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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt
Autoren: Emmy Abrahamson
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sich aus angeboten. Außerdem ist auch noch alles umsonst.«
    Ich bekomme endgültig keine Luft mehr. Ich bin hier. Natalie ist hier. Und Ola Olsson ist hier.
    »Und warum hast du Natalie …«
    Aber bevor ich die Frage zu Ende bringen kann, sind Jadwiga und Mutter zum Brautpaar gestürzt, um ihnen Roggenbrot, eine Tüte Salz und ein Glas Wein zu überreichen. Dann legt Jadwiga dem Bräutigam sogar ein goldenes Halsband um den Hals.
    »Alicja, sag ihm, das macht man, weil junge Stiere an die Kette gelegt werden müssen«, sagt sie mit lautem Lachen. »Los, Alicja, übersetz es ihm!«
    Das Letzte, wozu ich jetzt Lust habe, ist, irgendeinen blöden polnischen Spruch zu übersetzen. Evert weiß nicht recht, was er tun soll, aber dann bedankt er sich lächelnd auf Schwedisch.
    Im selben Augenblick fährt ein cremefarbenes Auto auf den Hof, und mit drei älteren Herrschaften, zwei Männern und einer Frau, steigt auch Celestyna aus. Ich nehme an, die drei sind Verwandte von Evert, die bei der standesamtlichen Trauung im Rathaus dabei gewesen sind. Celestyna hat ein rosa Band im blonden Haar und trägt ein rosa Kleid. Eine riesengroße Schleife um ihre Taille lässt sie noch rundlicher aussehen. Das Bild eines rosigen Marzipanschweinchens mit Schleife wird leider von ihrer Miene zerstört, mit der sie Milch säuern könnte.
    »Alle mir nach!«, ruft Mutter den Gästen erst auf Schwedisch und dann auf Polnisch zu. »Zeit für die polnische Trauungszeremonie!«
    Kurz darauf stehen die Gäste vor den Apfelbäumen mit dem Baldachin. Sylwia und Evert stehen darunter. Everts Verwandte müssen die Hälse recken, damit sie sehen, wer die Zeremonie eigentlich abhält.
    »Un’ nu’, was passiert nu’?«, höre ich die Frau in breitestem Skåne-Dialekt fragen.
    »Die Polenseremonie, sacht sie doch«, antwortet der Mann neben ihr.
    Für mich steht hundertprozentig fest, dass ich in einen Albtraum geraten bin. Ein paar Schritte hinter mir stehen Celestyna, Ola und Natalie. Ich – Celestyna – Ola – Natalie. Ich weiß nicht, wen von den dreien ich anschauen soll, und entscheide mich für die einfachste Lösung: Evert und Sylwia. Ohne einen schnellen Blick über die Schulter geht es allerdings auch nicht. Hinter mir starrt Celestyna Ola Olsson böse an, und Natalie schaut immer noch zu Boden, nur böser als vorhin und mit leicht geröteten Wangen. Ola steht bei den Pferden und versucht, Blickkontakt mit mir aufzunehmen, weshalb ich schnell wieder nach vorne schaue.
    »Er kommt«, höre ich Mutter sagen. »Still jetzt!«
    Aus der Garage kommt der frisch aus dem Ei geschlüpfte Priester Pan Maciej, der sein Bestes tut, um wie ein Priester auszusehen. Mutter hat ihm Vaters schwarzen Mantel ausgeliehen, der fast auf dem Boden schleift. Pan Maciej trägt ein weißes Halstuch, und seine dunklen Haare sind mit Wasser streng nach hinten gekämmt. Mit den Händen umkrampft er seine schwarze Bibel, und sein Schritt ist schleppend. PanMaciej bewegt sich so priesterhaft und würdig wie möglich in Richtung Baldachin, aber Vaters langer Mantel lässt ihn immer wieder straucheln.
    »Der hat doch ein’ im Tee?«, sagt die Frau mit dem Skåne-Dialekt vernehmlich.
    Ich sehe, dass Sylwia mit einem verwirrten Gesichtsausdruck Mutters Blick sucht.
    »Ist das nicht …?«, höre ich sie sagen, bevor Mutter noch einmal alle Gäste zur Ruhe ermahnt, obwohl sie in der Hauptsache Sylwia meint.
    Pan Maciej hat inzwischen tatsächlich den Baldachin erreicht und schaut mit schüchternem Blick erst auf Evert und dann auf Sylwia. Als Evert, im Glauben, das jetzt tun zu sollen, niederknien will, zieht Sylwia ihn mit einem wütenden Ruck wieder hoch. Pan Maciej schlägt die Bibel auf und holt tief Luft.
    »MeineLiebenlasstunseinanderliebendenndieLiebekommtvonGott …«, leiert Pan Maciej so schnell und leise herunter, dass ihn am ehesten noch eine Fledermaus verstehen könnte.
    Sylwias Gesicht hat jetzt dieselbe Farbe angenommen wie Celestynas Kleid.
    »Was ist das hier?«, schreit sie plötzlich auf Polnisch.
    Pan Maciej verstummt und schaut in seine Bibel. Er sieht so leichenblass aus, als stünde er kurz vor einer Ohnmacht.
    »Liebste?«, fragt Evert vorsichtig. Er versucht Sylwias Hand zu nehmen, aber sie zieht sie weg.
    »Beata? Was ist das hier? Wo ist der richtige Priester?«
    »Er konnte nicht kommen. Pan Maciej ist so nett, ihn zu vertreten. Es ist alles in Ordnung«, versucht Mutter Sylwia zu beruhigen.
    »Pani Sylwia, spokojnie, spokojnie «,
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