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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es war eine glatte Wahnsinnstat, sich Prusius zum Feind zu machen. Um so erstaunlicher war es, wie Dr. Oppermann ihn behandelte. Von ihrer ersten Begegnung an mochten sie sich nicht leiden; Prusius nannte Dr. Oppermann einen ›Ableger der neuen Generation, die uns den Kaffern ausliefert‹, und Oppermann sagte ohne Scheu zu Prusius: »Wie schade, daß Sie nicht nach Deutschland kommen. Sie wollen mir Südwest zeigen, damit ich in Windhoek die Fahne hisse. Ich würde Ihnen in Deutschland Dachau und Bergen-Belsen zeigen. Welche Fahne werden Sie dann hissen? Was schlagen Sie vor?«
    »Ein hochnäsiger Affe!« verkündete Prusius später am Stammtisch im Hotel ›Deutsches Haus‹ zu Outjo. »Unreif! Ein Rotzjunge! Von marxistischer Propaganda verdorben. Kommt mir mit Dachau! Typischer Nestbeschmutzer! Freunde, auf den müssen wir aufpassen!«
    Das tat Prusius dann auch mit der ihm angeborenen Gründlichkeit. Aber das Verhältnis der beiden zueinander veränderte sich dadurch. Für Dr. Oppermann wurde Prusius bald unentbehrlich. Mit seiner zweimotorigen Cessna kam Prusius überall hin, überwand mit Leichtigkeit die riesigen Entfernungen und konnte überall landen, wo ebener Boden war. Nur mit Prusius' Flugzeug war es Dr. Oppermann möglich gewesen, in so abgeschiedene Gebiete wie Ohopoho oder Karakuwisa zu kommen, und nur Prusius war es möglich, jederzeit und überall im Ovamboland niederzugehen, ob in Oshikango dicht an der Grenze zu Angola oder in Onolongo, nördlich der Etoscha-Pfanne, wo es ein Gebiet gab, in dem noch ganze Rudel von Leoparden lebten. Mit seinem Landrover hätte Dr. Oppermann wochenlang unterwegs sein müssen, um all diese Dörfer zu kontrollieren. Prusius flog ihn unentgeltlich herum. »Nicht für Sie, nicht für Deutschland, nicht für die Kaffern, sondern allein für die Wissenschaft!« sagte er. Das war der Preis, den Dr. Oppermann für jeden Flug zahlen mußte: die markigen Reden des Johann Prusius.
    Persönlich aber kam man sich kaum näher. Mal ein Bier im ›Deutschen Haus‹, wo man Oppermann gnädig in den deutschen Stammtisch aufnahm, mal ein Glas Kognak in Oppermanns Wohnung in der weißen Forschungsbaracke, einmal monatlich ein Weinumtrunk bei Pater Michel Mooslachner, einem Missionar von der Kongregation ›Maria Tränen‹, der sich oftmals Oppermann und Prusius bei ihren Flügen oder Autofahrten anschloß und in den entlegenen Dörfern den Ovambos und Okavangos in der Bantusprache von jenem merkwürdigen Mann erzählte, der allen Ernstes gepredigt hatte: Liebet eure Feinde!
    »Genau diese Maxime würde ich weglassen, Pater!« sagte Prusius einmal sarkastisch nach einem Flug zum Kunene im Norden der Namib. »Das ist ein Gebot, das ein Schwarzer nie verstehen wird! Wie sollte er auch? Wer von den Weißen richtet sich denn danach? Man sollte die Bibel einmal nach solchen dummen Redensarten durchforsten. Wenn man die alle ausrodete, käme ein modernes Buch heraus, das jeder versteht, und das auch jeder liest. Es blieben dann nämlich nur noch ein paar Seiten übrig!«
    Darüber konnte Prusius schallend lachen, so wie jetzt, als er im Untersuchungszimmer stand und Dr. Oppermann ihn anranzte.
    »Haben Sie Angst«, fragte Prusius, »daß ich in eine gynäkologische Untersuchung hineinplatze?!«
    »Zum Beispiel – ja!« knurrte Dr. Oppermann am Fenster, ohne sich umzudrehen.
    »Sie sollten wissen, daß mich gespreizte Kaffernbeine anekeln. Übrigens ist das Zimmer leer, und wenn Sie so pingelig sind, dann schließen Sie gefälligst die Hintertür ab. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich morgen nach Ondangwa, ins Ovamboland, fliege. Kommen Sie mit?«
    »Bedaure, nein. Ich erwarte einen neuen Mitarbeiter.«
    »Davon munkelt man, das hat sich schon herumgesprochen und löst Spekulationen aus.« Prusius setzte sich auf Nkuleles Stuhl und schob ihn auf den Stahlrollen etwas auf das Fenster zu. »Eine Frage, Doktor: Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?«
    »Wir kommen gut voran, das wissen Sie selbst am besten.« Dr. Oppermann kam nicht umhin, sich nun doch umzudrehen. Prusius fingerte in den Taschen seiner weißen Leinenjacke und suchte nach seinen Zigaretten. »Stecken Sie die Dinger wieder weg, wenn Sie sie gefunden haben. In der Ordination wird nicht geraucht!«
    »Damit kann ich doch nur die Luft verbessern. Es riecht hier nach Kaffern!«
    »Heute ist der 431. Fall dieser Gegend eingeliefert worden. Ein Junge. Siebzehn Monate alt. Das linke Auge bereits zerstört, das rechte
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