130 - Höllenfahrt

Titel: 130 - Höllenfahrt
Autoren: Susan Schwartz

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Salisbury, Wochen zuvor
    »Lass mich in Ruhe!«, rief Aruula, schlug die Tür vor Rulfans Nase zu und verriegelte sie zusätzlich von innen.
    Der Albino hämmerte draußen gegen die Tür. »Was ist los mit dir? So kannst du mich nicht behandeln!«
    »Orguudoo hat deine Sinne verwirrt«, gab Aruula zurück.
    »Zwischen uns ist schon lange nichts mehr!«
    »Aber das war ein Fehler!«, bettelte Rulfan. »Öffne endlich!«
    Aruula hörte, wie er auf den Codefeldgeber ihres Zugangs einschlug.
    Was ist nur los mit ihm?, dachte sie besorgt. Zwischen uns war doch alles geklärt. Er weiß so gut wie ich, dass es nicht mehr als ein Strohfeuer war, damals, als ich nicht wusste, ob Maddrax noch lebt!
    Als sie heute Morgen in der Community Salisbury eingetroffen war, schien ihr Rulfan noch ganz normal. Gut, er hatte sich sehr gefreut, sie zu sehen, und sie mit einer Umarmung begrüßt, die nach ihrem Geschmack etwas zu lange anhielt. Aber dem hatte sie noch nicht allzu viel Beachtung geschenkt.
    Dann hatte sie bemerkt, dass Rulfan tiefe Schatten unter den Augen trug, und dass er abgenommen hatte.
    War er etwa krank? Hatte er deswegen seine Gefühle nicht mehr im Griff?
    Aber was sollte das für eine Krankheit sein, die einen liebestoll machte?
    Auch seine Aufpasserin Eve schien Aruula ein wenig merkwürdig; sie antwortete auf Fragen mit deutlicher Verzögerung, und ihr Blick wirkte manchmal leer. Aber Bunkermenschen waren eben so. Aruula hatte sich daran gewöhnt, dass die meisten von ihnen ganz eigene Marotten hatten, die man draußen, in der Oberwelt, nicht kannte.
    Doch selbst Wulf, Rulfans Lupa, verhielt sich seltsam ihr gegenüber. Bei der Begrüßung hatte er sie angeknurrt und dann trotz Rulfans strenger Ermahnung weiterhin Misstrauen gezeigt. Das hatte Aruula mehr als alles andere verunsichert.
    War sie es vielleicht, die sich verändert hatte? Der Instinkt des Tieres war sehr viel sensibler als der eines Menschen.
    Spürte der Lupa, was mit Aruula in jenem Dorf im Land der Skoothen geschehen war? Dass sie von winzig kleinen Tekknik-Wesen befallen worden war, die sie beinahe getötet hatten. (Nanobots; [1] ) War etwas von ihnen trotz aller Bemühungen der Community London in ihr verblieben? Hielt Wulf sie deshalb für eine… Fremde?
    Jetzt wieder ein Quartier im Bunker von Salisbury beziehen zu müssen, steigerte auch nicht gerade Aruulas Wohlbefinden.
    Diese langen fensterlosen Gänge, der grässliche künstliche Geruch, diese Enge… sie hatte sich nie an den Aufenthalt in einem Bunker gewöhnen können.
    Deshalb war ihre Reise nach Meeraka eine erholsame Abwechslung gewesen. Sie hatte Lieutenant Shaw nach Amarillo begleitet, wo ihm die Cyborgs ein neues, künstliches Auge eingesetzt hatten, das sein verlorenes noch bei weitem übertraf. Und während die Wissenschaftler um Naoki Tsuyoshi die Operation an Shaw vornahmen, hatte Aruula die Gelegenheit genutzt, sich vom Stress und den Gefahren der letzten Zeit zu erholen.
    Doch das Gefühl der Erholung hielt nicht lange vor. Sie vermisste schon jetzt, nach nur wenigen Stunden, das weite Land, Bäume und einen Himmel zu sehen. Und sie vermisste Maddrax.
    Der neuerliche Auftrag hatte ihnen beiden kaum zwei Tage Zeit gelassen.
    Der daa'murische Stirnreif, den sich Maddrax ausgeborgt hatte, sollte nach Salisbury zurück gebracht werden, und Sir Leonard Gabriel hatte persönlich darum gebeten, dass Aruula diese Aufgabe übernahm. Vermutlich hoffte er darauf, dass ihr Lauschsinn neue Erkenntnisse erbringen konnte.
    Aruula glaubte nicht daran. Selbst die Hydriten, die den Kristall für ein paar Tage untersucht hatten, bevor ihnen ein zweiter in die Hände fiel, konnten noch keine Ergebnisse vorweisen.
    Da Maddrax in London mit anderen, wichtigen Aufgaben betraut war und ohnehin wenig Zeit für sie fand, hatte Aruula – nicht zuletzt aus Trotz – ihre Hilfe zugesagt. Doch schon jetzt bereute sie es zutiefst.
    Sind denn hier alle verrückt geworden?, dachte sie und schrie gleichzeitig durch die Tür: »Verschwinde endlich, Rulfan!«
    »Das kannst du mir nicht antun, Aruula!«, flehte der Albino.
    Plötzlich verstummte er, und Aruula hörte undefinierbare Geräusche. Dann ein unheimlicher Laut, zwischen Knurren und Bellen. Dazu die Geräusche, die wie ein… Kampf klangen?
    Wulf? Griff der Lupa etwa seinen Herrn an…?
    ***
    London-Woolwich, Southeast
    »Warum treffen wir uns gerade hier?«, wollte Peter Shaw wissen, kaum dass er angekommen war. Sein neues mechanisches Auge schien

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