Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte
Autoren: Michaela Grünig
Vom Netzwerk:
aus? Ich trage immer noch meine Kidnapper-Kluft: schwarze Jeans zu schwarzem T-Shirt …
    Beim Anblick meines begehbaren Kleiderschranks werden die meisten Frauen, die ich kenne (Linda ausgenommen), grün vor Neid. Dabei sehe ich die mit Designerklamotten gefüllten, maßgefertigten Schränke, die Vitrinen und Regale mehr als Reparationszahlungen an, die meine Eltern für ihren hedonistischen Lebensstil an mich entrichten. Außerdem fühlt sich meine Mutter wesentlich besser und weniger als der Shopaholic, der sie eigentlich ist, wenn sie alle Outfits anstatt nur in Größe 34 (für sich) gleich noch mal in Größe 38 (also für mich) kauft. Aber zurück zur Kleiderfrage: Wie präsentiert man sich seinem eigenhändig entführten Traummann am besten?
    Ich gehe meine Roberto-Cavalli-Ecke durch. Unschlüssig halte ich mir eins seiner Leopardenprint-Flatterkleider vor die Brust. Aber diese Kleider sind immer so eine Sache. Klar, in gewissen Situationen kann man sich ihrer mit einem Ratsch entledigen. Aber erstens wirkt man damit schnell overdressed, und zweitens will ich ja hier und heute nicht als Sexsymbol, sondern mehr als Respektsperson wahrgenommen werden.
    Ich drehe mich vor dem Spiegel. Das strenge mausgraue Jil-Sander-Kostüm passt perfekt. Sogar von hinten. Es sagt: Diese Frau weiß genau, was sie will, und fackelt nicht lange. Aber mausgrau – ich weiß nicht. Ähnlich ergeht es mir übrigens mit den vormals hochaktuellen Nude-Tönen. Ich sehe in den hippen »Fleischtönen« ungefähr so sexy aus wie meine Uroma, da diese dezenten Nichtfarben kombiniert mit meiner zumeist vornehmen Blässe eher Assoziationen an Stützstrümpfe aus dem Orthopädiefachgeschäft hervorrufen. Sehnsüchtig blicke ich auf die einzige Ecke meines überdimensionierten Schranks, die ich wirklich nutze: meine Jeans und T-Shirts.
    Unschlüssig halte ich in meiner Unterwäsche inne: Die Kleiderfrage gestaltet sich doch schwieriger als erwartet. Ähnlich schwierig übrigens wie die Klärung der Frage, worüber ich mit ihm reden könnte, wenn er aufwacht. Man soll ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Zur Vorbereitung hatte ich deshalb bereits ausgiebig einschlägige Publikationen wie »Movie Maker«, »Psychologie heute«, »Kicker« und »Men’s Health« studiert. Folgende neutrale Themen hatte ich für unseren ersten Verbalaustausch vorbereitet:
Jennifer Aniston versus Angelina Jolie
,
die Formkrise des 1. FC Köln
,
Waschbrettbauch in fünf Tagen
und
Mit Astro-Feng-Shui zum neuen Glück
.
    Mir persönlich würde ja das Jennifer-Angelina-Thema am meisten liegen, denn hierzu hatte ich mir tatsächlich eine eigene Meinung gebildet und nicht nur eine angelesen. Mal nebenbei bemerkt: Natürlich sympathisiere ich mit Jennifer. Für Angelina zu sein, verbietet ja schon mein recht ausgeprägter Gerechtigkeitssinn; schließlich hat sie außer Brad und den hipp gestylten Vorzeigekindern auch noch diverse Oscar-Nominierungen und das edle Madonnengesicht auf ihrem Haben-Konto! Wo soll denn das fair sein? Gott sei Dank scheint Jennifer ja wenigstens jetzt endlich Ersatz für Brad gefunden zu haben.
    Allmählich wird’s ein bisschen frisch nur so in BH und Höschen, aber ich habe keine Lust mehr aufs Anprobieren. Ich streife mir meinen ältesten und kuscheligsten Kaschmirpulli über und setze mich mit gekreuzten Beinen auf den Boden.
    Fragen über Fragen spuken durch meinen Kopf. Was gebe ich ihm zu essen? Schließlich ist an mir kein Jamie Oliver verloren gegangen. Ein Katerfrühstück? Ich hatte alles von rohen Eiern über Currywurst bis Sushi eingekauft. Und der Alkohol!? Hm, das wird man dann sehen. Nur gut, dass er wenigstens nicht schreien kann. In weiser Voraussicht habe ich ihm nämlich den Mund mit Leukoplast verklebt, damit die von Hallbachs unter mir nicht gleich wegen Ruhestörung die Polizei rufen. Puh, das ist alles so verdammt aufregend.
    In meinem Bauch flattert plötzlich ein ganzer Schwarm Schmetterlinge. Ich atme tief durch die Nase ein und stoße die Luft dann ganz, ganz langsam in ein … zwei … drei langen Schüben durch den Mund wieder aus. Genauso wie Psychosen-Meyer es mir in Stresssituationen empfohlen hat. Na, wer sagt’s denn. Wirkt doch. Mein Puls verlangsamt sich zusehends. Der Teppich unter mir fühlt sich auf einmal so flauschig an. Ob ich vielleicht mal für nur eine Minute die Augen zumache?

[home]
    4.
     
     
     
    B litzi schlug die Augen auf und versuchte, in dem ihm unbekannten Zimmer eine Uhr zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher