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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum
Autoren: Mara Andeck
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»Ooookay«, sagte ich. Aber dann war da so eine innere Stimme in mir, die mir etwas zuflüsterte. Ausgerechnet jetzt, als ich dafür gar keinen Nerv hatte. Ich glaube, das war mein Gewissen. »Du, Tom, warte mal«, sagte ich leise. »Erst müssen wir reden. Es gibt da was, das ich dir sagen muss.«
    Tom sackte ein bisschen in sich zusammen und legte die Stirn auf meine Schulter.
    »Tom, ich hab dich angelogen. Das mit dem Nesting eben, das war erfunden. Das steht gar nicht in meinem Buch.« Zum Glück konnte er nicht sehen, wie rot ich wurde, als ich das zugab. Aber ich wollte, dass er die Wahrheit wusste. Ich wollte ihn nicht mit miesen Tricks bezirzen und seine momentane Schwäche ausnutzen.
    Tom hob den Kopf. »Lilia?«, fragte er.
    »Hmm?«
    Ich hätte jetzt zu gern sein Gesicht gesehen? War er wütend? Lachte er?
    »Ich weiß das«, flüsterte Tom. »Ich habe das Buch auch gelesen.« Und dann öffnete er den Verschluss des Korus, legte es mir um den Hals, nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich ganz zart auf die Lippen.

    15.30 Uhr   Was für eine Nacht! Hand in Hand sind wir nach diesem Kuss zum Haus geschlichen, das ganz still in der Dunkelheit lag. Die Dielen im Flur quietschten, als wir versuchten, Toms Zimmer zu erreichen, ohne ein Geräusch zu machen, aber oben regte sich nichts. Im Zimmer zündete Tom ein Teelicht an und ich konnte endlich sein Gesicht sehen. Er war ganz ernst und hatte wieder diese Augen, in die mein Blick so leicht hineinfällt, wenn ich nicht aufpasse. Er wickelte sein T-Shirt von meinem Kopf, nahm ein Handtuch und rubbelte meine Haare durch. Danach versuchte er, meine wilde Mähne mit allen zehn Fingern durchzukämmen.
    »Ich hab leider keinen Föhn«, murmelte er.
    »Macht nichts«, sagte ich. »Du hast ja auch keinen Strom.« Er nickte, als hätte ich etwas sehr Kluges gesagt. Irgendwie war er nicht ganz hier auf dieser unserer Welt.
    »Tom, du zitterst.«
    »Ja«, sagte er.
    »Schlafsack?«, fragte ich.
    »Schlafsack«, bestätigte er, blieb aber regungslos stehen.
    Eben war er noch ganz Herr der Lage gewesen, aber jetzt schien er überfordert. Eben am Steg war alles viel leichter gewesen. Trotzdem, da mussten wir durch. Immerhin war das nicht die erste Nacht, die wir gemeinsam verbrachten. Okay, dann musste ich die Initiative ergreifen.
    »Tom, was ist? Willst du reden?«, fragte ich ihn. Das brachte ihn wieder in Schwung.
    Er zog den Reißverschluss seines Schlafsackes auf, breitete ihn wie eine Decke über die Matratze und kroch drunter.
    »Komm«, sagte er. »Ich wärme dich.«
    Es dauerte eine Weile, bis wir alle Arme untergebracht hatten, die wir besaßen. Irgendwie war da immer einer zu viel, egal, wie wir uns aneinanderkuschelten. Aber dann stimmte alles. Meine Nase passte unter sein Ohr, meine Hand lag auf seinem Herzen, mit seinen Füßen wärmte er meine Zehen. Unser Zittern ließ nach und wir wurden ganz ruhig. Ich kuschelte mich noch ein bisschen enger an ihn und meine Augenlider wurden schwer. Es schien mir ganz leicht, jetzt einzuschlafen und morgen neben Tom aufzuwachen.
    Aber irgendetwas stimmte plötzlich doch wieder nicht. »Tom?«, fragte ich.
    »Hmm?«, brummte er, seine Stimme vibrierte unter meinem Ohr.
    »Du wolltest doch neben mir einschlafen.«
    »Hmmm!«
    »Dazu musst du die Augen zumachen.«
    Er nickte, aber er tat es nicht.
    »Tom?«
    »Jawohl!«
    »Augen zu!«
    Seine Lider flatterten, aber er ließ die Augen offen. »Ich hab Angst, du könntest verschwinden, wenn ich das tue. So bist du nämlich. Wie ein Glühwürmchen. Immer, wenn man nach denen greifen will, sind sie weg.«
    »Nein«, sagte ich leise. »Das kommt dir nur so vor. Glühwürmchen verschwinden auch nicht. Sie machen nur das Licht aus, aber sie sind trotzdem noch da.« Ich löste mich aus seinem Arm, kroch rüber zu seinem Nachttisch und pustete die Kerze aus.
    »Lil?«, fragte Tom nach einer Weile.
    »Hmm«, brummte ich.
    »Bist du da?«
    »Merkst du das nicht?« Ich wackelte mit den Zehen.
    »Doch. So langsam merke ich das.« Ich fühlte an meiner Stirn, wie er lächelte.

Betreff: Wer mit wem???
    Datum: 18.06., 20:15 Uhr
    Von: Tom Barker < [email protected] >
    An: Felix von Winning < [email protected] >
    Hi!
    Walter hat meine Kamera repariert!!! Keine Ahnung, wie er das geschafft hat, aber ich bin echt froh, dass sie wieder funzt, denn es gibt viele Neuigkeiten, die man besser erzählt als schreibt.
    Bye,
    TB

    Die Kamera zeigt Tom. Er sitzt auf dem Steg des
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