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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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mich in Stücke gerissen.«
    Das reichte, um sie von ihren Mängeln abzulenken. »Sie war diejenige, die ohne ein Wort verschwunden ist. Wie kann sie auf dich wütend sein?«
    »Sie war bei mir, als ich Harlenes Nachricht erhielt, dass du hier bist. Sie hörte jedes Wort. Schwor, dass sie mit ihrer Schwester wegfahren würde, wenn ich sie im Truck frieren ließe, um dich zu retten. Ich habe nicht nachgegeben, und da sind sie abgehauen.«
    »O Gott.« Clare beugte sich vor und hämmerte mit dem Kopf gegen das Lenkrad. »Das tut mir leid.«
    »Mir nicht. Ich habe ihr gesagt, dass es sich um eine polizeiliche Angelegenheit handelt.«
    Sie sah ihn an. »Aha.«
    »Ich musste auf dem Weg zu Mom sowieso hier vorbei.«
    »Und deshalb musstest du hier halten, direkt nachdem sie von den Toten auferstanden war? Und hättest du dasselbe für, sagen wir mal, Ben Beagle vom Post-Star getan, der hinter Quinn Tracey her war?«
    »Nun …« Er rutschte auf dem Sitz herum. »Vielleicht hätte ich sie und Debbie erst heimgebracht und wäre dann wiedergekommen. Aber zurückgekommen wäre ich.«
    Aus der zunehmenden Dunkelheit löste sich eine Gestalt und klopfte an ihre Scheibe. Sie kurbelte sie herunter und erblickte den ewig grinsenden Kevin Flynn. »Freut mich, Sie gesund und munter zu sehen, Ma’am.«
    »Danke, Kevin.«
    »Chief, wir haben den Tatort gesichert, für den Fall, dass die Spurensicherung ihn noch mal untersuchen will, aber wir müssen jetzt los. Auf der Route 57 war ein schlimmer Unfall, und sie ziehen alle dort zusammen. Scheißwetter. Das ist heute schon der vierte Unfall, zu dem ich muss.«
    »Wir fahren hinterher«, sagte Russ, der sich über Clare beugte. »Wir müssen sowieso dort entlang, um Reverend Fergusson nach Hause zu bringen. Ihr könnt uns an der Unfallstelle vorbeischleusen.«
    Clare drehte sich zu ihm um. »Wir?«
    »Ich fahre dich nach Hause.« Sein Ton verbot jeden Widerspruch.
    »Oh«, sagte sie. »Danke.«
    »Dann leihe ich mir dein Auto. Meines hat die Frau, die dich begleitet hat.«
    »Meine neue Diakonin.« Sie wollte nicht darüber nachdenken, welche Auswirkung die heutigen Ereignisse auf ihr Ansehen in der Diözese haben würden. Und sie konnte noch nicht darüber nachdenken, welche Auswirkung sie auf ihre Befähigung zum Seelsorger hatten. »Du könntest Glück haben. Vermutlich ist sie in St. Alban’s und tippt einen Bericht für den Bischof.«
    Sie wechselten die Plätze. Clare lehnte sich zurück, glücklich, die schwierige Aufgabe, durch einen Schneesturm nach Hause zu fahren, jemandem mit wesentlich mehr Erfahrung überlassen zu können. Sie schwieg, erlaubte Russ, sich auf die Straße zu konzentrieren, ließ sich von den Flocken hypnotisieren, die aus der Dunkelheit ins Licht der Scheinwerfer wirbelten.
    »Kevin hat recht«, sagte Russ mit gepresster Stimme. »Das ist ein Scheißwetter.« Er seufzte. »Ich wollte eigentlich zu Debbies Hotel, aber ich glaube, ich sollte stattdessen lieber im Revier Bericht erstatten.«
    »Bist du nicht noch suspendiert?«
    Er grinste auf eine Weise, die Aaron MacEntyres Worte in ihrem Kopf widerhallen ließ. Ich habe dich als Wolf eingeordnet. »Wo Quinn Tracey im Krankenhaus liegt und nur darauf wartet, alles zu gestehen? Jensen soll mal versuchen, mir meine Dienstmarke vorzuenthalten. Die und ihr extra e. Ha.«
    »Kommt er wieder in Ordnung, was meinst du? Ich meine gesundheitlich.«
    »Tracey? Ja. Seine Lunge ist punktiert, aber die Rettungssanitäter waren optimistisch. Siebzehn Jahre jung zu sein, das hilft.«
    »Glaubst du, man wird ihn als Erwachsenen anklagen?«
    »Keine Ahnung. Hängt davon ab, was wir über MacEntyre ausgraben. Ich kannte ihn ja nicht lange, aber mir kam er wie ein Soziopath aus dem Bilderbuch vor. Traceys Anwälte werden vermutlich verdammt gute Argumente dafür finden, dass es MacEntyre war, der ihren Mandanten auf den Weg zur Hölle geführt hat.«
    »Ich habe ihn vorher schon mal getroffen. An dem Tag, an dem du mich gebeten hast …« Sie schüttelte den Kopf. »Gestern. Es war gestern. Kommt mir wie ein Jahr vor. Egal, mir wird gerade bewusst, dass er irgendwie unwirklich wirkte, als er mit mir und seiner Mutter sprach. Als ob alles, was er tat, jeder menschliche Kontakt, eine Art Theatervorstellung wäre.« Sie schauderte.
    »Du musst nicht darüber reden«, sagte er leise.
    »Früher oder später schon.«
    »Nein«, sagte er. Sein Ton war bestimmt. »Musst du nicht.« Er wandte einen Moment den Blick von der Straße.
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