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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt
Autoren: Emmy Abrahamson
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Haaransatz dunkelrot färbt.
    »Jetzt gibt es kein Zurück mehr, Kollege!«, sagt Pan Bogusław auf Polnisch und haut ihm auf den Rücken.
    Ich stürze in die Küche, damit ich mit niemandem sprechen muss. Der Küchentisch bricht unter dem Essen, das daraufbereitsteht, fast zusammen. Ob ich mir einen Tunnel in den Berg von polnischem Salat graben und mich darin verstecken soll, bis alle nach Hause gegangen sind? Lange stehe ich da und starre auf den mayonnaisestrotzenden Pamp, dann spüre ich plötzlich, dass jemand mich am Arm berührt.
    »Du siehst so toll aus«, sagt Ola.
    In seiner dunkelblauen Kutscheruniform sieht er selbst aus wie ein Held aus einem romantischen Roman des neunzehnten Jahrhunderts. Ola Olsson. Meine erste Liebe. Gerade will ich ihm das Kompliment zurückgeben, als Natalie in die Küche kommt.
    »Und was genau soll ich …«, beginnt sie und verstummt, als sie mich und Ola sieht.
    Mit einer Kehrtwendung stürzt Natalie aus der Küche. Und ich weiß nicht mehr weiter. Das hier wird nie, nie, nie was werden! Und genau da habe ich eine Eingebung. Ich weiß die Lösung!
    »Vielleicht sollten wir nicht miteinander reden«, sage ich entschlossen.
    »Was?«
    Ich packe Ola am Arm.
    »Können wir nicht einfach einen Abend lang so tun, als würden wir uns nicht kennen? Dann muss auch niemand traurig sein«, sage ich, damit er versteht, was ich meine.
    Ich kann nicht anders, aber bei dem Gedanken, dass es am Ende doch auf alles eine Antwort gibt, muss ich lächeln.
    »Dann muss auch niemand traurig sein?«, wiederholt Ola.
    »Genau«, sage ich, erleichtert, dass er mich verstanden hat. »Wir setzen uns einfach nicht nebeneinander, und wir halten auch nicht Händchen und so was.«
    Für einen Augenblick sagen wir beide nichts. Draußen prosten sich die Männer wieder zu.
    Und dann sagt Ola was. »Bist du krank im Kopf, oder was?«, sagt er mit einem Blick voller Unverständnis und Wut.
    Mein Lächeln erstarrt.
    »Und warum machen wir dann nicht gleich Schluss? Das wäre vielleicht das Einfachste für alle – auch für dich«, fährt er fort und stürmt aus der Küche.
    Ich schaue wieder auf den polnischen Salat, der mir jetzt noch verlockender erscheint als zuvor. Vielleicht reicht es, wenn ich den Kopf hineinstecke. Meinen kranken Kopf, wie Ola meint. Von wegen Lösung! Ich hab’s verpatzt.
    Das darauffolgende Abendessen im Garten wird eine einzige lange Qual. Wir sind wie fünfzehn Puzzleteile, die nicht zusammenpassen.
    »Un’ was soll das nu’ sein?«, höre ich Everts Schwester Gun-Britt fragen, während sie mit sauertöpfischer Miene im Essen stochert.
    Hinter ihr steht Pan Bogusław auf einem wackligen Hocker und versucht, eine Lichterkette so zwischen die Bäume zu spannen, dass sie den ganzen Tisch beleuchtet. Was er dabei vor sich hin murmelt, versteht man nicht.
    »Und was die Landwirtschaftspolitik der Regierung betrifft …«, sagt Everts Bruder Göte laut zu Klaus-Günter aus Deutschland, der kein Wort Schwedisch versteht.
    Marie und Natalie sitzen ein bisschen schüchtern nebeneinander und essen, seit Mutter sie nicht mehr zum Servieren braucht, Piroggen. Sylwia, die sich immer noch nicht ganz beruhigt hat, raucht zwei Zigaretten gleichzeitig, und Evertsitzt daneben und wirft nervöse Blicke auf seine neue Ehefrau. Der Einzige, der wirklich in Feierlaune zu sein scheint, ist Rafał, der fröhlich vor sich hin futtert und wahllos nach links und rechts prostet, ohne jemand Speziellen dabei anzusehen.
    »Sollten wir nicht Celestyna suchen?«, frage ich Mutter, als wir uns zufällig in der Küche treffen, aber sie rennt schon wieder in den Garten. Ihre einzige Sorge ist der nie versiegende Essensstrom.
    »Alicja, geh und setz dich zu deinen Freunden!«, sagt Mutter, als sie schon kurz darauf wieder in die Küche kommt. »Jadwiga und ich können den Rest allein rausbringen.«
    »Mir gefällt’s hier besser«, sage ich wie der berühmte kleine Stier unter der großen Korkeiche.
    Jadwiga steht am Herd, dessen eine Platte doch noch heiß genug geworden ist, und brät Koteletts. Ein ganzer Stapel davon liegt schon goldbraun auf einer Platte.
    »Wenn das so ist, übernimmst du die Koteletts«, sagt Mutter und gibt mir die Platte. »Und sieh zu, dass dieser Ola gleich eins bekommt. Er hat schon danach gefragt.«
    »Ola Olsson?«, frage ich in Panik.
    »Nein, Ola aus dem kleinen Weiler in der Nähe von Białystok«, sagt Mutter. »Ja, natürlich Ola! Wer denn sonst?«
    »Bist du sicher, dass er
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