Mit Davonlaufen löst man aber kein Problem, mein Kind. Wenn Sie mir sagen, was passiert ist, kann ich Ihnen vielleicht helfen.”
    “Sie waren wirklich sehr nett zu uns, Alice”, erwiderte Emily angespannt.
    “Aber wir müssen morgen fahren.”
    Als Alice Tränen in Emilys Augen schimmern sah, seufzte sie auf und umarmte Emily herzlich. „Falls Sie es sich doch noch anders überlegen, steht Ihnen meine Tür jederzeit offen.”
    Emily atmete tief durch, als sie Alice zurück zum Haus gehen sah. In einem Punkt hatte die liebenswerte ältere Frau sicherlich Recht: Weglaufen löste niemals ein Problem. Acht Monate war es nun schon her, dass sie, Emily, Portugal verlassen hatte. Sie war voller Hoffnung auf Hilfe zu ihren Eltern nach England gefahren und bitter enttäuscht worden.
    „Mit deinen Eheproblemen wollen wir nichts zu tun haben!“ hatte Emilys Mutter geschimpft. “Also verschone uns gefälligst damit!”
    “Du gehst sofort zurück zu deinem Mann!” lautete der Kommentar ihres Vaters. “Bei uns kannst du auf keinen Fall bleiben.“
    Auch Hermoine, Emilys älteste Schwester, hatte sich schrecklich aufgeregt.
    “Bist du verrückt geworden?” hatte sie Emily angeschrieen. “Du ruinierst mit deinem unmöglichen Verhalten noch den Ruf unserer Firma!”
    “Du kannst wirklich nicht ganz bei Trost sein, einen Mann wie Duarte zu verlassen”, hatte Emilys zweite Schwester Corinne verächtlich gemeint. “Und glaub ja nicht, dass wir dich dabei auch noch unterstützen.”
    Emily war viel zu enttäuscht und frustriert gewesen, um sich mit ihrer Familie zu streiten. Aber weshalb war sie überhaupt enttäuscht? Hätte sie sich nicht denken können, wie ihre Eltern reagieren würden? Während ihrer ganzen Kindheit hatte Emily vergeblich auf ein bisschen Liebe und Zuneigung gehofft, und nun war auch der letzte Schimmer Hoffnung zerstört worden. Sie musste sich endlich damit abfinden, dass sie eine Außenseiterin war - jemand, der in dieser Familie unerwünscht und all die Jahre nur geduldet gewesen war.
    Warum das so war, wusste Emily nicht. Aber eines hatte sie schmerzlich erfahren müssen: Ganz gleich, was sie in ihrem Leben tat, auf ihre Familie konnte sie nicht zählen. Also hatte sie ihren Verlobungsring verkauft und von dem Erlös ein
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