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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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heißen Grog sowie Tapas oder Popcorn und glotzte stumpf durch die Gegend, so wie ich. Hübsche waren nicht in Sicht. Nicht, dass ich nach einem Typen Ausschau gehalten hätte, der mir gefiel– ich war ja nun abstinent–, aber man durfte ja wohl noch gucken!
    Bei der lustigen Karaokeshow, die unser Sender auf einer kleinen Bühne etwas abseits der Eisbahn veranstaltete, konnte man gar nicht zusehen, ohne sich fremdzuschämen, das war schlimmer als jede RTL-Mittagssendung. Woraus man allerdings dem Sender keinen Vorwurf machen konnte. Vielmehr lag es an den Kandidaten, die zum Beispiel zu Bruce Springsteens sowieso grauenvollem » Summer of 69 « ins Mikro röhrten, als hielten sie Karaoke für einen Elchwettbewerb. Vielleicht fand ich es auch nur deshalb unerträglich, weil ich noch nicht genug getrunken hatte? Das ließ sich ja schnell ändern. Und eine gute Idee war es vor allem auch, weil meine Hochstimmung, die mich noch im Taxi wie auf Wolken hatte schweben lassen, schon wieder verflogen war: Im Vergleich zu den anderen Mädels hier, die nicht nur mit ihren zwanzig Jährchen alle deutlich jünger waren als ich, sondern durch die Bank weg auch noch ungefähr die Hälfte von mir, nämlich zarte fünfunddreißig Kilo wogen, kam ich mir mal wieder vor wie ein Fass. Und zwar im Moment auch noch ein Fass ohne Boden, zumindest was meinen Wein- und Bierkonsum betraf.
    Mona und Rike hatten etwas abseits von mir angefangen, sich mit zwei langweilig aussehenden Barbourjacken-Trägern zu unterhalten, das heißt, es sollte wohl eine Art Flirt werden, warum auch immer. Der eine war blond, der andere hatte dunkle Haare, ansonsten sahen sie fast gleich aus. Gute Figur, Gel in den Haaren, teure Schuhe, Lacoste-Hemden. Typische Segler eben. Keiner von beiden verzog eine Miene, sie sahen aus, als hätte man ihnen das Lachen weggenommen. Ohne Mona anzusehen, schien der Blonde ihr einen Vortrag zu halten, den sie mit gelegentlichem Nicken und Wimpernaufschlag kommentierte.
    Mit einem schnellen Blick sondierte ich die Lage und wandte mich enttäuscht ab. Keiner für mich dabei, schade, nur so ein Pickliger mit Brille und Rucksack stand noch in Reichweite. Ich winkte dem Barmann, um mir einen Sekt auf Eis zu bestellen. Bei Mona hatte ich auch schon ganz schön gebechert, aber ich hatte ja auch was zu feiern: meine Freiheit! Meine Unabhängigkeit! Also: » Schnell einen Sekt auf Eis, bitte!«
    » Hallo!«, tönte es da von der Seite. O nein! Ich drehte den Kopf, Schlimmes ahnend. Der Rucksack-Typ hatte sich ein Herz gefasst und mich angesprochen.
    » Sind das deine Freundinnen da drüben?« wollte er wissen.
    » Nee.« meinte ich. Guckte ihn aber weiter an, um zu schauen, wie er die für ihn hoffentlich peinliche Situation jetzt retten wollte. Stelle niemals geschlossene Fragen, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann, wenn du eine Frau kennenlernen willst. Dieses Kapitel von » Flirten für Anfänger« hatte er wohl noch nicht gelesen.
    » Ach so«, murmelte er, » na dann…« und wurde rot.
    O nein, das wollte ich ja dann auch nicht. Der arme Typ.
    » Nee, Quatsch, sind meine Freundinnen«, lenkte ich ein. » Warum?«
    » Ja, äh, weil…«, stammelte der Rucksack. » Also wir…« er deutete auf die Barbourjacken-Träger, » gehen noch auf den Kiez und wollten mal fragen, ob ihr mitkommt…«
    Ich wartete noch auf meinen Sekt, den weiterhin beschämten Rucksackmann ignorierend, ging rüber zu den Mädels und hakte mich bei Mona ein; erstens, um zu demonstrieren, dass ich dazugehörte, und zweitens, um mich festzuhalten, weil ich nämlich nicht mehr richtig gerade stehen konnte. Eine ganze Flasche Wein bei Mona und das nach einer Frühschicht ohne Mittagschlaf, das hatte es schon in sich. Ich nippte an meinem Sekt, um wach zu werden.
    » Hi, was is? Gehen wir gleich auf’n Kiez?«, fragte ich leicht beschwipst in die Runde. Für die einen war ich die leicht beschwipste, für die anderen die wahrscheinlich besoffenste Volontärin der Welt.
    Der eine von den Langweilern sah– betrunken betrachtet– gar nicht so blöd aus. Ich prostete ihm zu, grinste ihn an. Er grinste zurück. Rike grinste gar nicht, sondern trat mir auf den Fuß. Mann, ist ja okay, den kannst du behalten, dachte ich genervt.
    Zeit zu gehen. Zum Glück schlossen sich beide Mädels an.
    » Ja, dann…«, hob Mona an, um sich von den Jungs zu verabschieden.
    Alle guckten irgendwie irritiert, dann wurden aber doch noch schnell die Handynummern ausgetauscht, und
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