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Wie Feuer im Regen

Wie Feuer im Regen

Titel: Wie Feuer im Regen
Autoren: Sophie Oliver
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ihre Arme.
    "Ich bin ja so froh, dass ihr hier seid!" Die herzliche Wärme ihres Lächelns schloss Anne mit ein. "Du bist sicher Anne, die Frau, mit der mein Sohn sein Leben teilen möchte. Was habe ich mich darauf gefreut, dich endlich kennen zu lernen. Ich bin Jane."
    Statt eines Händeschüttelns wurde auch Anne von Jane umarmt, bevor sie sie auf Armeslänge von sich schob und von oben bis unten musterte.
    "Du bist wirklich eine Schönheit", sagte sie unumwunden.
    Anne lief rot an. "Vielen Dank, Jane. Und ich weiss jetzt, woher Jamie sein umwerfendes Aussehen hat."
    "Das waren genügend Komplimente", befand Jamie, " Mir ist kalt und du trägst nicht einmal eine Jacke, Mutter. Lasst uns hinein gehen. Er legte jeweils einen Arm um die beiden Frauen und schob sie vor sich her durch die Tür.
    In der Eingangshalle herrschte beinahe die selben eisige Temperatur wie draussen. Jane führte sie die ausladende Treppe hinauf und vorbei an altersdunklen Ahnenportraits ging es nach oben, in die privaten Räume.
    "Ah ja, hier ist es wärmer!", Jamie liess sich erleichtert auf ein Sofa des wohlig beheizten Salons fallen. "Der alte Eispalast ist immer wieder aufs Neue ein Kälteschock. Manche Dinge ändern sich nie."
    "Ich dachte, wir trinken hier einen Aperitif zum Aufwärmen. Danach könnt ihr euch vor dem Essen noch etwas frisch machen."
    "Wann müssen wir zu ihm gehen?"
    "Das hat noch Zeit. Wenn du heute nicht willst, reicht es auch morgen. Er kann sein Bett ohnehin nicht verlassen."
    Jane mixte für alle drei grosse Gläser Gin und Tonic.
    "Was ist mit dem Butler?"' fragte James. "Sollte er das nicht machen?"
    "Sobald dein Vater bettlägerig wurde, habe ich ihn entlassen. Er war doch nur sein Lakai und ich konnte den alten Schnüffler nie ausstehen. Leider habe ich noch keinen Ersatz gefunden."
    "Das ist gut. Ich mochte ihn auch nie."
    „ Aber Hopkins ist noch da. Sie kocht und serviert – allerdings nur tagsüber.“
    Anne bemühte sich, ihr Erstaunen über die unverblümte Konversation zu verbergen.
    Schließlich meinte Jane, "Kind, du musst uns für schreckliche Menschen halten. Und normalerweise spricht man auch nicht so. Aber warte, bis du meinen Mann kennen lernst, dann verstehst du unsere Abneigung."
    An Jamie gewandt fuhr sie fort. "Habt ihr schon ein Datum für die Hochzeit festgelegt?"
    Er schüttelte den Kopf. "Noch nicht. In jedem Fall wollen wir beide keine grosse Zeremonie. Nur die Familie. Allerdings hatte ich gehofft, dass er dann schon tot ist."
    "Das verstehe ich."Janes Stimme war nachdenklich, "Aber mach dir keine Sorgen. Ich denke, er wird nicht mehr lange unter uns weilen..."

***

    Obwohl sicherlich mehrmals täglich gelüftet wurde, hatte sich der süßliche Geruch von versagenden Körperfunktionen, Bettlägerigkeit und fauligem Atem im Flur ausgebreitet. Verschlimmert wurde alles noch von einem riesigen Strauß weißer Lilien, der, wahrscheinlich in bester Absicht, mit den Ausdünstungen des Kranken wetteiferte.
    Er stand in einer blau bemalten Porzellanvase auf einem halbrunden Mahagonitisch.
    „Delfter Blau“, dachte Anne, während sie sich langsam näherten. Die Tür war nur angelehnt, aber da der dicke Teppich das Geräusch ihrer Schritte gänzlich verschluckte, würde Jamies Vater sie bestimmt nicht kommen hören.
    Die üppigen Kelche der Lilien wogen schwer. Es war erstaunlich, dass die Stängel nicht knickten.
    Auf der polierten Oberfläche der Tischplatte hatte sich ein Häufchen gelben Blütenstaubs angesammelt. Bald würden die Blumen verblüht sein. Um sich von der Übelkeit verursachenden Komposition der Gerüche abzulenken, begann Anne im Geiste Blautöne aufzuzählen, bei jedem Schritt einen.
    „ Kobaltblau, Preußischblau, Ultramarinblau, Turnbullblau, Chinablau…“
    Jamies Mutter schob die Tür zum Krankenzimmer weit auf und ging direkt auf die Fenster zu. Anne fiel auf, dass sie die Luft anhielt.
    Im gesamten Raum herrschte Halbdunkel, die Vorhänge waren fest zugezogen. Jane Harkdale streckte rasch eine Hand zwischen die schweren Brokatvorhänge, ohne sie dabei beiseite zu schieben – der Kranke hasste Tageslicht – und öffnete das Fenster dahinter.
    Obwohl nur wenig frische Luft herein gelangen konnte, warf Jamie ihr einen dankbaren Blick zu.
    Erst nachdem sie jedes der Fenster einen Spalt breit geöffnet hatte, trat sie ans Fußende des Bettes und winkte Anne und Jamie zu sich.
    Die beiden waren bis jetzt im Türrahmen verharrt und folgten ihr nur widerwillig.
    Auch hier
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