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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Professor Frantzenow anzusehen.
    »Ich heiße Sie bei uns willkommen«, sagte er und streckte seine Hand aus. »Ich habe soeben auch den Herrn Botschafter informiert, der es sich nicht nehmen lassen wird, Sie persönlich zu begrüßen.« Er wandte sich an Weberowsky. »Sie sind als Begleitung gekommen?«
    »Umgekehrt. Andrej Valentinowitsch begleitet mich! Ich heiße Wolfgang Antonowitsch Weberowsky.«
    »Weberowsky?« Von Baltenheim traute seinen Ohren nicht. »Aus Nowo Grodnow?«
    »Ja«, antwortete Weberowsky erstaunt.
    »Ihre Frau heißt Erna, geborene Frantzenow?«
    »Ja. Sie ist meine Schwester«, antwortete Frantzenow anstelle von Weberowsky. »Wieso kennen Sie Erna?«
    »Haben Sie einen Neffen, der Karl Köllner heißt?«
    »Ja. Im Bonner Außenministerium!«
    »Über Sie –«, Baltenheim machte eine alles umfassende Handbewegung, »gibt es eine Akte. Der Herr Botschafter wird Ihnen das erklären. Wir haben nie gehofft, Sie in Moskau zu sehen.«
    Im Zimmer des Botschaftsrates saßen sie dann in schweren Sesseln, tranken ein Glas Pfälzer Wein und erhoben sich, als der Botschafter eintrat. Ein Beamter des BND, der in Moskau offiziell als Kulturattaché galt, und der Militärattaché begleiteten ihn.
    »Das ist wirklich eine Überraschung«, sagte der Botschafter bei der Begrüßung zu Professor Frantzenow. »Ich dachte erst, von Baltenheim mache einen Witz.«
    »Ich wäre auch nie gekommen, hätte mein Schwager mich nicht gebeten, ihn zu begleiten. Darf ich ihn Ihnen vorstellen: Herr Wolfgang Weberowsky.«
    Der Botschafter ergriff die schlaffe Hand und drückte sie vorsichtig. Danach stellte ihm Frantzenow den Pfarrer vor. »Wir sind gekommen, unsere Aussiedlung zu beantragen.«
    Weberowsky unterbrach die Zeremonie: »Pfarrer, pack die Papiere aus!«
    Heinrichinsky legte den Packen Anträge auf den Tisch. Von Baltenheim warf keinen Blick darauf, für ihn war das Vorgehen der Behörde klar.
    Was nun begann, war kaum eine Unterhaltung zu nennen. Es glich eher einem höflichen, aber in der Sache harten Verhör. Der BND-Beamte hatte eine Akte mitgebracht und blätterte darin herum.
    »Wann haben Sie das letzte Mal von Herrn Köllner gehört?« fragte er.
    Weberowsky dachte nach. »Zu den Festtagen schrieb er immer. Doch letztes Weihnachten haben wir vergeblich auf sein Lebenszeichen gewartet.«
    »Hat er je die Absicht geäußert, nach Kasachstan zu kommen? Für immer?«
    »Karl? Nie! Er hat doch seine gute Stelle im Außenministerium. Es ist umgekehrt: Wir wollen, wenn wir nach Deutschland kommen, zuerst bei Karl wohnen, bis wir eine eigene Wohnung haben.«
    »Weiß er das?«
    »Erna hat es ihm geschrieben. Aber bis jetzt ist noch keine Antwort gekommen.«
    »Er wird auch nicht antworten.« Der BND-Mann senkte die Stimme. »Er ist flüchtig.«
    »Was ist er?« rief Frantzenow. »Was heißt flüchtig?«
    »Kurz vor seiner Enttarnung, das heißt, vor seiner Verhaftung, gelang ihm die Flucht.«
    »Enttarnung?« fragte Weberowsky gedehnt.
    »Er war einer der Topspione des KGB.«
    »Du lieber Himmel!« Frantzenow sah Weberowsky verwirrt an. »Karl ein Spion? Unglaublich!«
    »Die Suche nach ihm verlief ergebnislos. Wir hatten angenommen, er taucht bei Ihnen in Kasachstan auf.«
    »Und Sie haben uns verdächtigt, mit ihm zusammenzuarbeiten?«
    Der BND-Beamte zögerte, aber dann nickte er. »Ja. Es lag nahe, und es war logisch, daß er sich soweit wie möglich absetzt. Wo wäre er besser aufgehoben als bei seinen Verwandten? Aufgrund dieser Überlegungen sind Sie nun bei uns aktenkundig. Sie werden bei uns in der Zentrale in Pullach noch eingehender von Herrn Kallmeier befragt werden.« Er vermied das Wort verhört. Es klang so nach Verbrechen. »Herr Professor Frantzenow, Sie werden in Bonn vom Bundesforschungsminister empfangen – wenn Sie wollen, natürlich.«
    »Erst muß ich in Deutschland sein. Ich weiß, daß man jeden Schritt von mir verfolgt. Der Iran, Irak, Libyen, Syrien sind hinter mir her. Die USA sowieso. Das ist Grund genug: Ich bitte um politisches Asyl.«
    »Das ist keine Frage unter uns.« Der Botschafter machte die Andeutung einer Verbeugung. »Darf ich Sie als Gast der deutschen Botschaft betrachten? Wir werden eine Möglichkeit finden, Sie aus Moskau hinauszuschleusen. Die Herren vom BND werden das in die Hand nehmen.«
    »Und was wird aus uns?« fragte Weberowsky. »Aus meinem Dorf? Ich habe alle Anträge mitgebracht.«
    »Wir werden sie bevorzugt prüfen. Es kann aber vier Monate
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