Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Hells-Angels-Präsidenten »Hoover«, Boss des Cave-Creek-Charters mit dem bürgerlichen Namen Daniel Seybert, vor der Bar »Bridgette’s Last Laugh« inmitten seiner Brüder in die Stirn geschossen wurde. Hoover starb, während er noch auf seiner Harley-Davidson saß. Er war zu der Zeit ein enger Freund von Sonny Barger, Mitbesitzer von dessen Motorradladen und wurde als sein Nachfolger gehandelt und aufgebaut.
Die anwesenden Hells Angels gaben später zu Protokoll, weder einen Schuss gehört noch einen Schützen gesehen zu haben oder einen Verdächtigen benennen zu können. Das verwunderte die ermittelnde Polizei doch sehr, da der Gerichtsmediziner feststellte, dass der tödliche Schuss aus einer kleinkalibrigen Waffe aus nächster Nähe abgefeuert worden sein musste.
Der ATF-Agent Dobyns sah diesen Mord im Zusammenhang mit einem anschwellenden Machtkampf innerhalb der Hells Angels. Auf der einen Seite standen alte, verdiente Haudegen, die jahrzehntelang Amerikas Highways mit Gewalt, Revierkämpfen, Rowdytum und Drogen überzogen hatten und die sich mittlerweile bequem in der Bikerwelt eingerichtet hatten. Sie lebten vom Geld und Ruhm vergangener Tage und Taten. Es dürstete sie nicht nach neuen Kriegen, Expansionskämpfen und den daraus resultierenden schweren Verletzungen und langen Haftstrafen, die die Rocker bei allem Geschick im Umgang mit der Polizei und Justiz doch immer wieder ereilten. Sie fanden, dass sie ihr Soll in den Haftanstalten mehr als einmal abgesessen hatten. Präsident Hoover galt als Sprachrohr dieser Gruppierung in der Welt der Hells Angels.
Dieser Fraktion standen jedoch jüngere Hardliner gegenüber, die in das weltweite Netzwerk eingetreten waren, weil sie nach Macht und Prestige in der Einprozenter-Welt strebten, nach dem schnellen Geld mit Drogen- und Waffenhandel und der Prostitution. Dieser interne Konflikt der Bruderschaft sollte die Big Red Machine auf der ganzen Welt verfolgen. Im Jahr 2012 mehren sich die Hinweise, dass dieser mitunter tödlich ausgetragene Konkurrenzkampf auch auf Deutschlands Straßen angekommen ist.
Viele US-Biker empfanden es auch als persönliche Beleidigung, dass die angegrauten Member in ihren Augen nichts unternahmen, um die Ausbreitung des Mongols MC (dazu später mehr) in ihrem Bereich zu stoppen und die Rivalen aus ureigenem Angels-Territorium zu vertreiben, so die Mutmaßungen des Undercover-Agenten. Trotz entsprechenden Verdachts gelang es den Strafverfolgungsbehörden nie, den Mord an Hoover aufzuklären. Täter und Motiv sind bis heute unbekannt.
Prospect
Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Was für einen alltäglichen Ausbildungsberuf gilt, trifft in der wilden Welt eines Einprozenter-Clubs umso mehr zu und musste mitunter auf schmerzhafte Weise erfahren werden. Dabei machte es nur einen marginalen Unterschied, in welchen der großen Clubs der Anwärter aufgenommen werden wollte. Das Repertoire an Arbeiten und das Ausmaß des Prozederes, das die Bewerber ertragen mussten, waren bei allen Clubs ähnlich: Frondienste aller Art, eingeforderte Dienstleistungen, Demütigungen und nicht selten Prügel pflasterten den harten Weg zur Vollmitgliedschaft. Mitglieder, Aussteiger und eingeschleuste Undercover-Agenten liefern dazu zahlreiche Geschichten und Anekdoten:
In der Hangaround- und Prospect-Phase gehörte es dazu, nächtelang vor Clubhäusern, Partys und Meetings Wache zu schieben und nebenbei die Alkoholvorräte für die feiernden Vollmitglieder aufzufüllen.
Anwärter wurden zu Hausarbeit, Putzdiensten und Gartenarbeit verdonnert und mussten selbst Lebensmitteleinkäufe in Supermärkten klaglos erledigen und nicht selten aus der eigenen Tasche bezahlen.
Ein amerikanischer Bandido ärgerte sich einmal über einen Anwärter. Dessen Vergehen: Er setzte während einer Ausfahrt des Bandidos MC Bellingham, USA, aus dem Bundesstaat Washington einen Helm auf. Beim folgenden Saufgelage auf einem Campingplatz ließ sich das verärgerte Vollmitglied den Helm des Anwärters aushändigen, urinierte hinein und befahl sodann dem Anwärter, seinen »geliebten Helm« unverzüglich wieder aufzusetzen. Eingeschüchtert hoffte der Bewerber auf einen schlechten Witz. Doch die zweite Aufforderung war unmissverständlich. Der Anwärter kam der Anweisung nach, gab anschließend aber seine Bemühungen, ein Bandido zu werden, auf.
Gerade in den wilden Anfangszeiten der OMCGs wurden Prospects mit Tritten und Boxschlägen malträtiert, um ihre Furchtlosigkeit und
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