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Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte
Autoren: Michaela Grünig
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den Schubladen auf, immer verstecken sie …
    Halt! Die Putzfrau. Oh Gott, der sag ich wohl auch besser ab. Während ich ihre Nummer wähle, entdecke ich die Kamera unter dem Sofa.
    »Frau Seibl? Frau Seibl, ich glaub, ich hab Windpocken. Besser, Sie kommen erst mal nicht.« Geschickt angle ich die Kamera mit meinem Fuß hervor. »Was? Die hatten Sie schon?! Vielleicht ist es auch Mumps. Auf jeden Fall ansteckend. Wie lange? Keine Ahnung. Ich ruf Sie an!«
    Bums, aufgelegt und erledigt. Also, dann wollen wir mal fotografieren. Auf dem Weg zum Schlafzimmer muss ich leider noch einmal den Korridor entlangspazieren. Eben – auf dem Hinweg – war es mir ganz gut gelungen, zur anderen Seite zu blicken, aber jetzt fällt mein Blick – wie von einem Magnet angezogen – auf die Reihe der gerahmten Fotos, die ich dort bei meinem Einzug an die Wand gehängt habe. Meine Familien- und Freundegalerie. Unwillkürlich bleiben meine Augen an Lindas Bild kleben. Es zeigt ihr lachendes Gesicht in Großaufnahme vor einem strahlend blauen Himmel. Sie sieht darauf genauso aus, wie sie ist: stark, lebenslustig und charakterfest. Wenn jemand, der sie nicht kennt, ihren Beruf erraten müsste, würde er rein optisch wahrscheinlich auf Ski- oder Surflehrerin tippen, so sonnengeküsst und wild zerzaust sehen ihre Haare aus. Außerdem hat sie diese entzückenden Sommersprossen auf der Nase. Obwohl wir fast gleich alt sind, ist Linda irgendwie auch immer ein bisschen wie eine große Schwester für mich. Sie muntert mich auf und tritt mir bisweilen – aber nur wenn notwendig – verbal in den Allerwertesten.
    Schade. Je länger ich ihr Bild betrachte, desto kritischer wird Lindas Blick. Nein, sie würde die ganze Aktion hier nicht billigen. Ganz sicher nicht. Wie gut, dass sie gerade rund sechshundert Kilometer weiter auf einem Kongress im fernen München weilt. Trotzdem … Lindas Augen verurteilen mich und meine Absichten. Das fühlt sich jetzt nicht so wahnsinnig gut an. Kurz entschlossen nehme ich ihr Bild vom Haken und lehne es verkehrt herum an die Wand. Puh, schon geht’s mir besser.
    Leise öffne ich die Tür. Das Bild von einem Mann liegt auf meinem Bett. Mein Bauch beginnt zu kribbeln. Braune Lederjacke, weißes Hemd und Jeans. Cooler geht’s doch wirklich nicht! Vorsichtig schleiche ich mich näher heran. Klick. Ich lege das Polaroid zum Trocknen auf den Nachttisch. Klick. Diese winzige Narbe an seinem Kinn! Es kostet wahnsinnige Überwindung, mich nicht an ihn zu schmiegen. Ob ich mal eins von uns zusammen …
    Probeweise halte ich die Kamera am ausgestreckten Arm. Doch, das müsste klappen. Zentimeter um Zentimeter lasse ich mich vorsichtig neben ihn aufs Bett gleiten. Er riecht atemberaubend gut. Diese Mischung aus Leder und abgestandenem Rauch, Aftershave und Restalkohol ist so unglaublich anziehend! Aber ich beherrsche mich. Seiner »Aufgabe« reißt man schließlich nicht einfach so die Klamotten vom durchtrainierten Luxusleib. Klick! Gebannt schaue ich auf das Polaroid. Da! Man sieht schon was. Wow, Tom und ich. Unser erstes gemeinsames Foto!
    Es stört auch kein bisschen, dass er die Augen zu hat. Und selbst die silbernen Handschellen, die ihn am Bettpfosten festhalten, bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Himmel! Thomas – Tom – Schneider in meinem Schlafzimmer! Oder ist es doch nur ein Traum? Mehr als drei Stunden Schlaf hatte ich nämlich heute Nacht nach der ganzen Aktion nicht. Ich kneife mich gleich zweimal in den Arm. Autsch! Und noch mal. Autsch! Nein, ich bin eindeutig wach. Er liegt tatsächlich in meinem Bett. Genau so (okay, minus Handschellen), wie ich es mir hunderttausend Mal ausgemalt habe. Wahnsinn! Mein Plan, Tom in meine Wohnung zu lotsen, entstand folgendermaßen …
    Hoppla! Er stöhnt! Seine männlich-breiten Schultern zucken. Da, er dreht den Kopf auf die andere Seite. Ob er schon aufwacht?! Hilfe, jetzt wird mir doch ein klein bisschen mulmig. Ganz freiwillig ist er nämlich nicht hier, auch wenn er sich nicht wirklich dagegen gewehrt hat.

[home]
    2.
     
     
     
    S eit wann haben Sie Ihren Verlobten nicht mehr gesehen?«
    Nicole Kramer, Kriminaloberkommissarin in der Polizeiinspektion Köln Mitte, betrachtete ihr Gegenüber aufmerksam. Genauso, wie man es ihr auf der Polizeihochschule in Münster eingetrichtert hatte. Allerdings hätte sie es sich nicht träumen lassen, dass sie nach ihrem zweijährigen, sehr erfolgreichen Studium noch immer hier auf der Wache Dauerdienst machen
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