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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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die Mädels versprachen, sich später noch bei Flori und Daniel zu melden. Wir konnten also losziehen. Gut, am Samstag abend um halb zehn in Hamburg, da ist auf dem Hamburger Berg, dem Rock-Grunge-Partymuckenviertel der Reeperbahn, auch noch nicht so viel los. Wir setzten uns in die plüschig eingerichtete Kneipe Rosis Bar auf hohe Barhocker, von denen ich jede Sekunde herunterzurutschen drohte. Mit Cola light und Wasser versuchte ich mich wieder einigermaßen in den Griff zu kriegen, da mir Wein und Sekt doch ein bisschen auf den Magen und auch aufs Gemüt geschlagen waren. Das Geplapper der Mädels über Flori und Daniel wirkte dazu schön einlullend, so dass ich öfter mal mit dem Kopf auf der Theke landete. Müde und betrunken wie ich war, ließ ich es geschehen und schloss die Augen. Immerhin hatte ich die ganze Woche Frühschicht in der Nachrichtenredaktion gehabt und musste statt um fünf sogar um vier antanzen. Damit hatte ich mir das betrunkene An-der-Theke-Einschlafen verdient, beschloss ich und hielt ein kleines Nickerchen.
    Hätte mir früher jemand gesagt, ich würde mein Leben lang morgens um halb vier aufstehen, den hätte ich ausgelacht. Früh aufstehen lag ja nun mal so gar nicht in meiner Natur. Um nicht zu sagen: Der frühe Vogel kann mich mal. Trotzdem: Was tut man nicht alles für die Karriere! Ich war die ganze Woche über sogar relativ pünktlich gewesen und berief mich bei Gemecker meines Nachrichtenredakteurs stets auf die Akademische Viertelstunde, die es mir als Akademikerin ja erlaubte, ein Viertelstündchen zu spät zu kommen. Das war zwar die freie Sophie-Interpretation, aber zumindest kam ich am Dienstag und Mittwoch, meinen Verschlaf-Tagen dieser Woche, mit einem kecken Augenaufschlag, soweit mir das kecke Augenaufschlagen morgens um Viertel nach vier möglich war, gut durch.
    Als Rike verzweifelt und ziemlich laut rief: » Ja, aber was meinte er denn damit?«, schreckte ich aus meinem kleinen Schönheitsschläfchen an der Theke in Rosis Bar hoch. Benommen ordnete ich meine wirren Gedanken und mein ebenso wirres Haar und wischte mir den Sabberfaden vom Mundwinkel.
    Mona und Rike – oder eher nur Rike – erläuterten gerade ihre Aussichten, bei Flori und Daniel zu landen; offenbar hatten die beiden schon in der kurzen Zeit ihrer Existenz im Leben der Mädels einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
    » ›Wir fahren im Sommer nach Frankreich‹, sagte Flori. Meint er damit, er und Daniel würden fahren, oder hat er ’ne Freundin? Er hat das ja gar nicht näher erklärt, aber ich kann ihn ja schlecht danach fragen…« Blablablabla.
    Zum Glück war ich mit diesem Thema durch. Männer! Pöh! Ohne mich. Und man sah ja mal wieder, wer mich so alles ansprach. Rucksacktypen! Die unbeliebten Freunde von Rosa-Hemden-Büglern aus dem Blankeneser Villenviertel. Nicht mein Fall.
    Ich widmete mich lieber dem Feiern meiner Freiheit. Mona und Rike laberten weiter, ich trank mir die Wartezeit, bis es auf dem Kiez richtig losging, mit drei Wodka-Lemon schön. Um halb war Rosis Bar genauso voll wie ich, so dass wir von dort weiterzogen. Im Blauen Peter, meiner Lieblingseckkneipe auf dem Hamburger Berg, hatte ich Mona endlich mal wieder für mich, Rike saß jetzt am Rand, und Mona und ich tanzten zu Nena und hatten Spaß, kippten Saure mit vier Jungs aus Hannover (mein Magen bedankte sich wieder), und zogen von dort ins Roschinsky’s nebenan. Hier tanzten und quatschten wir mit langhaarigen Parkaträgern mit Dreitagebart, die » eigentlich Schauspieler« oder » eigentlich Künstler« waren und allesamt viel sympathischer als die Blankeneser BWLer, und landeten gegen Mitternacht im Ex-Sparr, einer gemütlich kneipigen Kaschemme mit Daiquri, Astra und Tanzfläche. Flori und Daniel warteten dort auf uns, genauer gesagt, auf Mona und Rike, die sich kreischend auf die beiden stürzten. Ganz nüchtern waren wir ja nun alle nicht mehr. Die Jungs waren in der Zwischenzeit beim Winterwunderland wohl auch etwas aufgetaut, beide ließen sich zumindest zu einem kleinen Lächeln hinreißen, wirkten aber in der eher alternativ angehauchten Umgebung mit ihren gegelten Haaren und den gestreiften Hemden ziemlich fehl am Platz.
    Der Rucksacktyp war nicht mehr mitgekommen, weil ihm » schlecht geworden war«. Na ja. Mir ist auch schlecht, aber geh ich deswegen nach Hause? Das Ex-Sparr war schon brechend voll, wir quetschten uns nach hinten durch– die Vierergruppe, deren besoffenes fünftes Rad ich nun war, wollte zum
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