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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: Theodor Storm
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alles Ungemach ihr hat vergelten wollen,
    Er wird sie nimmer halten; Segenstammeln
    Wird noch von seinen toten Lippen fliehn.
    Das alles weiß er, und es macht ihn toll;
    Er geht umher und fluchet innerlich.
    Ja, manches Mal im hellsten Sonnenschein
    Durchfährt es ihn, als stürz er in das Grab.
    Es war sein Weib, sie sprach ein sanftes Wort;
    Und zitternd blickt er auf: »Oh, Gott sei Dank,
    Noch nicht, noch nicht das Engelsangesicht!«
Stoßseufzer
    Am Weihnachtsonntag kam er zu mir,
    In Jack’ und Schurzfell, und roch nach Bier
    Und sprach zwei Stunden zu meiner Qual
    Von Zinsen und von Kapital;
    Ein Kerl, vor dem mich Gott bewahr!
    Hat keinen Festtag im ganzen Jahr.
In der Frühe
    Goldstrahlen schießen übers Dach,
    Die Hähne krähn den Morgen wach;
    Nun einer hier, nun einer dort,
    So kräht es nun von Ort zu Ort.
    Und in der Ferne stirbt der Klang –
    Ich höre nichts, ich horche lang.
    Ihr wackern Hähne, krähet doch!
    Sie schlafen immer, immer noch.
Aus der Marsch
    Der Ochse frißt das feine Gras
    Und läßt die groben Halme stehen;
    Der Bauer schreitet hinterdrein
    Und fängt bedächtig an zu mähen.
     
    Und auf dem Stall zur Winterszeit,
    Wie wacker steht der Ochs zu kauen!
    Was er als grünes Gras verschmäht,
    Das muß er nun als Heu verdauen.
Am Aktentisch
    Da hab ich den ganzen Tag dekretiert;
    Und es hätte mich fast wie so manchen verführt:
    Ich spürte das kleine dumme Vergnügen,
    Was abzumachen, was fertigzukriegen.
Sturmnacht
    Im Hinterhaus, im Fliesensaal
    Über Urgroßmutters Tisch’ und Bänke,
    Über die alten Schatullen und Schränke
    Wandelt der zitternde Mondenstrahl.
    Vom Wald kommt der Wind
    Und fährt an die Scheiben;
    Und geschwind, geschwind
    Schwatzt er ein Wort,
    Und dann wieder fort
    Zum Wald über Föhren und Eiben.
     
    Da wird auch das alte verzauberte Holz
    Da drinnen lebendig;
    Wie sonst im Walde will es stolz
    Die Kronen schütteln unbändig,
    Mit den Ästen greifen hinaus in die Nacht,
    Mit dem Sturm sich schaukeln in brausender Jagd,
    Mit den Blättern in Übermut rauschen,
    Beim Tanz im Flug
    Durch Wolkenzug
    Mit dem Mondlicht silberne Blicke tauschen.
     
    Da müht sich der Lehnstuhl, die Arme zu recken,
    Den Rokokofuß will das Kanapee strecken,
    In der Kommode die Schubfächer drängen
    Und wollen die rostigen Schlösser sprengen;
    Der Eichschrank unter dem kleinen Troß
    Steht da, ein finsterer Koloß.
    Traumhaft regt er die Klauen an,
    Ihm zuckt’s in der verlornen Krone;
    Doch bricht er nicht den schweren Bann. –
    Und draußen pfeift ihm der Wind zum Hohne
    Und fährt an die Läden und rüttelt mit Macht,
    Bläst durch die Ritzen, grunzt und lacht,
    Schmeißt die Fledermäuse, die kleinen Gespenster,
    Klitschend gegen die rasselnden Fenster.
    Die glupen dumm neugierig hinein –
    Da drinn’ steht voll der Mondenschein.
     
    Aber droben im Haus
    Im behaglichen Zimmer
    Beim Sturmgebraus
    Saßen und schwatzten die Alten noch immer,
    Nicht hörend, wie drunten die Saaltür sprang,
    Wie ein Klang war erwacht
    Aus der einsamen Nacht,
    Der schollernd drang
    Über Trepp’ und Gang,
    Daß drin in der Kammer die Kinder mit Schrecken
    Auffuhren und schlüpften unter die Decken.
Waldweg
    Fragment
    Durch einen Nachbarsgarten ging der Weg,
    Wo blaue Schlehn im tiefen Grase standen;
    Dann durch die Hecke über schmalen Steg
    Auf eine Wiese, die an allen Randen
    Ein hoher Zaun vielfarb’gen Laubs umzog;
    Buscheichen unter wilden Rosenbüschen,
    Um die sich frei die Geißblattranke bog,
    Brombeergewirr und Hülsendorn dazwischen;
    Vorbei an Farrenkräutern wob der Eppich
    Entlang des Walles seinen dunklen Teppich.
    Und vorwärtsschreitend störte bald mein Tritt
    Die Biene auf, die um die Distel schwärmte,
    Bald hörte ich, wie durch die Gräser glitt
    Die Schlange, die am Sonnenstrahl sich wärmte.
    Sonst war es kirchenstill in alle Weite,
    Kein Vogel hörbar; nur an meiner Seite
    Sprang schnaufend ab und zu des Oheims Hund;
    Denn nicht allein wär ich um solche Zeit
    Gegangen zum entlegnen Waldesgrund;
    Mir graute vor der Mittagseinsamkeit. –
    Heiß war die Luft, und alle Winde schliefen;
    Und vor mir lag ein sonnig offner Raum,
    Wo quer hindurch schutzlos die Steige liefen.
    Wohl hatt ich’s sauer und ertrug es kaum;
    Doch rascher schreitend überwand ich’s bald.
    Dann war ein Bach, ein Wall zu überspringen;
    Dann noch ein Steg, und vor mir lag der Wald,
    In dem schon herbstlich rot die Blätter hingen.
    Und drüberher, hoch in der blauen Luft,
    Stand
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