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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache
Autoren: Martin Ruetter
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Mattes und sah sie mit liebevollem Blick an. Damals hätte er sich nicht vorstellen können, jemals einen eigenen Hund zu haben, aber in den letzten Jahren hatte er bemerkt, dass er beim Laufen im Park zunehmend interessierter auf die Hunde geblickt hatte, die ihm als Jogger grundsätzlich nicht egal sein konnten. Er hatte schnell abschätzen können, ob ein Hund, der auf ihn zu rannte, eine Gefahr bedeuten konnte, oder ob es eine harmlose Begegnung sein würde. Und irgendwann hatte er mit leichter Verwunderung erkannt, dass er selber einen Hund haben wollte. Das war, als er einem netten Hund mit dem gleichen Blick hinterhersah, wie manche junge Frauen auf die Babys in fremden Kinderwagen blickten. Es war eine der wenigen Entscheidungen im Leben, die er mehr oder weniger bewusst getroffen hatte. Dass es nun ausgerechnet Mina geworden war, lag an der Bekannten eines Bekannten, die fast verzweifelt nach Abnehmern für die Welpen ihrer Hündin gesucht hatte. Mattes hatte damals mit einem schnellen Griff in das Hundeknäuel Mina herausgezogen. »Den will ich«, hatte er gerufen, und die Bekannte des Bekannten hatte gesagt: »Es ist eine DIE.« Warum es ausgerechnet Mina und keiner der anderen Retriever-Mix-Welpen sein musste, konnte sich Mattes auch später nie erklären. Vielleicht, weil sie sich angesehen hatten und er unbewusst gespürt hatte, dass sie das Leben lässig sah und nicht stundenlang sportlich beschäftigt werden wollte. Sie sah nach weicher Couch und gefülltem Napf aus, und das war eine Ausstrahlung, die Mattes sehr entgegenkam.
    Sarah war damals vor Begeisterung fast verrückt geworden, als er mit der tapsigen Mina nach Hause gekommen war, aber diese hatte sich in dem gleichen Tempo, in dem Mina heranwuchs, gelegt. Ab da hieß Mina »der Hund«, und die an der Couch hängenden Haare waren ekelhaft, das friedliche Schnarchen aus dem Hundekorb nervig und das unbeholfen wirkende Herumspringen, wenn Mattes mit ihr spielte, Hyperaktivität. Mina und hyperaktiv, dachte Mattes und schüttelte verständnislos den Kopf. »Wenn ich mir ein Tier aussuchen könnte, wäre das auf jeden Fall eine Katze«, sagte Sarah häufig in einem Tonfall, der aussagte, dass Katzenbesitzer selbstverständlich weit oberhalb aller Hundebesitzer standen. Hunde waren das Proletariat, Katzen der Adel. Und das traf natürlich auch auf die jeweiligen Halter zu. Mattes war sicher, dass Sarah den freigewordenen Platz auf dem Sofa, den bis vor einigen Monaten er und »der Hund« belegt hatten, sofort an eine Katze vergeben hatte. Vermutlich an etwas hoheitsvoll-asiatisches. So ein Vieh, das immer nur rumstand und mit großen, vorwurfsvollen Augen über die Zustände klagte. Futter indiskutabel, Schlafplatz nicht weich genug, Personal unterste Schublade. Hatte Sarah eigentlich auch schon einen neuen Freund auf dem Sofa? Hoffentlich mochte der Katzen …
    Mina lief ein paar Meter vor ihm her und er fand sie immer noch toll. Selbst wenn sie sabberte und bei Regenwetter wie nasser Hund roch. Und warum sollte sie nicht danach riechen, sie war dann ein nasser Hund! Das war auch so ein Argument, das Sarah nie verstanden hatte.
    Das Hundemagazin fiel ihm ein. Warum denn eigentlich nicht? Ein Katzenmagazin oder etwas mit Reptilien oder ein Fachheft der Friseur-Innung, das wären weit von ihm entfernt liegende Themen gewesen. Da hätte er sich komplett einlesen müssen, und ob ihn das jemals nur ein Fitzelchen interessiert hätte, war fraglich. Aber Hunde? Die fand er gut. Nicht alle, aber wenn er mit Mina im Park war, fühlte er sich als Teil der großen Gruppe von Hundehaltern. Naturmenschen eben. Unkompliziert, robust und bei Wind und Wetter unterwegs. Das hatte etwas zutiefst Urzeitliches. Der Jäger, der mit dem gezähmten Wolf unterwegs war.
    Ihm war klar, dass Minas sanftes, bequemes Wesen so viel mit dem Wolf gemeinsam hatte wie Tante Thea mit Audrey Hepburn. Sie waren zugegebenermaßen beide weiblich, aber das war es auch schon, doch er wusste, dass tief in Mina noch der Urahn schlummerte. Ein Wolfsahn, der zwar auf den fertig gefüllten Futternapf wartete, in jedem vorüberrollenden Ball aber noch den Hasen erkannte und vom Jagdfieber gepackt wurde. Wenn der Hase rund und bunt war und quiekte, sobald er mit den Zähnen gepackt wurde, umso besser. Und noch schöner, wenn Mattes ihn mit Schwung auf den Boden warf und er durchs Wohnzimmer titschte. Im Gegensatz zu seinem im Laufe der Generationen ziemlich verweichlichten Hund war Mattes, nach
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