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Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Titel: Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege
Autoren: Tariq Ali
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VORWORT
    Dieses Buch entstand im Winter 2009 und wurde im Herbst 2011 erweitert, als sich bestätigte, dass Obama in allen wichtigen Politikfeldern weder besser noch schlechter regierte als Bush. Drei Jahre nach dem Wall-Street-Crash von 2008 stecken die amerikanische und die europäische Wirtschaft noch tief in der Krise, die Arbeitslosigkeit bleibt weiterhin hoch. Die anarchische Kreditschöpfung ist teilweise eingedämmt, doch im Kern hat sich das System nicht verändert. Banker, Gauner, Betrüger warten geduldig auf eine Erholung, um dann die Arbeit wieder aufzunehmen.
    Die Unfähigkeit westlicher Regierungen, das System grundlegend zu reformieren, verschärfte die Krise und bedroht mittlerweile den Bestand der Demokratie. Über Griechenland und Italien herrschen längst die Banken, in anderen Ländern regiert eine außerordentlich stark ausgeprägte Mitte: In der westlichen Welt ist die extreme Rechte klein, eine extreme Linke gibt es kaum. Es ist die bestimmende Mitte, die das politische und das soziale Leben momentan dominiert. Konservative wie sozialdemokratische Regierungsparteien beschließen Sparmaßnahmen, die den Reichen zugutekommen und Kriege im Ausland unterstützen. Präsident Obama steht in der euro-amerikanischen Politiksphäre nicht isoliert da, doch daheim wachsen neue Bewegungen, die die politische Orthodoxie hinterfragen, ohne selbst neue Konzepte anzubieten. Ein Hilferuf.
    Oscar Wilde schrieb einmal: »Eine Weltkarte, auf der Utopia nicht verzeichnet ist, verdient keine Beachtung. Denn sie unterschlägt die Küste, an der die Menschheit immer landet. Von dort hält sie dann Ausschau, und wenn sie ein besseres Land sieht, setzt sie die Segel. Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.« Der Geist des Salonsozialisten aus dem 19. Jahrhundert lebt in den idealistischen jungen Menschen weiter, die sich gegen den Turbokapitalismus erheben, der seit dem Ende der Sowjetunion die Welt beherrscht.
    Die Protestierenden von der Occupy-Bewegung ließen sich im Herzen des New Yorker Finanzdistrikts nieder und demonstrierten gegen die Despotie des Finanzkapitals. Ka pitalisten sind die gierigen Vampire, die zum Überleben das Blut der Armen brauchen. Die Demonstranten zeigen ihre Verachtung für Banker, für Spekulanten und für deren Medienknechte, die weiter behaupten, es gäbe keine Alternative zur aktuellen Gesellschaftsordnung. Da Europa das Wall-Street-System ebenfalls übernommen hat, kommt es dort ebenfalls zu Protesten. Die jungen Leute, die von der Polizei mit Pfefferspray besprüht werden, wissen zwar vielleicht noch nicht, was sie wollen, aber sie wissen ganz genau, was sie nicht wollen, und das ist ein wichtiger Anfang.
    Wie konnte es so weit kommen? Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1991 wurde Edmund Burkes Satz zum allgemein akzeptierten Motto: »In allen aus verschiedenen Klassen zusammengesetzten Gesellschaften müssen notwendigerweise bestimmte Klassen die obersten sein … Die Apostel der Gleichheit verändern und pervertieren nur die natürliche Ordnung der Dinge.« Wenn Geld die Politik korrumpiert, dann korrumpiert das große Geld sie völlig. In den Kernländern des Kapitalismus beobachteten wir, wie überall de facto nationale Einheitsregierungen aufkamen: Republikaner und Demokraten in den USA , New Labour und Tories im britischen Vasallenstaat, Sozialisten und Konservative in Frankreich – alle unterschieden sich in ihrer Politik kaum mehr voneinander. Dazu kamen in Deutschland eine große Koalition, in Skandinavien Mitte-links- und Mitte-rechts-Regierungen, in Italien eine unfähige Sozialdemokratie und so fort. Überall wurde ein neuer Marktextremismus gepredigt. Man befand es als »notwendige Reform«, dass der Kapitalismus immer mehr originäre Staatsaufgaben übernahm. Ungehindert durften Privatfirmen im öffentlichen Sektor wildern. Regelmäßig stellten Wirtschaftspublikationen wie Economist oder Financial Times Länder wie Frankreich und Deutschland an den Pranger, in denen es nicht schnell genug Richtung neoliberales Paradies voranging.
    Wer sich diesem Trend widersetzte und den öffentlichen Sektor in Schutz nahm, staatliche Versorgungsunternehmen verteidigte oder gegen die Verramschung von Mietwohnungen in Staatseigentum protestierte, galt als »konservativer« Dino. Inzwischen waren alle Konsumenten statt Bürger; junge, dynamische Aufsteiger in Wirtschaft und Politik reflektierten die neue Wirklichkeit. Der Markt wurde zum neuen Gott, dem Staat immer
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