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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum
Autoren: Mara Andeck
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     Freitag, 3. Juni
    Neue wissenschaftliche Erkenntnisse: Gestresste Frösche riechen anders als entspannte Frösche. Heuschrecken fürchten sich, wenn sie »Star Wars« sehen. Männer haben öfter Fusseln im Bauchnabel als Frauen. Und: Bauchnabelfusseln bestehen aus Körperhaaren, Kleidungsfasern und abgestorbenen Hautzellen. Sie sind meistens blaugrau.

    11.30 Uhr   Brrr. Wer erforscht denn so was?
    Habe eben diesen Artikel in einer Zeitschrift gelesen und kann es nicht fassen. Wer kommt auf die Idee, Frösche zu stressen und dann an ihnen zu riechen? Und wer sammelt Bauchnabelfusseln, um sie unter dem Mikroskop zu untersuchen? Mal ganz abgesehen von der kranken Idee, Heuschrecken vor den Fernseher zu setzen. Gruselig!
    Sehe Forschung und Wissenschaft plötzlich mit anderen Augen. Blaugraue Fusseln auch.
    11.45 Uhr   Mathe ist heute ausgefallen und wir hatten nach der dritten Stunde frei. Auf dem Heimweg habe ich mir diese merkwürdige Wissenschaftszeitschrift gekauft und bin gleich nach Hause geradelt, um sie zu lesen. Ich wollte ja aufstehenund weitergehen. Und Ablenkung ist dafür immer gut. Lernen, lernen, lernen, eine wissenschaftliche Karriere ansteuern. Irgendwie so mach ich jetzt weiter.
    Aber das ist ja so was von heiß heute! Fühlt sich an, als wäre alle Flüssigkeit aus meinem Kopf verdampft und mein Gehirn im ausgetrockneten Schädel auf Olivengröße verschrumpelt. Mir reicht’s jetzt mit Wissenschaft. Ich glaub, ich geh mit Maiken ins Freibad.
    11.50 Uhr   Obwohl – Freibad … Das bedeutet braungebrannte Jungs mit nacktem Oberkörper, das heißt Balzen, das heißt Flirten und das wollte ich ja nicht mehr. Dafür bin ich nicht geschaffen, das gibt nichts als Ärger. Habe ich gerade erst erlebt, muss ich nicht noch mal haben.
    11.54 Uhr   Andererseits ist es wirklich heiß heute.
    12.20 Uhr   Bin stolz auf mich, denn ich habe einen Kompromiss gefunden. Bin zwar jetzt im Freibad, aber das Wissenschaftsmagazin ist mit dabei. Werde in regelmäßigen Abständen ins Wasser springen und zwischendurch die Nase tief in mein Heft versenken. So komme ich gar nicht auf dumme Gedanken mit Jungs und so.
    12.23 Uhr   Au weia. Wenn ich mich hier so umsehe, frage ich mich, ob es klug war, herzukommen. Tom, Jakob, Florian, Dana, alle sind da. Kein Wunder, bei der Hitze. Aber jetzt ist es zu spät. Ich ignoriere die einfach. Augen fest aufs Tagebuch richten und durch!
    12.26 Uhr   Auf dem Handtuch neben mir liegt Maiken und döst in der Sonne. Sieht sehr entspannt aus. Kein bisschen gestresst. Oder täuscht das? Ich wollte gerade an ihr schnuppern, um festzustellen, ob sie gechillt riecht, aber da hat sie mich angeknurrt. Sie sei kein Frosch, sagte sie, und ich solle sie nicht stören!
    12.28 Uhr   Pffff. Stören? Wobei denn? Mal ehrlich: Maiken ist faul. Eigentlich wollte sie genau wie ich ihr Leben ändern. Sie wollte es der Musik widmen und in jeder freien Minute komponieren. Aber das tut sie nicht. Liegt einfach nur so da und behauptet, sie würde meditieren. Summt nicht mal eine kleine Melodie vor sich hin. Maiken lässt sich ein bisschen gehen, finde ich. Ich bin da anders. Zum Glück. Ich halte mich an gute Vorsätze!
    12.36 Uhr   Hmmm. Sieht schon gemütlich aus, wie sie da liegt.
    12.42 Uhr   Hm. Hm. Hm.
    12.43 Uhr   Pah! Daran darf ich nicht mal denken. Zurück zu meiner Zeitschrift: Wissenschaftler haben herausgefunden, warum amerikanische Männer häufiger von umstürzenden Getränkeautomaten erschlagen werden als amerikanische Frauen. Das liegt daran, dass Männer öfter an den Getränkeautomaten rütteln. Wenn man die Dinger nämlich in Schräglage bringt, kommt manchmal ein Gratisgetränk heraus und Männer sind da total scharf drauf. Das weckt ihren Jagdinstinkt.
    Tssss, was es alles gibt. Aber muss ich das wirklich wissen?
    12.47 Uhr   Nö, muss ich nicht. Wissenschaft ist schon wichtig, weil sie Klarheit ins Denken bringt, aber ich erforsche doch lieber mein eigenes Leben. Ich könnte zum Beispiel untersuchen, wie ich in diese bescheuerte Situation hier geraten bin und vor allem, wie ich wieder rauskomme. Das bringt wenigstens irgendwen weiter. Nämlich mich.
    (Anmerkung 1: Wissenschaftliche Arbeiten haben immer Anmerkungen. Am besten ich gewöhne mir das jetzt auch mal an. Deswegen hier die Frage: Sollten sich Forschende selbst zum Objekt ihrer Studien machen? Bin unschlüssig. Aber warum eigentlich nicht! Ich wette, der Typ mit den Bauchnabelfusseln hat
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