Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt
Autoren: Michael Z. Lewin
Vom Netzwerk:
wenn ich Glück habe und die Sportfotografen irgendwie
     verhindert sind, werde ich auch engagiert, um ein paar Aufnahmen vom Spiel
     zu machen. Ich habe alles da, um Schwarzweißbilder zu entwickeln,
     und abgesehen von dem kleinen Nebenverdienst ist die Fotoausrüstung
     auch für die Detektivarbeit von Nutzen. Manchmal paßt eben
     alles genau zusammen.
    Ich versuchte, die Crystals
     aus meinem Kopf zu verbannen.
    Aber es gab zu viele konkrete
     Überlegungen, um darüber hinweggehen zu können. Nach dem
     wenigen, das ich von Maude erfahren hatte, war Fleur wohl ein stilles
     Wasser. Und deswegen vielleicht tiefgründig? Gefährlich?
    Und Eloise? Eine Kindfrau.
     Die Pubertät schafft die biologische Voraussetzung für eine
     gespaltene Persönlichkeit.
    Vielleicht war das die
     eigentliche Frage: Welche Hälfte war diejenige, die mich engagieren
     wollte? Und wie standen die Chancen, daß es sich mit den Blutgruppen
     wirklich so verhielt, wie sie gesagt hatte? Doch wozu rätseln und
     lange lamentieren?
    Ich konnte warten, bis ein
     neuer Morgen graute.
    Ich legte mein Kreuzworträtsel
     ein letztes Mal beiseite und schrieb einen Brief an meine Tochter. Ich erzählte
     ihr von einigen Hasen und Bären, mit denen ich mich letztens
     unterhalten hatte. Sehr nette, gar nicht symbolische Hasen und Bären,
     denen es gutging und die sich auf die Knie schlugen, wenn sie einen Witz
     erzählten. Meine Tochter ist inzwischen neun. Vielleicht ein bißchen
     zu alt, um ihr mit Hasen und Bären zu kommen. Aber als Vater kann man
     auch nicht alles wissen.
    Mit dem Buch, das mir schon
     am Nachmittag Gesellschaft geleistet hatte, begab ich mich schließlich
     zur Ruhe.

3
    Gegen acht wachte ich auf und
     machte mir ein Käseomelett.
    Es wurde nur eine armselige
     Imitation dessen, was meine Exfrau früher zubereitete, aber man muß
     eben Opfer bringen, wenn man seinen Prinzipien treu bleiben will.
    Ich dachte darüber nach,
     wie ich den Tag verbringen wollte.
    Aber eigentlich dachte ich
     nicht wirklich nach; ich hatte mich schon entschlossen, ein wenig Zeit auf
     Miss Crystal zu verwenden, wenn ich es auch für unwahrscheinlich
     hielt, daß ich ihr Angebot, mich zu engagieren, annehmen würde.
     Ich hatte einfach nichts Wichtigeres zu tun.
    Ich beschloß, die Sache
     locker anzugehen und zunächst auf kleiner Flamme zu kochen. Kein Streß,
     keine Übertreibung. Ich griff mir mein Notizbuch und mein Schreibgerät
     und brach zu einer geruhsamen Rundfahrt auf. Erst nach Westen die Ohio
     Street entlang bis zur Pennsylvania Avenue, dann nach Norden die
     Pennsylvania hinauf. Der Weg führte mich durch die geistige Mitte von
     Indianapolis. Erst kam aus schrägem Winkel das Mahnmal für die
     gefallenen Soldaten und Matrosen auf dem Circle ins Blickfeld. Von seiner
     Spitze aus kann man an klaren Tagen ganze Blocks weit sehen. Dann ging's
     vorbei an der Post und dem Bundesgebäude, dem Haus der Star News und
     dem CVJM. Als nächstes am Weltkriegsdenkmal, einem mit Kies belegten
     Geviert von der Größe eines Häuserblocks mit einem
     Obelisken in der Mitte und Kanonen an den Ecken. Danach passierte ich den
     American Legion.
    Und kam schließlich zur
     St. Clair Street. Wo ich mich zu guter Letzt in die öffentliche
     Bibliothek des County Indianapolis-Marion begab.
    Als Kind habe ich dort viel
     Zeit zugebracht. Es war im Sommer immer schön kühl und ruhig.
     Und einige der vielen Bücher, in deren jedem viele hundert Stunden
     Arbeit steckten, hatten mir sogar etwas bedeutet.
    Aber ich war heute nicht um
     neun Uhr hergekommen, um der erste in der Schlange derer zu sein, die nach
     dem neuesten Schlechtseller anstanden. Sondern ich begab mich sofort ins
     Mikrofilmarchiv in der Kunstabteilung im zweiten Stock.
    An der Südwand der
     Kunstabteilung stehen sechs Mikrofilmsichtgeräte, aber zu so früher
     Morgenstunde war die Nachfrage noch nicht groß, so daß ich
     einen von den beiden rechten nehmen konnte, direkt neben den Mikrofilmschränken.
    So konnte ich nach
     Herzenslust Mikrofilme anschauen, ohne allzu weite Fußwege auf mich
     nehmen zu müssen.
    Noch einmal überflog ich
     meine dürftigen Notizen, die ich Eloise und Maude verdankte. Dann
     beschloß ich, zuerst nach der Hochzeit von Fleur und Leander Crystal
     zu suchen. Sie lag jetzt ungefähr zwanzig Jahre zurück. Ich
     begann mit dem Star vom Januar 1949, legte den Mikrofilm ein und fing an
     zu kurbeln.   
    Ohne jede Hast hielt ich mich
     an mein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher