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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: Theodor Storm
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einst
    Beglänzt ein Abendsonnenstrahl,
    Es ist die Sonne jenes Tags,
    Da ich dich küßte zum erstenmal.
Du schläfst
    Du schläfst – so will ich leise flehen:
    O schlafe sanft! und leise will ich gehen,
    Daß dich nicht störe meiner Tritte Gang,
    Daß du nicht hörest meiner Stimme Klang.
Ein Grab schon weiset manche Stelle
    Ein Grab schon weiset manche Stelle,
    Und manches liegt in Traum und Duft;
    Nun sprudle, frische Lebensquelle,
    Und rausche über Grab und Kluft!
Geschwisterblut
1.
    Sie saßen sich genüber bang
    Und sahen sich an in Schmerzen;
    Oh, lägen sie in tiefster Gruft
    Und lägen Herz an Herzen! –
     
    Sie sprach: »Daß wir beisammen sind,
    Mein Bruder, will nicht taugen!«
    Er sah ihr in die Augen tief:
    »O süße Schwesteraugen!«
     
    Sie faßte flehend seine Hand
    Und rief: »O denk der Sünde!«
    Er sprach: »O süßes Schwesterblut,
    Was läufst du so geschwinde!«
     
    Er zog die schmalen Fingerlein
    An seinen Mund zur Stelle;
    Sie rief: »Oh, hilf mir, Herre Christ,
    Er zieht mich nach der Hölle!«
     
    Der Bruder hielt ihr zu den Mund;
    Er rief nach seinen Knappen.
    Nun rüsteten sie Reisezeug,
    Nun zäumten sie die Rappen.
     
    Er sprach: »Daß ich dein Bruder sei,
    Nicht länger will ich’s tragen;
    Nicht länger will ich drum im Grab
    Vater und Mutter verklagen.
     
    Zu lösen vermag der Papst Urban,
    Er mag uns lösen und binden!
    Und säß er an Sankt Peters Hand,
    Den Brautring muß ich finden.«
     
    Er ritt dahin; die Träne rann
    Von ihrem Angesichte;
    Der Stuhl, wo er gesessen, stand
    Im Abendsonnenlichte.
     
    Sie stieg hinab durch Hof und Hall’
    Zu der Kapelle Stufen:
    »Weh mir, ich hör im Grabe tief
    Vater und Mutter rufen!«
     
    Sie stieg hinauf ins Kämmerlein;
    Das stand in Dämmernissen.
    Ach, nächtens schlug die Nachtigall;
    Da saß sie wach im Kissen.
     
    Da fuhr ihr Herz dem Liebsten nach
    Allüberall auf Erden;
    Sie streckte weit die Arme aus:
    »Unselig muß ich werden!«
2.
    Schon war mit seinem Rosenkranz
    Der Sommer fortgezogen;
    Es hatte sich die Nachtigall
    In weiter Welt verflogen.
     
    Im Erker saß ein blasses Weib
    Und schaute auf die Fliesen;
    So stille war’s: kein Tritt erscholl,
    Kein Hornruf über die Wiesen.
     
    Der Abendschein alleine ging
    Vergoldend durch die Halle;
    Da öffneten die Tore sich
    Geräuschlos, ohne Schalle.
     
    Da stand an seiner Schwelle Rand
    Ein Mann in Harm gebrochen;
    Der sah sie toten Auges an,
    Kein Wort hat er gesprochen.
     
    Es lag auf ihren Lidern schwer,
    Sie schlug sie auf mit Mühen;
    Sie sprang empor, sie schrie so laut,
    Wie noch kein Herz geschrieen.
     
    Doch als er sprach: »Es reicht kein Ring
    Um Schwester- und Bruderhände!«
    Um stürzte sie den Marmortisch
    Und schritt an Saales Ende.
     
    Sie warf in seine Arme sich;
    Doch wer sie bleich zum Sterben.
    Er sprach: »So ist die Stunde da,
    Daß beide wir verderben.«
     
    Die Schwester von dem Nacken sein
    Löste die zarten Hände:
    »Wir wollen zu Vater und Mutter gehn;
    Da hat das Leid ein Ende.«
Mondlicht
    Wie liegt im Mondenlichte
    Begraben nun die Welt;
    Wie selig ist der Friede,
    Der sie umfangen hält!
     
    Die Winde müssen schweigen,
    So sanft ist dieser Schein;
    Sie säuseln nur und weben
    Und schlafen endlich ein.
     
    Und was in Tagesgluten
    Zur Blüte nicht erwacht,
    Es öffnet seine Kelche
    Und duftet in die Nacht.
     
    Wie bin ich solchen Friedens
    Seit lange nicht gewohnt!
    Sei du in meinem Leben
    Der liebevolle Mond!
Lucie
    Ich seh sie noch, ihr Büchlein in der Hand,
    Nach jener Bank dort an der Gartenwand
    Vom Spiel der andern Kinder sich entfernen;
    Sie wußte wohl, es mühte sie das Lernen.
     
    Nicht war sie klug, nicht schön; mir aber war
    Ihr blaß Gesichtchen und ihr blondes Haar,
    Mir war es lieb; aus der Erinnrung Düster
    Schaut es mich an; wir waren recht Geschwister.
     
    Ihr schmales Bettchen teilte sie mit mir,
    Und nächtens Wang an Wange schliefen wir;
    Das war so schön! Noch weht ein Kinderfrieden
    Mich an aus jenen Zeiten, die geschieden.
     
    Ein Ende kam; – ein Tag, sie wurde krank
    Und lag im Fieber viele Wochen lang;
    Ein Morgen dann, wo sanft die Winde gingen,
    Da ging sie heim; es blühten die Syringen.
     
    Die Sonne schien; ich lief ins Feld hinaus
    Und weinte laut; dann kam ich still nach Haus.
    Wohl zwanzig Jahr und drüber sind vergangen –
    An wieviel anderm hat mein Herz gehangen!
     
    Was hab ich heute denn nach dir gebangt?
    Bist du mir nah und hast nach mir verlangt?
    Willst du, wie einst
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