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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: Theodor Storm
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Götzenplunder
    Wirft ein einz’ger Mann vom Thron.
Vom Staatskalender
1.
    Die Tochter spricht:
    »Ach, die kleine Kaufmannstochter,
    Wie das Ding sich immer putzt!
    Fehlt nur, daß mit unsereinem
    Sie sich noch vertraulich duzt.
     
    Setzt sich, wo wir auch erscheinen,
    Wie von selber nebenbei;
    Präsidentens könnten meinen,
    Daß es heiße Freundschaft sei.
     
    Und es will sich doch nicht schicken,
    Daß man so mit jeder geht,
    Seit Papa im Staatskalender
    In der dritten Klasse steht.
     
    Hat Mama doch auch den Diensten
    Anbefohlen klar und hell,
    Fräulein hießen wir jetzunder,
    Fräulein, und nicht mehr Mamsell.
     
    Ach, ein kleines bißchen adlig,
    So ein bißchen – glaub, wir sind’s!
    Morgen in der goldnen Kutsche
    Holt uns ein verwünschter Prinz!«
2.
    Ein Golem
    Ihr sagt, es sei ein Kämmerer,
    Ein schöner Staatskalenderer;
    Doch sieht denn nicht ein jeder,
    Daß er genäht aus Leder?
     
    Kommt nur der rechte Regentropf
    Und wäscht die Nummer ihm vom Kopf,
    So ruft gewiß ein jeder:
    Herrgott, ein Kerl von Leder!
Gesegnete Mahlzeit
    Sie haben wundervoll diniert;
    Warm und behaglich rollt ihr Blut,
    Voll Menschenliebe ist ihr Herz,
    Sie sind der ganzen Welt so gut.
     
    Sie schütteln zärtlich sich die Hand,
    Umwandelnd den geleerten Tisch,
    Und wünschen, daß gesegnet sei
    Der Wein, der Braten und der Fisch.
     
    Die Geistlichkeit, die Weltlichkeit,
    Wie sie so ganz verstehen sich!
    Ich glaube, Gott verzeihe mir,
    Sie lieben sich herzinniglich.
Von Katzen
    Vergangnen Maitag brachte meine Katze
    Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen,
    Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
    Fürwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen!
    Die Köchin aber – Köchinnen sind grausam,
    Und Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche –,
    Die wollte von den sechsen fünf ertränken,
    Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
    Ermorden wollte dies verruchte Weib.
    Ich half ihr heim! – Der Himmel segne
    Mir meine Menschlichkeit! Die lieben Kätzchen,
    Sie wuchsen auf und schritten binnen kurzem
    Erhobnen Schwanzes über Hof und Herd;
    Ja, wie die Köchin auch ingrimmig dreinsah,
    Sie wuchsen auf, und nachts vor ihrem Fenster
    Probierten sie die allerliebsten Stimmchen.
    Ich aber, wie ich sie so wachsen sahe,
    Ich pries mich selbst und meine Menschlichkeit. –
    Ein Jahr ist um, und Katzen sind die Kätzchen,
    Und Maitag ist’s! – Wie soll ich es beschreiben,
    Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet!
    Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
    Ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen!
    Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen,
    In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
    Die Alte gar – nein, es ist unaussprechlich –
    Liegt in der Köchin jungfräulichem Bette!
    Und jede, jede von den sieben Katzen
    Hat sieben, denkt euch! sieben junge Kätzchen,
    Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen!
    Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut
    Nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers;
    Ersäufen will sie alle neunundvierzig!
    Mir selber! ach, mir läuft der Kopf davon –
    O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!
    Was fang ich an mit sechsundfunfzig Katzen!
Engel-Ehe
    Wie Flederwisch und Bürste sie regiert!
    Glas und Gerät, es blitzt nur alles so
    Und lacht und lebt! Nur, ach, sie selber nicht.
    Ihr schmuck Gesicht, dem Manne ihrer Wahl,
    Wenn ihre wirtschaftliche Bahn er kreuzt,
    Gleich einer Maske hält sie’s ihm entgegen;
    Und fragt er gar, so wirft sie ihm das Wort
    Als wie dem Hunde einen Knochen zu.
    Denn er ist schuld an allem, was sie plagt,
    Am Trotz der Mägde, an den großen Wäschen,
    Am Tagesmühsal und der Nächte Wachen,
    Schuld an dem schmutz’gen Pudel und den Kindern. –
    Und er? – Er weiß, wenn kaum der grimme Tod
    Sein unverkennbar Mal ihm aufgeprägt,
    Dann wird, der doch in jedem Weibe schläft,
    Der Engel auch in seinem Weib erwachen;
    Ihr eigen Weh bezwingend, wird sie dann,
    Was aus der Jugend Süßes ihr verblieb,
    Heraufbeschwören; leuchten wird es ihm
    Aus ihren Augen, lind wie Sommeratem
    Wird dann ihr Wort zu seinem Herzen gehn. –
    Doch wähnet nicht, daß dies ihn tröste! Nein,
    Den künft’gen Engel, greulich haßt er ihn;
    Er magert ab, er schlottert im Gebein,
    Er wird daran ersticken jedenfalls.
    Doch eh ihm ganz die Kehle zugeschnürt,
    Muß er sein Weib in Himmelsglorie sehn;
    Die Rede, die er brütend ausstudiert,
    Womit vor seinem letzten Atemzug,
    Jedwedes Wort ein Schwert, auf einen Schlag
    Er
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