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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt
Autoren: Michael Z. Lewin
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mein Vater sein kann. Das ist
     wissenschaftlich unmöglich!« Ihr Ton wurde anklagend. Ich
     notierte mir alles.
    »Wer kann nicht Ihr
     Vater sein?«
    »Er. Leander Crystal,
     meine ich.«
    »Er ist der Mann, der
     mit Ihrer Mutter zusammenlebt?«
    »So ist es.«
    »Wie heißt Ihre
     Mutter?«
    »Fleur. Fleur Graham
     Crystal.«
    »Ist sie mit Leander
     verheiratet?«
    »Ja.«
    »Und Sie wohnen
     zusammen? Auf dem« - ich konsultierte meine Aufzeichnungen - »auf
     dem Jefferson Boulevard Nr. 7019?«
    »Richtig.«
    »Wie lange sind sie
     schon verheiratet?«
    »Ich weiß nicht
     genau, zwanzig oder einundzwanzig Jahre.«
    »Also waren sie schon
     verheiratet, als Sie geboren wurden?«
    »Richtig.«
    »Aber Sie meinen, daß
     Leander Crystal nicht Ihr Vater ist?«
    »Ich weiß, daß
     Leander Crystal nicht mein Vater ist. Die Blutgruppen beweisen es.«
    Ich sah mir diesen Punkt in
     meinen Notizen noch einmal an.   
    Ich bin im College in Genetik
     einmal durchgefallen, aber was ich über Blutgruppen weiß, war
     immerhin genug, um in den letzten sieben Jahren zweimal in einer
     Vaterschaftssache erfolgreich zu ermitteln. Ein Kind mit Blutgruppe A muß
     wenigstens einen Elternteil mit Blutgruppe A haben. Und sie hatte gesagt,
     ihre Eltern hätten B und 0.  
    »Woher kennen Sie die
     Blutgruppen?«
    Sie lächelte. Das erste
     Lächeln, seit wir uns kannten. Ein schönes, wissendes Lächeln.
     »Ich habe das Blut selbst untersucht. In der Schule. Und ich habe es
     von Mr. Shubert - das ist mein Biolehrer - überprüfen lassen.«
           
    Sie errötete zart. Und
     mit ihrem Lächeln und dem Erröten verschwand jeder Rest von
     aufgesetzter Härte. Sie wirkte jetzt entspannter und mädchenhafter.
     Sie gefiel mir.
    »Also, eigentlich habe
     ich nur mein Blut und das meines…
    also, das von Leander
     untersucht. Von Mamas Blutgruppe weiß ich, seit der Arzt vor zwei
     Wochen einen Hausbesuch bei ihr gemacht hat. Sie hatte eine Fehlgeburt.
     Und der Arzt sagte, sie würde vielleicht eine Bluttransfusion benötigen.«
     Und schüchtern fügte meine Klientin hinzu: »Es… es
     waren Zwillinge.«
    »Das muß ein
     schlimmer Schlag für Ihre Eltern gewesen sein.«
    Sie nickte. »Vor allem
     für Mama. Mir hätten Zwillinge auch gut gefallen.«
    Mein Kuckuck krähte fünfmal,
     und Eloise fuhr zusammen.
    »Geht das Ding richtig?«
    »Ja. Besser gesagt, es
     kräht richtig«, sagte ich. In meinem Gewerbe wird man penibel.
    »Ich muß gehen.«
     Sie stand auf, und ich erhob mich ebenfalls, um ihr gegenüberzutreten.
     Hinter mir fiel mein Kopfkissen zu Boden, aber ich bereute nichts. »Ich
     bin von der Schule aus hierhergekommen, und sie machen sich zu Hause
     Sorgen, wenn ich nicht bald zurück bin. Werden Sie es für mich
     tun? Werden Sie meinen biologischen Vater finden?«
    »Das kann ich Ihnen
     jetzt noch nicht sagen. Das Äußerste, was ich Ihnen jetzt schon
     versprechen kann, ist, daß ich mich bemühen werde, und selbst
     das kann ich nicht tun, bevor ich nicht eine Menge mehr weiß, als
     Sie mir bisher erzählt haben.«
    Sie öffnete ihre
     Handtasche, zog einen Geldschein daraus hervor und hielt ihn mir hin.
    »Hier sind hundert
     Dollar. Wieviel Bemühung bekomme ich dafür?«
    Geschäftsleute haben hin
     und wieder so mit mir gesprochen, aber ich war leicht erstaunt,
     dergleichen von Eloise Crystal zu hören. Vielleicht sagte das etwas
     aus über ihren soziologischen Vater, den, bei dem sie groß
     geworden war.
    »Lassen Sie das für
     den Augenblick. Wenn Sie mich engagieren wollen: Ich berechne fünfunddreißig
     Dollar für den Achtstundentag, zuzüglich Spesen.«
    »Bitte nehmen Sie es.
     Bitte!« Sie wedelte mit dem Geldschein. »Es gehört mir.
     Ich habe es nicht gestohlen oder sonst was. Ich habe Geld. Das ist kein
     Problem.«
    Ich nahm den Schein und legte
     ihn auf meinen Schreibtisch.
    »Ich werde es für
     Sie in Verwahrung nehmen. Aber bevor ich auch nur darüber nachdenken
     kann, Ihren Fall zu übernehmen, benötige ich mehr Informationen
     von Ihnen. Wann kommen Sie morgen aus der Schule?«
    »Ach, ich muß
     nicht unbedingt in die Schule«, sagte sie. Ich seufzte. Es gibt
     Klientenprobleme, die speziell Minderjährige betreffen. Ich sagte:
     »Ich habe auch noch andere Dinge zu tun.
    Wann kommen Sie aus der
     Schule?«
    »Ich kann gegen vier
     hier sein. Ich… ich bin nicht direkt hergekommen, heute. Ich war
     mir nicht… ganz sicher. Verstehen Sie?«
    »Ich
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