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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mooslachner setzte sich. Er war mit einer groben Cordsamthose und einem khakifarbenen Buschhemd bekleidet, das bis zur Magengrube offen stand und nicht das breite goldene Kreuz verhüllte, das an einer dicken Goldkette vor der schwarz behaarten Brust hing. Nur im Dienst trug Mooslachner seine weiße Soutane mit der langen Knopfreihe, von der Prusius einmal, vor Wonne brüllend, gesagt hatte, der Pater sehe darin aus wie eine Muttersau, die zwanzig Ferkel auf einmal säugen könne.
    »Sie sagen es, Pater.« Dr. Oppermann suchte nach dem Korkenzieher. »Er spielte seine Kaffernplatte wieder ab.«
    »Es ist furchtbar! Aber glauben Sie bitte nicht, das sei typisch für Südwest! Es gibt diese Prusiusse – natürlich, es gibt sie überall, in jedem Land. Und weil sie alles übertönen, hört man sie auch vor den anderen. Aber das ist nicht Südwest! Wir leben hier ein hartes Leben, bei dem jeder auf den anderen angewiesen ist. Der beste Anzug bekommt einmal Flecken. Prusius ist solch ein Fleck!«
    Pater Mooslachner sagte, wie alle Afrikaner, ›wir‹ und ›unser‹, wenn er von diesem Land sprach. Er gehörte zu Südwest wie ein knorriger Dornbusch, seit er vor dreißig Jahren als junger Priester nach Windhoek gekommen war, um in diesem lutherisch-evangelischen Land auch von der Güte Maria und den Heiligen zu predigen. Es war schwer gewesen, bei aller Toleranz, die man ihm entgegenbrachte, seine Diaspora auszuweiten und kleine katholische Inseln zu bilden mit eingeborenen ›Statthaltern‹. Mit einem Landrover besuchte Pater Mooslachner seine winzigen Gemeinden, taufte, traute und beerdigte und schlug sich wie ein neuer Bonifazius mit den Medizinmännern der Stämme herum, die seit Beginn der afrikanischen Freiheitsbewegungen wieder mehr, und vor allem spürbar, an Einfluß gewannen. Als besonders wirksam bei seinen Bemühungen erwies sich ein Hobby des Paters: Er zauberte gern. Ehe er nach Afrika gegangen war, hatte er sich einen großen Zauberkasten und ein Lehrbuch kommen lassen und jede freie Minute zur Übung von Fingerfertigkeiten, Tricks und Illusionen genutzt. Seine erste Vorstellung hatte er im Refektorium seines Klosters vor seinen Confratres gegeben: Bruder Mooslachner hatte in einer Kanne reines Wasser zu Rotwein verwandelt.
    »Das war eine sehr unpassende Demonstration für einen Priester«, sagte nach der Vorstellung der Abt zu seinem Zauberpater. »Ich kann nur hoffen, du wolltest damit nicht auf Jesu Wunder bei der Hochzeit zu Kana anspielen!«
    Als Mooslachner nach Südwest kam, beherrschte er fast sämtliche Tricks der professionellen Magier, war Ehrenmitglied des Magischen Zirkels geworden und bekehrte als erstes eine Großfamilie der Bergdamara, indem er dem Familienoberhaupt Hühnereier aus den Nasenlöchern zog. Das beeindruckte mehr als die Unbefleckte Empfängnis oder die Bergpredigt.
    Dr. Oppermann hatte die Flasche entkorkt, goß den Wein in hohe Wassergläser und schob Pater Mooslachner eine Kiste mit Zigarren über den runden Tisch. »Heute ist der 431. Fall gekommen«, sagte er dabei. »Ein Kind. Ein Auge zerstört, das andere wird folgen. Aus dem Gebiet bei Kalkfeld. Dort soll es noch mehr Kranke geben! Es ist zum Kotzen! Die Infektion breitet sich aus wie eine Epidemie! Und wir sitzen da und können nur registrieren! Es handelt sich um eine völlig neue Kokkenart, die gegen alle Medikamente immun ist! Antibiotika frißt sie, als sei es Honig! Die Labors in Johannesburg und Hamburg arbeiten mit Volldampf, aber alles ist nur das Herumtasten in einem leeren, dunklen Raum. Noch wissen wir nicht einmal die Quelle der Infektion und stehen vor dem Rätsel, warum die Krankheit bis jetzt nur Schwarze überfällt und die Weißen verschont.«
    Dr. Oppermann hob das Glas, stieß mit Pater Mooslachner an und nahm einen langen Schluck. Es war ein herber, süffiger Wein vom Kap, aus der Gegend von Stellenbosch. »Aber ich habe da einen Verdacht, Pater. Ich brauche lediglich Zeit, um ihn zu erhärten. Es muß mit den Rindern zusammenhängen. Nicht mit den Herden auf den Farmen, sondern mit den Rindern der Eingeborenen. Kuhmist ist hier ja keine Fäkalie, sondern ein vielfach verwertbarer Gegenstand: Baumaterial, Brennstoff, Kosmetikmittel, natürlich auch Dünger. Und irgendwo in diesem Kreislauf taucht die Bakterie auf, die diese schreckliche Krankheit auslöst! – Ich müßte mehr Zeit haben, ins Hinterland zu kommen!«
    »Deswegen bin ich hier.« Pater Mooslachner biß eine Zigarre ab und steckte
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