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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt
Autoren: Mechthild Lanfermann
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älter als du, oder?«
    Martha sah Emma forschend an, dann nickte sie.
    »Fast fünfundzwanzig Jahre. Unsere halbe Ehe war ich seine Krankenpflegerin.«
    »Aber er hat dir auch viel gegeben, oder? Ihr wart sicher sehr gesellig. Immerhin erhältst du jetzt noch Einladungen. Ehrenbürger von Berlin, das ist ja auch etwas. Das wäre schon schade, wenn das wegfiele, oder?«
    Die alte Frau stellte die Tasse auf den Tisch zurück.
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ich stelle mir das nur vor. Wenn ein Schatten auf deinen Mann fiele, dann würdest du nicht mehr eingeladen werden. Vermutlich würden deine Posten in den Gremien und Stiftungen automatisch an jemand anderen fallen. Für die Berliner Gesellschaft bist du nur eine Verpflichtung. Vermutlich wäre so mancher froh, wenn er deine herrische Art nicht mehr ertragen müsste.«
    Martha stand auf. Die Hand war so fest um ihren Stock gekrallt, dass die Adern dunkelblau hervortraten. Es sah weniger wie eine Stütze als vielmehr wie ein Rohrstock aus, mit dem sie Emma eins überziehen wollte.
    »Ich glaube, wir beenden diesen Besuch jetzt besser.«
    Emma blieb ruhig sitzen und verteilte die Steine.
    »Nein. Wir spielen. Einen Stein für eine Wahrheit.«
    Die alte Frau sah einen langen Moment auf Emma herunter. Dann setzte sie sich auf ihren Stuhl und nahm den ersten weißen Stein.

A ls Edgar Blume auf den Kiesweg der Dahlemer Villa bog, war sein erster Gedanke, dass der Sohn keine Zeit verstreichen ließ, um den toten Vater und alles, was an ihn erinnerte, aus dem Haus zu bekommen. Neben dem Wagen von Berlins vornehmstem Bestattungsinstitut parkte der Lieferwagen eines Antiquariats.
    Die Haushälterin öffnete ihm. Ihre Augen waren rot und vom Weinen geschwollen. Mit einem Nicken ließ sie ihn hinein und bat ihn in den Salon. Sie trug ein schwarzes Kostüm mit Spitzenbesatz.
    Drei Männer blickten auf, als Blume durch die Tür kam. Alexander Bohmann stellte ihm die Herren vor, den Mann vom Beerdigungsinstitut und den Antiquar, beide vom Alter gebeugt. Blume fragte nach dem Toten. Er war bereits aufgebahrt in der Totenhalle seiner Gemeinde.
    Als er den Männern ins Gesicht schaute, sah Blume, dass sein erster Eindruck falsch gewesen war. Diese Männer waren nicht da, um ein Geschäft zu machen, sie trauerten um einen verstorbenen Freund.
    Die Haushälterin brachte eine Tasse für Blume und frischen Kaffee. Sie setzte sich auf einen Sessel und strich über den Spitzensaum ihres Kleides. Niemand sagte ein Wort. Nach einer Weile fragte Blume nach, wie lange die Herren Heinrich Bohmann kannten, was sie von den Anfängen seiner Geschäfte mitbekommen hatten und ob er manchmal darüber gesprochen hätte. Keiner wusste ihm zu antworten. Alexander Bohmann redete von privaten Papieren seines Vaters in dessen Arbeitszimmer, bisher wäre er noch nicht in der Lage gewesen, die Dinge zu ordnen. Blume könnte sich das ansehen, aber er dürfte nichts durcheinanderbringen. Der Kommissar nickte, und die beiden verließen den Raum.
    Emma holte sich den ersten weißen Stein. Es war leicht. Wurde die alte Frau nachlässig oder wollte sie reden? Emma rollte die Spielfigur zwischen ihren Fingern.
    »Erzähl mir von den jungen Fischen. Wer hatte die Idee dazu? Anton oder Heinrich?«
    Martha schnaubte verächtlich durch die Nase.
    »Heinrich hatte überhaupt nicht den Durchblick für so etwas. Anton hatte schnell erkannt, dass sich da Geld machen lässt. Er setzte überall Rechnungen aus früheren Erklärungen dazu. Die meisten von denen hatten noch einen Notgroschen, der musste dann eben dran glauben.«
    »Aber Caro Rosenberg konnte nicht zahlen. Es hat nichts für deinen Mann gebracht.«
    »Das Problem mit Anton war, dass er gerne prahlte. Er hatte von den jungen Fischen erzählt, und Heinrich hatte dann die Idee, Rosenberg so auszuschalten. Die beiden, Anton und Heinrich, kannten sich seit der Schulzeit. Heinrich hatte gerade die Firma übernommen, und Anton sollte dafür sorgen, dass Rosenberg nicht mehr zurückkommen könnte.«
    »Willst du mir erzählen, dein Mann hätte das aus alter Freundschaft zu Heinrich Bohmann gemacht?«
    Schon als sie es aussprach, verstand sie. Bohmann, der nach dem Krieg ein berühmter Architekt wurde. Der das Panther-Haus baute.
    »War der Lohn diese Wohnung?«
    Martha nickte. Sie kassierte zwei schwarze Steine und versuchte ein Lächeln.
    »Wir hatten lange genug gewartet.«
    Emma starrte sie an und verzog keine Miene.
    »Wann hast du von Tom Rosenberg
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