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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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eine neue Windel bekommen.«
    Das Fläschchen hat er ihr zwar gegeben, damit war die Vaterpflicht aber auch erfüllt. Das spuckende und sich verschluckende Kind durfte ich dann selber trösten, sauber machen und viermal umziehen, während mein Liebster mal wieder friedlich daneben schlummerte. Da gefiel mir mein Traum von der Party eben eindeutig besser.
    Maja liegt auf meinem Schoß, und ich überlege, wann ich das letzte Mal feiern war. Es fällt mir nicht ein. Was sich tatsächlich zu meinem Dreißigsten vor drei Wochen abgespielt hatte, war von meinem Traum meilenweit entfernt gewesen, dafür deutlich nah dran an einem Trauma. Mein Geburtstag fiel wie immer auf den 1 . Januar, bisher hatte ich dabei immer gleichzeitig Silvester gefeiert und Spaß gehabt– in diesem Jahr jedoch war unser Silvester ausgefallen, und der Spaß gleich mit, weil ich mich am frühen Abend des 31 . 12 . 2005 erst übergeben und dann hinlegen musste. Am Neujahrstag 2006 hatte ich Mona eingeladen, die einen Apfelkuchen gebacken und mich damit getröstet hatte, dass ich bestimmt bald wieder würde feiern gehen können, wenn das Baby erst mal auf der Welt war. Hatte die eine Ahnung!
    Drei Stunden Kaffeeklatsch am Neujahrstag, der trostloserweise auch noch auf einen Sonntag fiel– das war also die dolle » Paadi« zu meinem Jubiläumstag. Trööt! Und allein das war schon so anstrengend, dass ich danach bis Montagmittag durchschlief. Schade. Die letzten Jahre hatte ich mich immer auf meinen Dreißigsten gefreut, jetzt war es endlich so weit, ich war » im Club der Erwachsenen«– und fühlte mich wie eine uralte Oma.
    Was war das, das da auf der Couch saß mit hochgelegten Beinen und meinen Namen trug? Wer war diese müde Frau, die keine eigene Meinung hatte und sich im Fernsehen auf einmal Berichte über Häuserfinanzierung und Altersvorsorge anschaute? Ich war das jedenfalls nicht. Doch wo war ICH geblieben? Ich musste mich dringend mal suchen– wenn ich jemals wieder die Zeit dazu finden sollte.
    Als ich um sieben Uhr– kurz vorm nächsten Füttern– in die Küche komme, ist mein Schatz schon auf dem Weg zur Arbeit. Kein Tschüss, keine Nachricht, kein liebevoll vorbereitetes Fläschchen oder gar ein Frühstück für mich– nichts. Schönen Dank auch, so hab ich mir das aber nicht vorgestellt!
    » Sieh zu, wie du alleine klarkommst«– so empfinde ich das. » Ich muss immerhin hier das Geld verdienen, und auf die Jagd gehen und Mammuts erlegen, und Mutti bleibt schön zu Hause und passt auf, dass das Feuer nicht ausgeht und die kleinen Blagen nicht erfrieren…«
    Dabei hatten wir das alles ganz anders abgesprochen.
    Aber wenn sich schon zwei Wochen nach der Geburt unseres ersten Kindes so archaische Grundzüge herauskristallisieren, müssen wir wohl bald mal ein ernstes Gespräch führen. Das tun wir übrigens öfter, » ernste Gespräche führen«. Natürlich muss immer ich die anregen. Manchmal bleibt auch nur, einen ernsten Brief an den Kindsvater zu schreiben. Zwei davon hab ich neulich in seiner Schreibtischschublade gefunden und mich dafür geschämt, dass sie genau den gleichen Einleitungssatz haben. Aber auch heute würde ich meinen » ernsten Brief« wieder anfangen mit den Worten: » Mein lieber Schatz– weil ich nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll, und mir ernsthafte Gedanken über unsere Beziehung mache, schreibe ich Dir diesen Brief. Wenn ich mit Dir reden würde, würdest Du denken, dass ich nur wieder meckere…«
    Hm, auch keine sprachliche Meisterleistung, stellt die Journalistin in mir fest. Ich verschiebe mein Vorhaben auf später, wenn die Situation wirklich zu eskalieren droht, wir also mit bösen Wörtern und Fernbedienungen um uns schmeißen, und widme mich den Fragen, die eine junge Mutter beschäftigen.
    Zum Beispiel: Warum schläft die Kleine immer dann seelenruhig, wenn das Fläschchen gerade fertig ist? (Das man natürlich in Windeseile zubereitet hat, weil sie kurz zuvor noch vehement danach verlangt hatte, gefüttert zu werden.)
    Warum wacht sie grundsätzlich auf, wenn die zwei Stunden Warmhaltefrist im Flaschenwärmer gerade abgelaufen sind und man deswegen eine neue Milch zubereiten muss?
    Warum hat sie tagsüber den wunderbarsten Fünf-Stunden-Rhythmus, schläft aber nachts zwischen zwölf und sechs Uhr nicht länger als eine halbe Stunde?
    Warum mussten die Bauarbeiten im Treppenhaus eigentlich genau an dem Tag anfangen, als wir aus dem Krankenhaus kamen?
    Warum kann Maja bei dem Bohrlärm
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