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Wie Feuer im Regen

Wie Feuer im Regen

Titel: Wie Feuer im Regen
Autoren: Sophie Oliver
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vorhatte, überhaupt Mord?
    Sie schloss die Augen.
    „ Ich wusste es“, seine Stimme war so grausam wie immer, „Du kannst es nicht!“
    Anne fühlte, wie jemand lautlos hinter sie trat. Ein Arm legte sich sanft um ihre Hüfte und eine Hand auf die ihre, ein zweiter Daumen auf ihren Daumen.
    „Alleine kann sie es vielleicht nicht“, flüsterte eine weiche Stimme, „Genauso wenig wie ich. Gott weiß, wie oft ich dich schon töten wollte. Aber zusammen schaffen wir es. Ich hoffe, du schmorst in der Hölle, du widerliches Schwein!“
    Jetzt entspannte Anne sich. Was sie taten war richtig, es musste sein. Sie lehnte sich etwas zurück und Jane Harkdale hielt sie umfangen während sie beide zusammen die Luft aus der Spritze in den Infusionsschlauch drückten. Dann drehten sie den Tropf wieder auf.
    Zusammen sahen sie zu, wie eine längliche Luftblase durch den Schlauch wanderte wie durch eine Wasserwaage, beinahe gemächlich, und in Poffys Arm verschwand.
    Beide Frauen waren überrascht, dass er nicht ruhig verstarb, sondern sein Körper auf dem Bett hin und her geschüttelt wurde und sich aufbäumte. Aber nur kurz. Nach ein paar Augenblicken war es vorbei.
    Der Earl von Breckon war tot.
    Anne drehte sich um und sah Jane an. Keine hatte Tränen in den Augen, oder den Ausdruck von Reue.
    Wortlos verließen sie das Zimmer.
    Im Flur begegneten sie Jamie. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Aber ich habe Hopkins nicht sofort gefunden“
    „Lass uns in die kleine Bibliothek gehen“, meinte Jane und hakte sich bei James unter. „Dein Vater schläft und mir ist etwas mulmig von der schlechten Luft in seinem Zimmer. Du kannst später nach ihm sehen, wenn du möchtest.“
    Jamie war froh, nicht noch einmal ins Krankenzimmer zu müssen und zusammen gingen sie die breite Treppe hinunter und in den kleinen Leseraum, der im Licht der tief stehenden Wintersonne lag.
    Er wunderte sich zwar etwas, dass sowohl seine Mutter, als auch Anne anstatt Tee jeweils einen großen Gin und Tonic nahmen, aber er fand es wunderbar, dass sich die beiden Frauen anscheinend prächtig verstanden.

    Kurz vor dem Abendessen betrat Jane das Zimmer von Jamie und Anne. Sie wusste, dass er im Garten war und dass sie sich zum Dinner umzog.
    Überrascht sah sie einen geöffneten Koffer auf dem Bett liegen, in dem Anne ordentlich ihre Kleidung verstaute.
    „Tu das nicht“, sagte sie leise.
    Anne hielt im Packen inne und blickte sie an.
    „Ich wusste nicht, wer Jamies Vater war. Das musst du mir glauben. Ich wusste nie, dass der Earl von Breckon Geoffrey Harkdale hieß und ich wusste nie, dass Jamie Harkdale der Sohn des Earls von Breckon war. Ich werde sofort gehen.“
    Bevor sie weitersprechen konnte, hob Jane beschwichtigend die Hand.
    „Warte. Ich will dir etwas sagen.“
    Sie setzte sich auf den Bettrand und bedeutete Anne, sich neben sie zu setzen. Dann nahm sie eine von Annes Händen und sah darauf hinab.
    „Ich kenne dich seit langem, Anne Catherine Marsden. Oder sollte ich sagen Chantal Novotny aus Wien?“
    Erschrocken versuchte Anne ihre Hand wegzuziehen, aber Jane hielt sie weiter fest. „Nein, bitte, Kind, lass mich erklären.“
    Jane Harkdale hob den Blick und blickte ihr direkt in die Augen.
    „ Meine Ehe mit Geoffrey war ein Alptraum. Unsere Familien hatten sich dahingehend geeinigt, dass man mich als Zuchtkuh an das Haus Harkdale verschacherte. Ich wurde weder gefragt noch kannte ich meinen Mann näher als wir heirateten. Wie man es von einer Frau meines Standes erwartete, trug ich meinen Teil zum Erhalt der Linie bei. Niemand interessierte sich dafür, ob ich glücklich war. Selbstverständlich blieben mir Geoffreys Neigungen nicht verborgen. Aus Gründen der Gesundheit und um auf etwaige Skandale vorbereitet zu sein, hatte ich es mir zur Angewohnheit gemacht, über jede seiner Affären genauestens informiert zu sein. Im Laufe der Jahre entwickelte sich zwischen mir und einer Detektei in Dublin ein diskretes und überaus zufriedenstellendes Geschäftsverhältnis. Man teilte mir nicht nur mit, mit wem sich mein Mann gerade vergnügte, sondern, auf meinen besonderen Wunsch hin, woher diese Mädchen kamen, wie sie lebten und was aus ihnen wurde. Zu keinem Zeitpunkt hegte ich Groll gegen eine der jungen Damen, meistens waren es noch halbe Kinder, so wie du. Im Gegenteil. Ich hatte Mitleid mit ihnen, weil das Schicksal ihnen derart übel mitgespielt hatte, dass sie einem dicken ekelerregenden Mann zu Willen sein mussten und
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