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Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte
Autoren: Michaela Grünig
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Jetzt schnappe ich nach Luft. Max, Linda, Stefan, Tom und der Polizist beobachteten uns gespannt. So als würde hier gerade eine neues Theaterstück uraufgeführt. Fehlt nur noch, dass sie anfangen, zu klatschen. Mein Vater blickt mich in seiner typisch unterkühlten Art an und will gerade wieder den Mund aufmachen, als mir noch etwas anderes einfällt.
    »Ach ja, und für den Fall, dass dich Psychosen-Meyer noch nicht erreicht hat: Meine Therapie ist
abgeschlossen
. Basta. Fertig und aus.« Ich grinse beglückt, denn ich kann mich nicht daran erinnern, schon jemals zuvor so effektiv mit meinem Vater kommuniziert zu haben. Normalerweise schweigen wir uns entweder an (86 % der Zeit) oder überschütten uns gegenseitig mit Vorwürfen (14 % der Zeit).
    »Bist du fertig, Kind?«, fragt mein Vater mit gewohnt steifer Stimme.
    Ich rolle innerlich mit den Augen. Natürlich bin ich fertig! Fix und fertig! Aber ich nicke.
    »Liebe Victoria«, setzt mein Vater an. »Ich bin tatsächlich von Herrn Dr. Meyer über den Abschluss deiner Therapie unterrichtet worden und …«
    »Vergiss es«, rufe ich dazwischen. »Ich fange ganz sicher nicht schon wieder mit der nächsten an.«
    Mein Vater räuspert sich, bevor er weiterspricht, »… und ich wollte dir ganz herzlich dazu gratulieren. Ich bin sehr stolz auf dich.«
    Was? Ich war sprachlos.
    »Vorhin hat mich dann die Kriminalpolizei von deiner Festnahme in Kenntnis gesetzt, und da wollte ich mich nur mit eigenen Augen vergewissern, dass sie dich hier anständig behandeln. Im Übrigen bin ich fest davon überzeugt, dass du dich auch
ohne
mein Dazutun aus dem …«, man sieht, dass ihm das Wort »Gefängnis« nicht so recht über die Lippen will, »… aus dieser misslichen Lage befreien kannst. Bitte melde dich, wenn du es geschafft hast, oder falls du doch noch ein klein wenig Hilfe benötigst!«
    Mit diesen Worten nickt mein Vater einmal zum Abschied, dreht sich um und verschwindet durch die gleiche Tür, durch die er gekommen war. Ich bleibe in nicht gerade geringem emotionalen Aufruhr zurück.
    »Sie haben aber einen netten Vater«, meint der Polizeibeamte wohlwollend. Zu meiner eigenen Verwunderung nicke ich. Max lächelt mir zu.
    »Freust du dich, dass die Therapie bei Dr. Meyer endlich vorbei ist?«, will er wissen.
    »Ich kann noch nicht so recht dran glauben«, flüstere ich ihm zu, »wahrscheinlich ist es nur ein Versehen.«
    »Ist es nicht«, sagt Max wie aus der Pistole geschossen.
    »Woher willst du denn das wissen?«, frage ich perplex.
    Max grinst verschmitzt. »Weil ich den Doc davon überzeugt habe, dass zehn Jahre Therapie ohne jegliche Besserung der Symptome ihm
selbst
als Unfähigkeit ausgelegt werden könnten.«
    Mir verschlägt es schon zum zweiten Mal heute gründlich die Sprache!
    »Max«, kann ich nur flüstern. »Max!«
    Aber er versteht, was ich meine, und drückt nur ganz fest meine Hand. Ein paar Minuten sitzen wir einfach nur so da. Dann fällt mir schon wieder eine Frage ein.
    »Du, Max? Als du gedacht hast, dass ich mit Tom …, du weißt schon, … zusammen bin, warum hast du denn dann trotzdem meinetwegen mit Psychosen-Meyer gesprochen?«
    Er zuckt mit den Schultern. Dann lächelt er. »Du hast eben irgendetwas an dir … ich muss dich einfach beschützen.« Seine Stimme wird noch etwas leiser. »Deshalb wollte ich dich auch unbedingt vor einer Verhaftung bewahren, aber du … bist eben zu störrisch!« Er grinst verlegen.
    »Warum hast du mich denn nicht selbst verhaftet?«, flüstere ich. »Ich denke, du leitest Toms Fall?«
    Max beißt sich auf die Lippen. »Zuerst habe ich mich geweigert. Einen Mangel an Beweisen vorgetäuscht. Aber dann … plötzlich war dein Foto überall im Fernsehen, und mein Boss …«
    Oh Gott, was hatte ich nur angerichtet. Er hatte bestimmt seine Karriere für mich aufs Spiel gesetzt. Mir wird auf einmal ganz übel. Er muss mir meine Gefühle wohl ansehen, denn auf einmal reibt Max mir aufmunternd den Arm.
    »Vicki, komm schon …, das renkt sich alles wieder ein!«, tröstet er mich.
    In diesem Moment geht die Flurtür zum dritten Mal auf. Ein Polizist streckt den Kopf rein. »Sie können jetzt kommen. Ihr Anwalt ist da.«

[home]
    86.
     
     
     
    D er alte Leenders war schon eine beeindruckende Persönlichkeit, dachte Blitzi, als er den ehrwürdigen Unternehmer so vor sich sitzen sah. Leenders hatte ihn nach seinem Besuch auf der Polizeiwache noch kurz treffen wollen, und so hatte man sich auf ein Bier im
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